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Will nichts dem Zufall überlassen: Chinas Präsident Xi Jinping.

© AFP

Handelskonflikte und 5G im Visier: Wie China auf LinkedIn ausländische Spione anwirbt

Vorsicht vor vermeintlichen Wissenschaftlern oder Headhuntern: In Wahrheit könnte es ihnen darum gehen, zur Wirtschaftsspionage für China zu verleiten.

Als größte Volkswirtschaft Europas war Deutschland bereits in der Vergangenheit Ziel von Spionagemaßnahmen Chinas. In jüngster Zeit jedoch scheint die chinesische Regierung ihre Aktivitäten nochmals intensiviert zu haben. Und bisweilen greift sie dabei auch zu unorthodoxen Mitteln.

Das geht aus dem Jahresbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) hervor, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Auf China bezogen heißt es dort: „Der Umfang erkennbarer politischer und wirtschaftlicher Spionage hat erheblich zugenommen, ohne Aspekte der Informationsbeschaffung zu militärischen Aufklärungszielen zurückzudrängen.“

Im Speziellen sei der Bedarf an Erkenntnissen über supranationale Einrichtungen wie die EU sowie über internationale Konferenzen wie den G20-Gipfel stetig angewachsen. Selbiges gelte für wirtschaftliche Fragen, insbesondere dort, wo chinesische Interessen tangiert sind – wie beispielsweise beim Ausbau des 5G-Netzes, bei technologiepolitischen Auseinandersetzungen oder beim Handelskonflikt mit den USA.

Wissensvorsprung durch Wirtschaftsspionage

Kernziel von Cyberangriffen seien Wirtschaftsunternehmen, so das BfV. Angreifer verfolgten dabei den Zweck, durch Wirtschaftsspionage und unrechtmäßigen Wissenstransfer Vorteile für bestimmte Wirtschaftsbereiche Chinas zu erreichen. Insgesamt orientierten sich die Angriffe am Rahmen des aktuell geltenden Fünf-Jahres-Plans, der Strategie „Made in China 2025“ und der Belt-and-Road-Initiative (BRI).

Fernziel sei es, China zur weltweit führenden Wirtschaftsmacht zu machen. Als Beispiel für Cyberangriffe wird die Kampagne der Gruppierung „WinNTI“ genannt. Zwischen 2016 und 2019 hatte der lose Zusammenschluss von mehreren Angreifern die Systeme von mehreren DAX-Konzernen infiltriert. Der BfV schreibt in seinem Jahresbericht, dass es Hinweise für eine Beauftragung durch die chinesische Regierung gebe. So wiesen technische wie strategische Indikatoren auf eine chinesische Urheberschaft hin.

Anbahnung via LinkedIn

Doch auch berufliche Netzwerke scheinen für chinesische Nachrichtendienste an Relevanz zu gewinnen. So werde beispielsweise LinkedIn für Anbahnungsoperationen genutzt. „Der Modus Operandi ist fast immer der gleiche: Vermeintliche Wissenschaftler, Jobvermittler und Headhunter knüpfen Kontakte mit Personen, die über ein aussagekräftiges Personenprofil verfügen“, heißt es in dem Bericht. „Sie werden mit verlockenden Angeboten geködert und schließlich nach China eingeladen; dort erfolgt die nachrichtendienstliche Anbahnung.“

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Der BfV weist in seinem Bericht ebenfalls darauf hin, dass China auch in Deutschland Daten für seine Sozialkreditsysteme sammelt. Davon können in Deutschland lebende Chinesen betroffen sein, aber auch deutsche Staatsbürger, die Webdienste, Apps oder Bezahldienste aus China nutzen. Genannt werden Alibaba, Tencent, aber auch Unternehmen wie Fahrradanbieter.

Geheimdienste gewinnen in China an Bedeutung

Insgesamt habe seit dem Machtantritt des Staats- und Parteichefs Xi Jinping im November 2012 die Bedeutung der Nachrichtendienste im politischen System Chinas stetig zugenommen. Ihr gesammeltes Wissen diene auch dem Machterhalt der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh).

„Bestimmte ausländische Staaten setzen alle zur Verfügung stehenden Mittel und Wege des verdeckten Agierens ein, um mittels Spionage und Einflussnahme ihre Interessen zum Nachteil unseres Landes zu verfolgen“, schreibt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im Vorwort des Berichts, ohne dabei konkret auf China einzugehen. „Die fortschreitende Digitalisierung vergrößert die Angriffsfläche für Cyberangriffe, die daher neben den ‚klassischen‘ Spionagemethoden vor allem auch für fremde Nachrichtendienste effektive Optionen bieten, sich wertige Informationen mit einem vergleichsweise geringen Entdeckungsrisiko zu beschaffen.“

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