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Wirtschaft: Gut gesprochen ist halb verstanden

Interkultureller Zugangscode: Business-Englisch allein reicht nicht für gute Geschäftsbeziehungen

Telefongespräch mit einem englischen Klienten? Geschäftsessen mit Kollegen aus den USA? In diesen Situationen stehen die Sprachkenntnisse auf dem Prüfstand. Bei einer Umfrage des Karriereportals Monster gaben 41 Prozent der befragten Deutschen an, dass ihr Englisch verbesserungswürdig sei.

„Geschäftsenglisch basiert auf einer Art Code. Nur wer diesen Code beachtet, kann überzeugen“, sagt die UNO-Dolmetscherin Susanne Kilian. Ein Fettnäpfchen-Vermeidungsprogramm nennt die Berlinerin ihr Konzept für einen Business-English-Kurs. Sie arbeitet häufig mit Managern, Politikern oder Journalisten zusammen. Ihre Idee beruht auf der Erkenntnis: Gutes Englisch ist mehr, als Vokabeln und Grammatik zu beherrschen. „Wir Deutschen kommunizieren in den vertrauten Mustern unserer Muttersprache. Damit ecken wir – trotz richtiger Grammatik – oft an.“ Das kann vermieden werden, wenn man einige Grundsätze verinnerlicht.

LEKTION 1: RICHTIG LOBEN

„Sagen Sie ihrem Geschäftspartner ‚You did a good job', wird dies nicht als Lob verstanden“, sagt Susanne Kilian. Um diesen Punkt den Kursteilnehmern ins Gedächtnis zu pflanzen, nimmt die Berlinerin ein überdimensionales Papp-Ohr in die Hand. Es ist ein deutsches Ohr, angemalt in den Farben Schwarz-Rot-Gold. Dieses Ohr höre im Alltag so gut wie nie „fantastisch“ oder „großartig“, höchstens ein „gut“ als Anerkennung, doziert sie. Das reproduziere der Deutsche im Gespräch mit englischsprachigen Geschäftspartnern. Ein in den Farben der britischen Flagge angemaltes Ohr umwickelt sie mit einer Borte aus rotem Samt. Das soll verdeutlichen, welche plüschigen Töne Ohren aus dem angelsächsischen Sprachraum gewohnt sind. Die Sprachstudenten lernen: „You did a good job“, heißt „Na ja, es war o.k.“ Wenn man im Business English ein Lob ausdrücken will, muss es schon „a fantastic“ oder zumindest „a great job“ heißen.

LEKTION 2: FLOSKELN NUTZEN

Deutsch ist eine der direktesten Sprachen der Welt. „Bei uns werden Kinder schon so sozialisiert: ‚Komm zum Punkt!' heißt es da“, erzählt Kilian. Sprache diene in unserem Kulturkreis dem Informationsaustausch, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf „stiehl dem anderen nicht die Zeit“. Hingegen sei Sprache in den meisten Kulturen der Welt ein Tanz. Während hierzulande „drumherum reden“ verpönt ist, wird international der Smalltalk als Auftakt einer Geschäftsverhandlung wahrgenommen. Also gilt: einige Pirouetten mit dem Gegenüber zu drehen kann schneller zum Ziel führen, als direkt darauf zuzumarschieren.

LEKTION 3: PARTNER INS BOOT HOLEN

Als Dolmetscherin erlebe Susanne Kilian regelmäßig, dass deutsche Muttersprachler beim Englisch sprechen als „mit der Tür ins Haus fallend“ empfunden werden, sagt sie. Unbeabsichtigt irritierten die Deutschen damit nicht nur im englischsprachigen Raum, sondern auch in der asiatischen und arabischen Welt. Gute Vorschläge gingen oft unter, wenn Sätze mit „I think“ oder „I know“ eingeleitet werden, das empfinde der Engländer als unhöflich und gehe in Abwehrhaltung, sagt die Sprachtrainerin. Mit einem „Do you think it is right to say that …“ werde der Gesprächspartner hingegen ins Boot geholt.

