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Wirtschaft: Göttinger Gruppe unterliegt vor Gericht

Anleger darf Sparplan wegen falscher Beratung kündigen

Düsseldorf (rrl/HB). Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat Anlegern in Beteiligungssparplänen der Göttinger Gruppe (GG) ein Tor zum Ausstieg geöffnet. In einem von Rechtsanwalt Christian Thum von der Kanzlei Thilmany&Seimetz in Ottweiler erstrittenen Urteil stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung der GG Sparpläne durch einen Anleger wegen Fehlberatung berechtigt war. Die GG müsse sich das Verschulden ihres Vermittlers zurechnen lassen, heißt es in der Begründung des rechtskräftigen Urteils. Deshalb habe der Anleger Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben, also den Wert seiner Geschäftsanteile zum Kündigungszeitpunkt (Aktenzeichen: 3U38/02 vom 19.3.2003).

Anlegerschützer und Anwälte zweifeln seit Jahren an der werthaltigen Anlage der Sparplangelder durch die Göttinger Gruppe und raten deshalb zum Ausstieg. Bisher gelangen außerplanmäßige Kündigungen vor allem durch Vergleiche zwischen Anlegern und der GG, denn Gerichte verneinten vielfach die Haftung der Vermittler mit dem pauschalen Hinweis auf die Risikobelehrung in den Prospekten. Der Göttinger Anwalt Markolf Schmidt, der ebenfalls Sparer gegen die GG vertritt, freut sich über das neue Urteil: „Wenn jedes Beratungsgespräch einzeln beleuchtet wird, besteht für die Göttinger Gruppe das Risiko, dass drei Viertel der Prozesse zugunsten der Anleger ausgehen.“ Dagegen sieht Bodo Steffen, Geschäftsführer der Göttinger Gruppe Holding „ein Ausnahmeurteil, das keine Allgemeingültigkeit hat“. Demnach erwartet er auch keine Klagewelle auf Grund dieses Urteils.

Allerdings bekommt der vor Gericht siegreiche Anleger seine Einlagen nicht zurück. Deren Rückzahlung verweigerte das OLG mit Hinweis auf die „Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft“. Die Anwendung dieser Rechtskonstruktion ist im Falle der stillen Gesellschaft unter Juristen umstritten. Die Konstruktion soll Gläubiger und Gesellschafter eines Unternehmens gleichermaßen schützen. Denn würde die Anfechtung eines Gesellschaftsvertrages zur Rückzahlung der gesamten Einlage führen, müssten womöglich weniger Anleger mehr Verluste tragen. Dagegen berücksichtigt das Auseinandersetzungsguthaben etwaige Verluste. „Es ist davon auszugehen, dass das Auseinandersetzungsguthaben negativ sein wird“, sagt Anwalt Thum auf Grund früherer Erfahrungen.

Thum sieht die Möglichkeit, in einem zweiten Schritt Schadenersatzforderung wegen Beraterhaftung mit dem negativen Auseinandersetzungsguthaben zu verrechnen, in der Hoffnung, dass sein Mandant doch noch Geld von der GG zurückbekommt.

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