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Vertrauen Sie Siemens. Vorstandschef Peter Löscher warb auf der Hauptversammlung um die Gunst der Aktionäre.

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Hauptversammlung: Fehlstart für Siemens

Der Gewinn bricht im ersten Quartal ein. Ausgerechnet die grünen Energien machen dem Konzern Probleme.

Siemens rühmt sich gern, der weltgrößte Anbieter umweltfreundlicher Technologien zu sein. Mit seinem Umweltportfolio setzte das Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr fast 30 Milliarden Euro um. Doch ausgerechnet die erneuerbaren Energien verhageln Siemens nun das Ergebnis im ersten Quartal. Von Oktober bis Dezember stand unter dem Strich nur noch ein Gewinn von 1,46 Milliarden Euro, 17 Prozent weniger als in der Vorjahresperiode. Rechnet man noch die Ergebnisse von Aktivitäten heraus, die Siemens nicht fortführt – wie zum Beispiel Osram oder die IT-Tochter SIS –, dann beträgt der Rückgang sogar 27 Prozent. Auch die Auswirkungen der Schuldenkrise in Europa hätten ihre Spuren in der Realwirtschaft hinterlassen, sagte Siemens-Chef Peter Löscher auf der Hauptversammlung. „Zusammengenommen resultiert daraus ein gebremster Start in das neue Geschäftsjahr“, bilanzierte er.

Die Reaktion der Börse auf die Zahlen fiel eindeutig aus: In der Spitze fiel der Kurs der Siemens-Aktie am Dienstag um 4,3 Prozent auf 75,00 Euro. Damit verlor das Unternehmen binnen kurzem drei Milliarden Euro Börsenwert. Zum Schluss kostete die Aktie 77,39 Euro. Sowohl beim Auftragseingang als auch beim Umsatz verfehlte Siemens die Erwartungen des Marktes, beim Gewinn der vier Geschäftsfelder Energie, Industrie, Infrastruktur und Städte sowie Gesundheit sogar deutlich. Viele Kunden hielten sich mit Investitionen zurück, die öffentliche Hand leidet unter klammen Budgets. Sogar die Nachfrage aus China sank um 17 Prozent auf knapp 1,4 Milliarden Euro. Finanzvorstand Joe Kaeser sagte, es gebe im Geschäft mit Automatisierungstechnik für Fabriken eine „deutliche Beruhigung“. Viele Analysten bezweifeln, dass Siemens sein Ziel erreichen und einen Gewinn von sechs Milliarden Euro im Gesamtjahr erwirtschaften kann.

Peter Löscher, der in seiner Rede vor rund 8800 Aktionären in der Münchner Olympiahalle vor allem um Vertrauen warb, formulierte es so: „Auch wenn in der zweiten Jahreshälfte eine Erholung erwartet wird, müssen wir hart arbeiten, um unsere Ziele zu erreichen.“

Größere Probleme als erwartet gibt es in der Windenergie, auf deren Ausbau das Unternehmen große Hoffnungen setzt: Siemens ist Marktführer bei Windkraftanlagen auf hoher See. Derzeit arbeitet Siemens an fünf Projekten mit einem Auftragswert von 1,6 Milliarden Euro. Doch die Anbindung der Windparks an das Festland verzögert sich – wegen regulatorischer Hürden, wie Löscher sagte. Statt 30 bis 34 Monate dauere die Genehmigung 45 Monate oder länger, kritisierte er. Die Verzögerung koste Geld. Siemens schrieb deswegen 203 Millionen Euro ab. Überdies kommt Deutschland im Vorhaben, im Rahmen der Energiewende 10 000 Megawatt an Offshore-Windkraft bis zum Jahr 2020 zu installieren, nicht voran. Derzeit sind 500 Megawatt installiert. In Großbritannien liefe das mit den Genehmigungen einfacher, sagte Löscher. Im Ergebnis brachte die Wind- und die unter hohem Preisdruck stehende Solarenergie Siemens einen Verlust von 48 Millionen Euro ein. Der Bereich fossile Energieerzeugung, zu der auch das Berliner Gasturbinenwerk gehört, erzielte dagegen einen Gewinn von 580 Millionen Euro.

Für das abgelaufene Geschäftsjahr will Siemens eine Dividende von drei Euro je Aktie zahlen. Nahezu alle Anlegervertreter auf der Versammlung kritisierten dies als zu wenig. Corinna Visser

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