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Wirtschaft: Handwerk wirft Clement Manipulation vor

Verband hofft bei Streit um den Meisterbrief auf den Bundesrat

Berlin (ce/fo). Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) fährt schweres Geschütz gegen die von Wirtschafts und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) geplante Änderung der Handwerksordnung auf. ZDH-Präsident Dieter Philipp wirft dem Minister vor, sein Haus operiere mit „nachweisbar falschen wirtschafts- und ausbildungspolitischen Kennziffern“, um den Abbau des Meisterzwangs in vielen Handwerksberufen zu begründen. Philipp sprach am Mittwoch in Berlin von einem „Affront“ und von „Manipulation“. Um den Meisterzwang zurückdrängen zu können, lege das Wirtschaftsministerium eine „selektive und tendenziöse" Wahrnehmung an den Tag. Nach seiner Meinung schaden die geplanten Änderungen dem Arbeitsmarkt und gefährden die Ausbildung Jugendlicher.

Clement hält dennoch an der Novelle fest. Nach Angaben einer Ministeriumssprecherin sei der Referentenentwurf noch „kein endgültiger Text“. Das Handwerk könne wie andere auch eine Stellungnahme abgeben. Jedoch drängt die Zeit: Am 28. Mai soll ein Gesetzentwurf ins Kabinett. Nach dem Referentenpapier soll der Meisterbrief nur noch für 32 Berufe statt wie bislang für 94 Voraussetzung sein, um sich selbstständig zu machen. Zudem sollen Gesellen in den verbliebenen Meisterberufen nach zehn Jahren im Beruf die Möglichkeit zur eigenen Firmengründung bekommen – ohne Meisterbrief. Davon verspricht sich die Regierung eine Zunahme der Existenzgründungen und mithin mehr Arbeitsplätze in diesem Bereich. Experten halten außerdem einen Preissturz bei Handwerksleistungen für möglich.

Da die Novelle noch durch den Bundesrat muss, rechnen sich die Handwerker Chancen aus, Clements Vorstoß zu stoppen. Aus der Union, die die Mehrheit im Bundesrat stellt, gibt es Signale, dass die Einschnitte zu radikal seien. Der CSU-Mittelstandspolitiker Ernst Hinsken kündigte einen eigenen Gesetzentwurf an. Der Meisterbrief müsse Eckpfeiler der Handwerksordnung bleiben. Der SPD-Wirtschaftspolitiker Christian Lange verteidigte den Clement-Plan. „Eine Reform wird zu einem Gründungsboom vor allem bei den kleinen Betrieben führen", sagt Lange dem Tagesspiegel. Die Gründungsquote in der Gesamtwirtschaft liege derzeit bei 13,7 Prozent, im Handwerk bei nur vier Prozent.

Das Handwerk bezweifelt die Zahlen. „Wenn schon Ausgangszahlen nicht stimmen, dann wird deutlich, mit welcher Absicht ein solcher Referentenentwurf geschrieben ist“, heißt es. Philipp weist vor allem auf die Folgen dieser Politik, die „Rückentwicklung zu Kleinstbetrieben und zu einem Selbstständigen-Proletariat“ hin. Nach seiner Ansicht führt die Lockerung des Meisterzwangs zu Minifirmen, die weder Arbeits- noch Ausbildungsplätze anbieten. Die Handwerksordnung sei nicht Schuld an Deutschlands Wachstumsproblemen, sagte Philipp.

Zweifel an Zahlen des Ministers

SPD-Politiker Lange weist auf die sinkende Ausbildungsleistung des Handwerks hin. „Weil viele Unternehmen keinen Nachwuchs finden, stehen sie unnötigerweise vor dem Aus.“ Die Zahl der Ausbildungsverträge sei im Jahr 2002 überproportional zurückgegangen, beklagt er. Heute trage das Handwerk nur noch 30 Prozent der Ausbildungslast, während es im Jahre 1995 noch 37 Prozent gewesen seien.

Den Grünen gehen die Vorschläge Clements dagegen noch nicht weit genug. Vorstandsmitglied Thea Dückert sagte dem Tagesspiegel, dass die Liste der meisterpflichtigen Berufe noch zu lang sei. Warum sich darunter Straßenbauer und Tischler befänden, sei ihr nicht klar. Die Grünen wollen zudem die zehnjährige Wartefrist der Gesellen auf sechs Jahre verkürzen, um so Frauen bessere Chancen zur Selbstständigkeit einzuräumen.

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