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Wirtschaft: Gewerkschaften greifen die SPD an

DGB-Chef Sommer warnt vor „Gift des Neoliberalismus“ – die Regierung plant Einschnitte bei den Arbeitslosen

Berlin (brö/ce). Nach dem Scheitern des Bündnisses für Arbeit wird der Ton zwischen Gewerkschaften und Bundesregierung rauer. DGBChef Michael Sommer warnte die rot-grüne Koalition am Mittwoch vor einer „Enteignung“ durch Sozialreformen. „Wir wollen keinen Konflikt um jeden Preis, wir scheuen aber auch keinen Konflikt, wenn es notwendig ist“, sagte er. Die SPD erklärte, sie wolle die Unterstützung Langzeitarbeitsloser reduzieren und sich bei den Reformen nicht nach dem Willen der Gewerkschaften richten.

Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, sagte in Berlin, „das Gift des Neoliberalismus hat seine zersetzende Kraft in allen Parteien entfaltet“. Am 14. März müsse Kanzler Gerhard Schröder in seiner Rede ein „geschlossenes Konzept für soziale Reformen“ vorlegen. Eine Aushöhlung der Tarifautonomie zur Lohnsenkung auf breiter Front dürfe es nicht geben. „Das ist der zentrale Fixpunkt, an dem wir Regierungshandeln messen werden“, kündigte Sommer an. Die SPD dürfe keine Blut-Schweiß-und-Tränen-Politik betreiben. Für nötig hält der DGB zudem ein 15 Milliarden Euro schweres Konjunkturprogramm.

Der IG Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel sagte, die politischen Kontroversen würden sich „weiter verschärfen“. Dies sei aber nicht die Schuld der Gewerkschaften, die eigene Reformvorschläge gemacht hätten. In den kommenden Tagen wollen sich die Gewerkschaften weiter in Stellung bringen. Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, wird am kommenden Sonntag auf einer Protestveranstaltung gegen die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten auftreten. Gleichwohl signalisierten die Gewerkschaftschefs Gesprächsbereitschaft.

SPD-Generalsekretär Olaf Scholz sagte, Kanzler Schröder werde sich bei den Reformplänen nicht nach den Wünschen der Gewerkschaften richten. Dennoch werde er ein Programm präsentieren, das „zutiefst sozialdemokratisch“ sei. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement forderte Arbeitgeber und Gewerkschaften in Vilshofen zur Zusammenarbeit auf. Nach der Regierungserklärung des Kanzlers „werden wir sehen, wer mitgeht und wer nicht“. Er plädierte für eine Wende in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.

Bestandteil dieser Neuausrichtung ist die Kürzung der Arbeitslosenhilfe, die ab 2004 durch das neue Arbeitslosengeld II ersetzt werden soll. In Zukunft sollen diese Leistung nur noch erwerbsfähigen Personen zustehen. Umstritten ist aber, wie „Erwerbsfähigkeit“ definiert wird. Im Arbeitsministerium gibt es einerseits Überlegungen, das Arbeitslosengeld II nicht mehr an Menschen zu zahlen, die schon seit mehreren Jahren auf Jobsuche sind. Andererseits ist nach Informationen des Tagesspiegels auch im Gespräch, den Anspruch auf das Arbeitslosengeld II nur dann zu verwehren, wenn eine Erwerbsunfähigkeit wie in der Rentenversicherung vorliegt. Kriterium wären dann etwa schwere Erkrankungen oder Suchtprobleme. Die Vorschläge für eine Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die in einer Regierungskommission erarbeitet werden, sollen spätestens im Sommer vorliegen.

Die Gewerkschaften lehnten es ab, die Arbeitslosenhilfe auf ein Niveau abzusenken, das nur zehn Prozent über der Sozialhilfe liegt. „Das werden wir nicht akzeptieren“, sagte die DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer dem Tagesspiegel. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Klaus Brandner, sieht in seiner Partei dagegen bereits einen „Konsens“ darüber. Um die Absenkung abzufedern, sieht das Wirtschaftsministerium für eine Übergangszeit einen Zuschlag von bis zu 160 Euro im Monat vor.

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