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Als einziger Industriestaat Afrikas hat das Land am Kap eine relativ stabile Wirtschaftsstruktur, zu der auch Töchter von deutschen Firmen beitragen. Im Bild eine Leiterplattenfertigung in Johannesburg. Foto: imago

© IMAGO

Südafrika vor der WM: Glas, Kabel, Flaggen und Rohre

Firmen wie BASF, MAN oder Pfeifer setzen 1,5 Milliarden Euro wegen der WM um. Vor allem im Verkehrssektor gibt es einen großen Investitionsbedarf.

Inzwischen zählen die Südafrikaner die Tage. Vom 11. Juni an wird das Land am Kap vier Wochen lang in den Mittelpunkt des Weltinteresses rücken. Zumindest in puncto Infrastruktur scheint der einzige Industriestaat Afrikas gerüstet: Südafrika hat fünf neue Stadien und fünf von Grund auf erneuerte Arenen, moderne Flughäfen und ein neu ausgebautes Nahverkehrssystem. Ein Großteil des Materials für die Stadien wurde von deutschen Firmen angeliefert. Das Memminger Familienunternehmen Pfeifer war zum Beispiel für die Montage des Flachdachs in Kapstadt und dessen Seilkonstruktion verantwortlich und übernahm auch das Verlegen der mehr als 10 000 Glasscheiben, die in 85 Containern aus dem sächsischen Wermsdorf bei Dresden kamen. Und das Hamburger Architekturbüro GMP landete den Auftrag für den Entwurf und Bau von gleich drei WM-Stadien.

Für Pfeifer hat sich die WM am Kap bereits vor ihrem Anpfiff gelohnt: Mit einem Auftragsvolumen von rund 42 Millionen Euro gehört das Kapstädter Dach zu den größten Projekten in der gut 400-jährigen Firmengeschichte. Ähnlich groß ist nur noch das Stadiondach in Durban, das wegen seines mächtigen Bogens über der Arena in puncto Statik als schwierigstes unter den diesjährigen WM-Stadien gilt.

Stadiondächer von solch hoher Komplexität in Südafrika zu bauen, war für alle Beteiligten eine Herausforderung der besonderen Art, zumal die Baubranche am Kap wegen der jahrelangen Flaute zuvor wenig Erfahrung mit derartigen Großprojekten hatte. Vieles musste deshalb aus dem Ausland teuer herangeschafft werden: Die Kabel aus Memmingen, der Fassadenstahl aus dem polnischen Gleiwitz und die teflonbeschichtete Glasfasermembran für die Außenverkleidung vom Krefelder Unternehmen Verseidag.

Noch nie in seiner Geschichte hat Südafrika ein Ereignis mit einem derart hohen logistischen Aufwand gestemmt. Ein Großteil der Risiken wurde deshalb auch von internationalen Logistikunternehmen getragen, die sich allerdings in Südafrika auf etliche lokale Eigenheiten einstellen müssen. Sorgen bereitete den meisten dabei nicht zuletzt die Streikfreudigkeit der südafrikanischen Belegschaft, die natürlich ihren Teil vom WM-Kuchen bekommen wollte.

„Das Gesamtvolumen der Aufträge liegt bei über 1,5 Milliarden Euro“, sagt Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie und Handelskammertages (DIHK), über das Geschäft deutscher Firmen mit der WM. Heiko Schwiderowski, DIHK-Referatsleiter für Afrika, ist davon überzeugt, dass deutsche Firmen durch die Ausrichtung der WM vor vier Jahren im eigenen Land einen Wettbewerbsvorteil hatten. Ein weiterer Pluspunkt sei, dass Konzerne wie Siemens oder BASF schon sehr lange in Südafrika etabliert sind. „Diese Unternehmen haben ein gutes Gespür dafür entwickelt, wie man bei öffentlichen Aufträgen südafrikanische Unternehmen miteinbezieht“, sagt Schwiderowski.

Viele Aufträge haben jedoch nur einen indirekten WM-Bezug. Seit Anfang 2008 steckt das Land in einer Stromversorgungskrise, damals mussten Bergwerke tagelang den Betrieb einstellen. Der staatliche Versorger Eskom will nun bis 2013 umgerechnet fast 40 Milliarden Euro in den Bau neuer Kraftwerke stecken. Davon profitiert auch der Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger Berger, der für eines der geplanten Kohlekraftwerke Hochdruckrohre und Kesselkomponenten für 145 Millionen Euro liefern soll. Ende April nahm die Südafrika-Tochter Bilfinger Berger Power Services in ihrem Werk in Pretoria eine Rohrbiegeanlage in Betrieb. Dies sei schon deshalb nötig, weil das Zertifikat „Made in South Africa“ bei der Bewerbung für öffentliche Aufträge immer wichtiger werde, meint Gerd Lesser von Bilfinger Berger.

Zu den Gewinnern der WM zählt auch die Siemens-Tochter Osram, die acht der zehn WM-Stadien mit Lichttechnik ausgestattet hat. Die Telekom lieferte Informationstechnologie für den Energie- und den Transportsektor. Angesichts des zwar verbesserten, aber noch immer nicht ausreichenden Nahverkehrs bleibt der Zuschauertransport ein Problem. Vor allem bei Mietwagen und Bussen sind die Kapazitäten begrenzt, weshalb Fahrzeuge angeschafft werden mussten. Auch hier kamen deutsche Firmen zum Zug: So lieferte MAN 110 Überlandbusse und ZF Friedrichshafen stattete 700 Busse mit umweltfreundlicher Technologie aus.

Aber auch Mittelständler wie der in Hamburg ansässige Flaggenhersteller FahnenFleck sind mit von der Partie. Das Unternehmen, das inzwischen eine Südafrika-Tochter hat, liefert alles, was zu einer WM gehört: Fahnen, Riesenbanner für Zaunverkleidungen, aber auch Flaggenmasten. „Aus Südafrika kommen jetzt mehr Aufträge“, sagt Geschäftsführer Jürgen Vogt. Allerdings ziemlich spät. „Die WM-Organisatoren haben sich für Bestellungen viel Zeit gelassen. Leider sind nun die Flugfrachtmöglichkeiten voll ausgebucht“, sagt Vogt

Erschwert wurde die Zulieferung der WM-Güter zusätzlich durch einen 18-tägigen Streik der Transportarbeitergewerkschaft, der vor kurzem die Hafenanlagen stilllegte. Ab Montag werden nun jedoch alle Schiffe am Kap wieder be- und entladen. Allerdings haben sich in den letzten beiden Wochen Tausende von Containern angestaut. Auch Ausrüstungsgegenstände für die WM dürften nun in den Häfen feststecken und womöglich erst verspätet angeliefert werden. Die Fans wird es kaum stören.

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