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Wirtschaft: Gezinkte Karte (Kommentar)

Am Anfang klang es wie eine gute Idee. Aber je länger über die deutsche Variante der amerikanischen Green Card geredet wird, und je mehr sich an der Debatte beteiligen, desto unerfreulicher ist das Ergebnis.

Am Anfang klang es wie eine gute Idee. Aber je länger über die deutsche Variante der amerikanischen Green Card geredet wird, und je mehr sich an der Debatte beteiligen, desto unerfreulicher ist das Ergebnis. Bundeskanzler Schröder wollte, so hörte es sich zunächst an, dem Mangel an hochqualifiziertem Personal in der Informationstechnologie durch gezielte Einwanderung nach amerikanischem Muster abhelfen. Das nämlich bedeutet die Green Card: eine zeitlich unbefristete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für die USA. Inzwischen ist in Deutschland daraus eine Befristung, also ein zeitlich limitierter Gastarbeiterstatus, geworden. Außerdem fordert die Wirtschaft jetzt ausländische Fachkräfte in allen Mangelberufen. Das alles ist schlecht. Wer Computerspezialisten nur für wenige Jahre aus einem Entwicklungsland wie Indien abwirbt, ohne ihnen auf Dauer eine Perspektive bei uns zu geben, zerstört dort eine aufstrebende, chancenreiche Branche und entwurzelt darüber hinaus die Menschen. Wenn wir zudem glauben, alle unsere Versäumnisse in der Berufsbildung dadurch heilen zu können, dass wir vorübergehend die entsprechenden Fachkräfte ins Land holen und nach getaner Arbeit wieder wegschicken, verhalten wir uns nicht wie eine aufgeklärte Gesellschaft, sondern wie eine Kolonialmacht. Was im Moment in aller Öffentlichkeit abläuft, ist jedenfalls nicht die Suche nach der Lösung eines Problems, sondern ein Etikettenschwindel.

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