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Wirtschaft: Glos greift die Energiekonzerne an

Der Wirtschaftsminister will das Kartellrecht verschärfen / Kabinett beschließt am Mittwoch

Berlin /Brüssel - Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) macht Ernst mit seinem Konfrontationskurs gegen die Energiebranche. Am Mittwoch wird das Bundeskabinett seinen Vorschlag zur Verschärfung des Kartellrechts beschließen. Glos will mit der Novelle die Preisaufsicht im Energiesektor verschärfen: Eine Umkehr der Beweislast sorgt dafür, dass die Versorger künftig selbst nachweisen müssen, dass ihre Preise angemessen sind. Bislang mussten die Kunden den Konzernen Missbrauch nachweisen – ein schwieriges Unterfangen.

Die Stromkonzerne kritisieren, die Änderung komme staatlicher Preisaufsicht gleich. „Wir sollen Entscheidungen treffen für milliardenschwere Kraftwerksinvestitionen, während man auf oberster politischer Ebene öffentlich die Grundprinzipien des liberalisierten Marktes in Frage stellt“, klagte RWE-Chef Harry Roels vergangene Woche. Das politische Umfeld sei „alles andere als hilfreich“.

Glos lässt sich davon nicht beeindrucken. „Es ist für mich und für viele Beobachter keine Frage, dass der Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt nicht richtig funktioniert. Dagegen müssen wir etwas tun“, sagte der Minister dem Handelsblatt. Dazu gehöre es, Preismissbrauch besser zu bekämpfen. Glos verteidigte die Kartellrechtsnovelle mit dem Hinweis, sie gelte nur befristet, bis der Wettbewerb besser funktioniere. Tatsächlich soll die Verschärfung 2012 auslaufen. Die vier großen Unternehmen der Branche – Eon, RWE, Vattenfall und EnBW – sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, das Preisniveau hoch zu halten. Die vier stehen für rund 80 Prozent der Stromproduktion in Deutschland.

Glos will den Wettbewerb nicht nur mit der Kartellrechtsnovelle ankurbeln. Voraussichtlich wird das Bundeskabinett am Mittwoch auch die Netzanschlussverordnung verabschieden. Mit der Verordnung will der Wirtschaftsminister die vier Stromkonzerne, die zugleich auch die größten Stromnetzbetreiber in Deutschland sind, zwingen, Kraftwerke neuer Anbieter an ihr Netz anzuschließen. Mehr noch: Die Netzbetreiber müssen künftig selbst dann neue Kraftwerke ans Netz nehmen, wenn sie dafür eigene Kapazitäten zurückfahren müssen.

Zusätzlich wird in einigen Wochen die sogenannte Anreizregulierung in Gang gesetzt: Die Betreiber von Strom- und Gasnetzen müssen dann die Entgelte, die sie für die Netznutzung berechnen, schrittweise dem Niveau des effizientesten Netzbetreibers angleichen. Die Netzentgelte machen derzeit einen großen Teil des Endkundenpreises aus, im Strombereich sind es fast 40 Prozent. Die gesetzlich verordnete Senkung der Netzentgelte wird auch von kleinen Anbietern kritisiert. „Den Unternehmen wird vorgegeben, alle Ineffizienzen innerhalb von nur acht Jahren abzubauen. Im schlimmsten Fall kann dies für ein Unternehmen bedeuten, dass es seine Effizienz jedes Jahre um sechs Prozent steigern muss“, sagte Gerhard Widder, Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen. Kein Netzbetreiber könne so schnell Kosten senken. str/huh/HB

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