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Wirtschaft: Hartz-Reformen wirken erst nach Jahren

OECD verlangt weitere Arbeitsmarkt-Reformen / Manager wollen kaum neues Personal einstellen

Berlin (brö/HB). Die HartzGesetze zur Reform des Arbeitsmarktes werden erst in einigen Jahren mehr Beschäftigung schaffen. Mit raschen Erfolgen sei nicht zu rechnen, sagte John P. Martin, Arbeitsmarktchef der Wirtschaftsorganisation OECD, am Mittwoch. Er rief die Bundesregierung dazu auf, die Job-Chancen von Frauen, Behinderten, Geringqualifizierten und älteren Menschen zu verbessern. Derweil zeigt eine Umfrage, dass es vermutlich trotz des nahenden Aufschwungs keine neuen Arbeitsplätze geben wird: Nur jeder achte Top-Manager plant, innerhalb des kommenden Jahres neue Leute einzustellen, jeder dritte will indes Personal abbauen.

Die OECD, ein Verbund von 30 Industrieländern (siehe Lexikon), begrüßte zwar die Reformen der Bundesregierung im Rahmen der Agenda 2010 und der Hartz-Gesetze. Bis sie die Arbeitslosigkeit spürbar senkten, werde jedoch „eine Reihe von Jahren vergehen“, sagte Martin. Das zeige die Erfahrung aus Ländern, die ihre Arbeitsmärkte bereits reformiert hätten, wie etwa Neuseeland. Das Ziel der Regierung, die Arbeitslosigkeit innerhalb der kommenden Jahre um mehrere Millionen zu drücken, nannte er „ehrgeizig“. Im August waren in Deutschland 4,3 Millionen Menschen ohne Arbeitsplatz.

Die OECD, die am Mittwoch in Paris und Berlin eine Studie zur Arbeitsmarkt-Entwicklung vorstellte, verlangte von der Bundesregierung weitere Reformen. Vor allem benachteiligte Menschen müssten leichter eine Stelle finden. Sonst sei das Wirtschaftswachstum bedroht, weil die Gesellschaft altere und die Erwerbsbevölkerung zurückgehe. So kommen heute vier Beschäftigte auf einen über 65-Jährigen, im Jahr 2030 werden es nach OECD-Angaben nur noch zwei sein.

Dieser Rückgang der Erwerbsbevölkerung ließe sich aber ausgleichen, findet die OECD: Die Regierung solle die Chancen derer verbessern, die sich vom Arbeitsmarkt abgewandt hätten, aber dennoch arbeiten wollten. Dazu zählt die Organisation in erster Linie Frauen, aber auch Sozialhilfeempfänger, Alleinerziehende, Frührentner und Behinderte. Wichtigster Anreiz zur Arbeitsaufnahme sei, dass der Lohn höher sei als die bisherigen Sozialtransfers. Die erfolgreichsten Instrumente seien dabei Steuervorteile, die an einen Job gekoppelt sind, oder die Befreiung solcher Arbeitgeber von Sozialabgaben, die einen Geringqualifizierten einstellten. Wichtig sei aber auch eine bessere Weiterbildung der benachteiligten Gruppen. Gleichwohl müsse die rot-grüne Koalition mehr dafür tun, dass Frauen Beruf und Familie besser vereinbaren können. Außerdem müsse der Trend zur Frühverrentung gestoppt werden.

Derweil könne sich die Lage auf den Arbeitsmärkten der Industrieländer im kommenden Jahr entspannen. Grund sei die allmähliche wirtschaftliche Erholung in den USA. Wegen der Strukturreformen in Nordamerika, der EU, Australien und Neuseeland sei die Arbeitslosigkeit im gegenwärtigen Wirtschaftsabschwung weniger stark gestiegen als in früheren Krisen.

In Deutschland könnte es dagegen einer Umfrage des Handelsblattes zufolge im kommenden Jahr zwar mehr Wachstum, aber keine neuen Jobs geben. Der Anteil der 800 befragten Top-Manager, die in den kommenden zwölf Monaten ihre Belegschaft verkleinern wollen, stieg auf 40 Prozent von 39 Prozent im Vormonat. Nur noch 13 Prozent der Führungskräfte planen dagegen, mehr Personal einzustellen – im August waren es noch 14 Prozent gewesen. Dagegen scheint ein Ende der Investitionsflaute in Sicht. Der Anteil der Unternehmen, die in den nächsten zwölf Monaten ihre Investitionen zurückfahren wollen, sank auf nur noch 23 Prozent, das ist der niedrigste Stand seit Mai 2001. Wie im Juli plant knapp jedes fünfte Unternehmen höhere Investitionen. Inzwischen halten drei von vier Befragten (72 Prozent) einen Aufschwung in Deutschland 2004 für möglich – im Juni waren es nur 63 Prozent.

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