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Aus Lufthansa wird Germanwings - vor allem Vielflieger der größten deutschen Airline sind über den Aufstieg der Billig-Tochter nicht erfreut.

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Germanwings-Chef Winkelmann: "In Berlin kennt man uns noch nicht"

Germanwings übernimmt künftig den Europaverkehr von Lufthansa. Im Interview spricht Thomas Winkelmann, Chef der Billig-Airline, über Kostendruck und verärgerte Vielflieger.

Herr Winkelmann, Sie sind der neue Chefsanierer des Europaverkehrs der Lufthansa. Ist das eine Aufgabe, die ehrt? Oder hat man keinen anderen gefunden?

Ich würde nicht von Chefsanierer sprechen, auch wenn es sicherlich ein Sanierungsfall ist. Es arbeitet ein bestmögliches Team an der Aufgabe. Wir haben in Europa nennenswerte Verluste ...

... die angeblich bei 300 Millionen Euro im Jahr liegen. Wie viel Zeit geben Sie sich für diese Sanierungsaufgabe?

Wir müssen im Jahr 2015 den Berggipfel erreicht haben ...

Wie soll das Abenteuer gut ausgehen?

Zuerst müssen wir ein Produkt anbieten, das den Kunden überzeugt. Da glauben wir, gute Ideen zu haben. Wie bieten ab Juli dem Kunden eine Auswahl an, die es bisher noch nicht gegeben hat. Künftig bekommen Sie die Wahl zwischen einem wirklich günstigen Preis, bei dem wir Ihnen einen sicheren Flug von A nach B versprechen, aber auch nicht mehr. Das andere Extrem werden die ersten drei Reihen sein. Wir nennen das Economy Best. Da bleibt der Mittelsitz frei und der Sitzabstand ist größer.

Lufthansa nennt das Business Class?

Aber wir nennen das nicht so, weil die meisten Firmen auf der Kurzstrecke mittlerweile nicht mehr Business fliegen dürfen.

Foto: picture alliance / dpa

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Viele Vielflieger der Lufthansa befürchten Nachteile, wenn sie auf Germanwings umsteigen müssen. Nehmen Sie diese Kunden nicht ernst genug?

Wir nehmen die sehr ernst ...

... können ihnen aber aktuell noch nicht nicht den versprochenen Tarif mit dem freien Mittelsitz bieten.

Das ist ein Thema, an dem wir arbeiten. Wir sind in einer Übergangsphase. Wir müssen die Informationstechnik umstel

len, das ist eine komplexe Angelegenheit. Ab Juli sind die neuen Tarife buchbar.

Dann kommunizieren Sie zu wenig, denn die Vielflieger sind mächtig verärgert.

Wir haben eine Herausforderung, der wir uns stellen. In Düsseldorf, Hamburg und Berlin kennt man uns noch nicht, dort sind wir bisher nicht beziehungsweise wenig geflogen. Da werden die alten Billig-Flieger-Klischees hervorgezogen, etwa das angeblich lange Schlangestehen oder der Kampf um den Sitzplatz.

Sind Sie denn kein Billig-Flieger?

Wir sind ein Günstig-Flieger, der dem Kunden eine Auswahl an Komfortleistungen anbietet ...

... der aber weiterhin als Billigflieger wahrgenommen wird.

Das ist in der Tat nicht einfach. Die Branche hat den Kunden viele Jahre das Gefühl vermittelt, dass Fliegen nichts kostet. Das war nicht gut. Wir verändern jetzt konsequent unser Produkt. Unsere Flugzeuge werden neu bemalt und gestaltet, das kostet uns fünf Millionen Euro.

Fürchten Sie keine Spannungen zwischen Ihrer Stammbelegschaft und den teilweise besser bezahlten Lufthansa-Kollegen?

Erfolg kann man nur haben, wenn es vorher spannend ist. Entscheidend ist die Produktivität. Unsere Flugzeuge müssen im Jahresschnitt zehneinhalb Stunden pro Tag in der Luft sein. Unsere Crews müssen nicht lange auf den nächsten Flug warten. Sie sind nach 30 Minuten wieder in der Luft. Und Wartezeit am Boden ist eben Arbeitszeit, die bezahlt werden muss.

Wie viel niedriger sind Ihre Stückkosten im Vergleich zu Lufthansa?

Mehr als 20 Prozent.

Sie glauben, diesen Abstand bei den Kosten halten zu können?

Wir müssen, weil die Mehrzahl unserer Wettbewerber nicht in Deutschland sitzen und deshalb niedrigere Kosten haben, etwa bei den Lohnnebenkosten.

Thomas Winkelmann (53) ist Geschäftsführer der Lufthansa-Tochter Germanwings. Das Gespräch führten Hans-Jürgen Jakobs, Jens Koenen und Bert Fröndhoff vom „Handelsblatt“.

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