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Hand in Hand. Angela Merkel und Nicolas Sarkozy machen gemeinsam Druck für eine schnelle Reform der EU-Verträge. Foto: Reuters

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Wirtschaft: Gläubiger dürfen hoffen

Offenbar Zugeständnisse bei der Beteiligung am Rettungsfonds / Banken leihen sich kaum noch Geld.

Berlin/Frankfurt am Main - Das europäische Bankensystem steht wenige Tage vor dem EU-Gipfel zur Schuldenkrise nach wie vor unter starker Anspannung. Am Montag legten die eintägigen Einlagen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) weiter kräftig zu. Die Einlagen stiegen von 313,8 Milliarden Euro am Freitag auf zuletzt 332,7 Milliarden Euro. Dies ist der höchste Wert seit rund eineinhalb Jahren und viel mehr als üblich. Die Mittel, die sich die Geschäftsbanken über Nacht von der EZB ausleihen, verringerten sich hingegen von 8,6 Milliarden Euro am Freitag auf 7,0 Milliarden.

Die eintägigen Einlagen und Ausleihungen der Banken bei der EZB gelten als Misstrauensindikator, da die Geschäftsbanken auf diese Instrumente normalerweise kaum zurückgreifen. Ausschlaggebend sind die vergleichsweise ungünstigen Konditionen der sogenannten Spitzenrefinanzierung über die Notenbank. Angesichts der sehr hohen Unsicherheit wegen der Schuldenkrise nehmen die Banken entsprechende Zinsverluste aber in Kauf. Anstatt sich das Geld gegenseitig zu leihen, parken sie kurzfristige Mittel lieber bei der Zentralbank.

Bei der Bewältigung der europäischen Schuldenkrise sollen Banken und andere private Gläubiger offenbar nach dem Willen der Bundesregierung weniger stark in Anspruch genommen werden als ursprünglich geplant. Die Regierung erwägt, bei der umstrittenen Beteiligung privater Gläubiger an dem permanenten Euro-Rettungsschirm ESM Zugeständnisse zu machen. Ein Beitrag von Finanzinstituten am ESM sei zwar weiter geplant, sagte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer am Montag in München. „Über das Ausmaß zu diskutieren, ist aber zulässig. Da ist auch mit der CSU zu reden.“ Euro-Bonds lehnte Seehofer ebenso wie Merkel ab. Insgesamt ist Deutschland nach Informationen aus Verhandlungskreisen bereit, im Tausch gegen deutlich schärfere Haushaltsregeln Formulierungen zur Beteiligung von Banken und Versicherern an möglichen Anleihe-Ausfällen abzuschwächen. Die neue Formulierung werde die Statuten des ESM näher an die Regeln des IWF angleichen. Ein ranghoher Vertreter der Euro-Zone sagte, die Änderung hänge aber davon ab, ob sich die 17 Staaten der Währungsgemeinschaft auf strengere Haushaltsregeln einigen könnten.

Offen ist noch, inwieweit sich der Internationale Währungsfonds (IWF) stärker an der Stabilisierung der Euro-Zone beteiligt. Es gebe dazu mehrere Varianten, über die noch nicht entschieden sei, hieß es am Montag in verhandlungsnahen Kreisen in Berlin. Darunter sei die Bildung eines Sonderfonds beim IWF, in den die Notenbanken des Währungsgebiets und möglicherweise auch die US- Zentralbank Fed einzahlen könnten. Im Gespräch sind Summen von unter 100 bis mehrere hundert Milliarden Euro, mit denen der IWF Italien oder Spanien beispringen könnte.

„Das ist eine Variante, entschieden ist das noch nicht“, sagte ein mit den Vorgängen vertrauter Koalitionspolitiker. Bereits vergangene Woche hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach einem EU-Finanzministertreffen in Brüssel gesagt: „Wir sind bereit, die Mittel des IWF durch bilaterale Kredite zu erhöhen.“ Hintergrund der Debatte sind die hohen Zinsaufschläge, die Italien und Spanien am Kapitalmarkt bezahlen müssen. Sowohl der IWF als auch der Euro-Rettungsschirm EFSF wären von einer drohenden Staatspleite in einem der beiden Länder überfordert. dpa/rtr

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