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Wirtschaft: Gewerkschaftschef Norbert Hansen sieht Schwachstellen im Marketing der Bahn und droht mit Streik (Interview)

Norbert Hansen, Vorsitzender der Gewerkschaft der Eisenbahner (GdED), ist auch Mitglied im Aufsichtsrat der Bahn.Herr Hansen, die Bahn rutscht immer tiefer in die Misere.

Norbert Hansen, Vorsitzender der Gewerkschaft der Eisenbahner (GdED), ist auch Mitglied im Aufsichtsrat der Bahn.

Herr Hansen, die Bahn rutscht immer tiefer in die Misere. Könnten die Mitarbeiter da nicht einen Beitrag zur Sanierung leisten, etwa durch Lohnverzicht?

Das wird nicht weiterhelfen. Die Ursache für die Misere sind nicht zu hohe Lohnkosten, sondern die Tatsache, dass keine ausreichenden Umsätze erreicht werden.

Sie drohen mit Streik während der Weltausstellung Expo, sollte der Vorstand von seinen Sparplänen nicht abrücken. Das wird den Umsatz nicht beleben.

Wir haben uns die zeitlichen Abläufe nicht ausgesucht. Der Arbeitgeber hat uns mit seinen Vorstellungen, die Lohnkosten um 3,6 Milliarden Mark zu kürzen, überrascht und dann auch das Moratorium für Verhandlungen bis Ende Mai durchgesetzt. Uns bleibt keine andere Wahl. Wenn der Bahnvorstand nicht von seinen Vorstellungen abrückt, müssen wir uns zur Wehr setzen.

In anderen notleidenden Unternehmen waren die Beschäftigen zu Lohnverzicht bereit. Warum geht das bei der Bahn nicht?

Wir haben unseren Beitrag seit der Bahnreform 1994 geleistet. 120 000 Stellen wurden abgebaut, die Personalkosten sind jedes Jahr um eine Milliarde Mark gesunken. Damit muss jetzt Schluss sein. Solange der Vorstand nicht nachweist, dass er mehr Anstrengungen unternimmt, den Marktanteil und den Umsatz der Bahn zu erhöhen, ist es unverschämt zu fordern, dass die Arbeitnehmer auf Lohn verzichten.

Die Bahn muss aber kräftig in das Netz investieren, wenn sie mehr Umsatz auf die Schiene holen will. Wie soll das finanziert werden, wenn nicht bei den Kosten gespart wird?

Ein Lohnverzicht wird die Lücke auch nicht schließen. Bei den Investitionen in die Infrastruktur ist der Eigentümer, der Bund, gefordert. Zugleich muss die Bahn ihre Investitionsentscheidungen überprüfen und auf Prestigeprojekte verzichten. Es ist wichtiger das System in Ordnung zu halten. Aber: Die bisherigen Ergebnisse der Bahn sind ausschließlich über Kostensenkungen erwirtschaftet worden. Damit kommen wir jetzt nicht mehr weiter. Die Bahn muss sich stärker an der Nachfrage orientieren, um den Umsatz zu erhöhen.

Wo sehen Sie ungenutzte Potenziale?

Im Fernreiseverkehr setzt die Bahn zu stark auf die Geschäftsreisenden. Der Ausflugs- und Urlaubsverkehr wird gar nicht mehr beworben. Das halten wir für falsch. Jeder zweite Bürger in Deutschland fährt nicht Bahn. Hier muss es bessere Angebote geben, und dazu gehört beispielsweise auch der Gepäckservice. Im Güterverkehr müssen wir uns stärker auf das logistische Angebot konzentrieren, und nicht nur auf die reine Beförderung. Verbesserungen sind da nicht unbedingt eine Frage des Geldes. Das Gespräch führte Margarita Chiari.

Herr Hansen[die Bahn rutscht immer tiefer in die]

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