LEKTION 4: ABSAGEN ERKENNEN

„In anderen Kulturen vermeidet man ein direktes ‚nein“", erklärt Kilian. Was in deutschen Ohren wie ein „Ja“ klingt, sei im Englischen oft ein freundlich formuliertes „auf keinen Fall“. Leiten Engländer oder Menschen aus dem arabischen und asiatischen Raum einen Satz mit „I'm not sure I quite agree“ ein, heiße das nicht, dass der deutsche Geschäftspartner kurz davor sei, sie zu überzeugen. Im Gegenteil, dieser harmlos scheinende Satz signalisiere, dass die Zeichen bereits auf Krieg stehen. Die einzig vernünftige Reaktion bestehe darin, zu deeskalieren, indem man zum Beispiel „I'm sorry I could not convince you“ sagt.

LEKTION 5: „SORRY“ IST IMMER EIN ASS

Ein entschuldigendes „Sorry“ ist eine Karte, welche gar nicht oft genug ausgespielt werden kann – auch wenn der häufige Gebrauch für das deutsche Sprachgefühl inflationär erscheint. „Empfangen Sie einen verspäteten Geschäftspartner mit ’I'm so sorry you had to put up with a delayed flight’, anstatt eine Entschuldigung zu erwarten“, rät Kilian.

Nimmt man einen Anruf für einen Kollegen an, wirkt ein korrektes „He is not in. Can I help you?“ nicht hilfsbereit, sondern abweisend und wenig engagiert. Angebracht wäre: „I am sorry, I am afraid he isn't in. May I take a message?“

WEITERE SPRACHKURSE

Das English-Code-Seminar ist nur eine von einer Vielzahl an Möglichkeiten, Englisch für den Beruf zu lernen. Zahlreiche Angebote für Kurse in Berlin und Umland finden sich in der Weiterbildungsdatenbank der Stadt Berlin und des Landes Brandenburg: Sie variieren von kurzen Fortbildungsseminaren über die Kombination aus E-Learning-Modulen und Präsenzphasen. Es lassen sich gezielt Kurse finden, die man mit Bildungsgutscheinen zahlen kann. In der Datenbank Kursnet von der Arbeitsagentur gibt es ebenfalls diverse Angebote. Weiterhin kann man das für die eigenen Bedürfnisse optimale Angebot herausfiltern, indem man spezifisch sucht.

Für bestimmte Berufsgruppen wie Juristen, Mediziner, Techniker und Fachkräfte im Hotel- und Gaststättengewerbe gibt es fachsprachliche Englischkurse. Diese findet man, wenn man in Weiterbildungsdatenbanken, zum Beispiel im Infoweb Weiterbildung, der Suchmaschine des Deutschen Bildungsservers für Weiterbildungskurse, die entsprechenden Stichwörter eingibt, etwa „Englisch für Juristen“ oder „Englisch für Mediziner“.

DAS ZERTIFIKAT AM ENDE

Ein Kriterium bei der Wahl des Sprachkurses kann es sein, ob der Unterricht mit dem Erwerb eines international anerkannten Zertifikates endet. Bekannte Prüfungen sind „English for Business“ (EFB) von der Londoner Industrie- und Handelskammer (LCCI) oder das „Business English Certificate“ (BEC) der Universität Cambridge. Häufig bieten Volkshochschulen BEC- Vorbereitungskurse kostengünstig an. An der Volkshochschule Charlottenburg-Wilmersdorf beispielsweise beginnt im Januar ein Abendkurs mit 60 Unterrichtseinheiten für ermäßigt 94 Euro, sonst 181 Euro.

Das Zertifikat ist nicht nur für Arbeitnehmer interessant. Universitäten und Colleges im Ausland erkennen das BEC Higher als Nachweis ausreichender Englischkenntnisse für ein Studium an. Wer einen Beleg seiner Sprachkenntnisse für die Bewerbungsmappe braucht, für den kommt ebenfalls die Prüfung Fremdsprache im Beruf (FiB) in Frage, die die Industrie- und Handelskammer Düsseldorf entwickelt hat. Der Deutsche Volkshochschulverband bietet als Alternative das telc English Business Zertifikat an.

Annette Leyssner

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