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Hauptversammlung: Daimler-Boss Zetsche kündigt rigiden Sparkurs an

"Dramatische Krise", "negatives Ergebnis": Konzernchef Zetsche hat auf der Hauptversammlung Belegschaft und Aktionäre auf ein Krisenjahr und Lohneinbußen eingestellt. Auch Entlassungen schließt er nicht mehr aus.

Harte Zeiten für den Stuttgarter Autobauer: Dieter Zetsche, Vorstandschef bei Daimler, hat die 141.000 Konzernmitarbeiter auf ein drastisches Sparprogramm eingestimmt. "Wir wollen auch in Zeiten schwacher Märkte ein starkes Unternehmen bleiben", sagte er auf der diesjährigen Hauptversammlung in Berlin. "Wir werden nicht zulassen, dass ein Unternehmen gefährdet wird, dessen Marken und Produkte weltweit als Aushängeschild der deutschen Industrie gelten". Dabei schließt er auch Entlassungen nicht mehr aus. Wenn die Krise weiter anhält, könne es dazu "im äußerten Fall" kommen.

Der Konzernlenker hat bei seiner Rede auch Fehler eingeräumt. Im vergangenen Jahr habe er nicht sofort auf den Absatzeinbruch reagiert. Deshalb seien zu viele Autos auf Halde produziert worden. "Ich gebe zu: Im Nachhinein würden wir uns wünschen, wir hätten Mitte letzten Jahres sogar noch früher gebremst". Im vierten Quartal 2008 hätten die Pkw-Bestände "zeitweise deutlich über dem Normalniveau" gelegen. Bis Ende März seien aber schon erste Fortschritte erzielt worden. Durch die Produktionskürzungen inklusive Kurzarbeit seien die Lagerbestände erstmals wieder auf das Level von vor einem Jahr gesunken.

Zetsche: Auch Mitarbeiter müssen Opfer bringen

Als Reaktion auf die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise reichten diese Maßnahmen aber nicht aus. Auch die Mitarbeiter müssten Opfer bringen: "Ohne einen substanziellen Beitrag auch der Arbeitnehmerseite wird es nicht gehen". So sollen allein die Personalkosten in Deutschland um rund zwei Milliarden Euro reduziert werden. Die Beschäftigten der Daimler AG müssten sich auf "harte Einschnitte" einstellen.

Gespart werden müsste aber in allen Geschäftsfeldern. Auch in der Verwaltung sollen die Kosten im laufenden Jahr noch einmal um 500 Millionen Euro gedrückt werden. So habe das Unternehmen bei Dienstreisen und Beraterkosten den Sparkurs "nochmals drastisch verschärft". Auch der teure Ein- und Ausstieg beim US-Autobauer Chrysler gehört der Vergangenheit an: Nach Konzernangaben wurden die 22 Chrysler-Vertriebsgesellschaften außerhalb der Region Nafta, die bislang noch von Daimler fortgeführt worden waren, zum 31. März an die Chrysler-Holding übertragen. Auch die Aktionäre sollen sich mit einer von zwei Euro auf 0,60 Euro gekappten Dividende zufriedengeben.

Daimler will trotz der Krise "Gas geben"

Weiter investiert werden soll dagegen in "Zukunftsthemen", wie Zetsche sich ausdrückte. Im Wettlauf um die Entwicklung umweltfreundlicher Antriebe werde Daimler trotz der Krise "Gas geben". Bis 2012 soll deshalb die Pkw-Neuwagenflotte in Europa auf einen durchschnittlichen Kohlendioxid-Ausstoß von unter 140 Gramm pro Kilometer kommen und damit die EU-Vorgaben erfüllen. Dazu sagte der Daimler-Chef: "Eiserne Kostendisziplin ist in der Automobilindustrie heute zwar eine notwendige Bedingung zum Überleben der Gegenwart. Wer aber zulässt, dass der Rotstift an die Stelle strategischer Planung tritt, gefährdet seine Zukunft."

Die Ankündigungen von Zetsche sorgten für Protest. Verkleidet mit Masken, die das Gesicht des Konzernbosses darstellten, haben Beschäftigte gegen die geforderten Lohneinbußen demonstriert. Mit weißen Plastikbechern in der Hand baten sie die Aktionäre vor der Hauptversammlung um Spenden. "Gegen Lohnverzicht. Wir zahlen Eure Krise nicht!", stand auf einem Plakat. In einem Flugblatt fordern die Demonstranten: "Die Reichen und die Krisenprofiteure sollen ihre Krise selbst bezahlen."

Umsatz voraussichtlich in allen Bereichen rückläufig

Vorstandschef Zetsche betrachtet diese Maßnahmen dagegen als unumgänglich in den Zeiten der "dramatischen Krise". Insgesamt rechnet der Konzern für das Gesamtjahr mit "weiteren erheblichen Belastungen". Der Umsatz werde voraussichtlich in allen Bereichen rückläufig sein. Eine genauere Prognose werde aber erst möglich sein, wenn die Entwicklung der Weltwirtschaft besser absehbar sei.

Wegen der seit Monaten andauernden Absatzkrise erwartet der Konzernchef insbesondere für das erste Quartal ein "deutlich negatives Ergebnis". Erst im weiteren Jahresverlauf werde es dann eine schrittweise Verbesserung geben. Frühestens in der zweiten Jahreshälfte wird die Autobranche laut Zetsche die Talsohle durchschreiten.

Die Belastungen durch Chrysler und der schleppende Verkauf der großen Mercedes-Modelle hatten den Gewinn bei Daimler im vergangenen Jahr einbrechen lassen. Der Betriebsgewinn ging um zwei Drittel zurück, nachdem 2007 mit 8,7 Milliarden Euro noch ein Rekordergebnis verbucht worden war. Der Umsatz sank um vier Prozent auf knapp 96 Milliarden Euro. Schon Mitte Februar hatte Zetsche Belegschaft und Aktionäre auf schwere Zeiten eingeschworen und für das erste Quartal einen operativen Verlust vorausgesagt. Rund 68.000 Beschäftigte des Stuttgarter Traditionsunternehmens arbeiten bereits kurz. (smz/dpa/rtr)

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