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Wirtschaft: Hauptversammlung lobt Vorstandschef Hinrichs - Kritik an Großaktionären Gevaert und Deutsche Bank

Nur etwa 150 anwesende Aktionäre, kaum Kritik aber viel Lob für den neuen Vorstandschef Konrad Hinrichs - die zweite außerordentliche Hauptversammlung des angeschlagenen Baukonzerns Philipp Holzmann innerhalb von drei Monaten tröpfelte am Mittwoch zunächst ruhig vor sich hin. Zum Teil heftige Kritik entzündete sich allerdings an Aufsichtsratsmitglied Andre Leysen, der den belgischen Großaktionär Gevaert vertritt.

Nur etwa 150 anwesende Aktionäre, kaum Kritik aber viel Lob für den neuen Vorstandschef Konrad Hinrichs - die zweite außerordentliche Hauptversammlung des angeschlagenen Baukonzerns Philipp Holzmann innerhalb von drei Monaten tröpfelte am Mittwoch zunächst ruhig vor sich hin. Zum Teil heftige Kritik entzündete sich allerdings an Aufsichtsratsmitglied Andre Leysen, der den belgischen Großaktionär Gevaert vertritt. Er arbeite im Aufsichtsrat gegen Holzmann und solle deshalb sein Mandat niederlegen. Hinrichs bekräftigte im Frankfurter Palmengarten, dass "alle Schadstellen ausfindig" gemacht seien und Holzmann bereits in diesem Jahr mit einem operativen Gewinn von 50 Millionen Mark rechne.

Unruhe kam auf, als die Versammlungsleitung gegen Mittag feststellte, dass der belgische Großaktionär Gevaert nicht stimmberechtigt war. Dessen Vertreter hatten die Reduzierung ihres Aktienanteils von 30 auf 13 Prozent - bedingt durch den Kapitalschnitt und die anschließende Kapitalerhöhung - angeblich nicht formgerecht angemeldet. Nach zwei Stunden war der Streit beigelegt, Leysen durfte abstimmen.

Zuvor hatte Vorstandschef Hinrichs darauf hingewiesen, dass in Deutschland mehr Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren, als bisher angenommen. Jetzt sollen es knapp 3800 Beschäftigte sein. Ende Februar hatte er versichert, es bleibe bei 3500. Für rund 2600 Mitarbeiter ist der Ausstieg bereits vertraglich festgelegt, etwa 1500 wechseln in die Beschäftigungsgesellschaft. In den USA wird Holzmann beim Tochterunternehmen J.A. Jones einige hundert neue Arbeitsplätze schaffen. Insgesamt wird die Zahl der Holzmann-Mitarbeiter weltweit von 27 300 Ende 1999 auf etwa 23 000 zum Ende des laufenden Geschäftsjahres sinken.

Erholung schneller als erwartet

Mehrere Aktionäre lobten in der Hauptversammlung ausdrücklich die Arbeit von Hinrichs und betonten ihren Rückhalt für den Vorstand. Er sei überrascht, dass Holzmann wieder auf so gutem Weg sei, sagte Herbert Hansen von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre. Auch Klaus Nieding, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) fand anerkennende Worte. Umso heftiger kritisierte er allerdings das Verhalten der Deutschen Bank, die angeblich seit zehn Jahren bei Holzmann im laufenden Geschäft kräftig mitgemischt und mehrfach Geld aus dem Unternehmen herausgezogen habe. Aufsichtsratschef und Deutsche Bank Vorstandsmitglied Carl von Boehm-Bezing wies diese Vorwürfe zurück. Es habe keine bevorzugte Behandlung der Deutschen Bank gegeben. Auch die Anträge der DSW, einen besonderen Vertreter einzusetzen und ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben, um die Fehler und mögliche Verstöße des alten Managements zu untersuchen und auf möglichen Schadensersatz zu klagen, fanden keine Mehrheit. Es gebe bereits diverse Gutachten, für die das Unternehmen bislang 80 Millionen Mark ausgegeben habe. Das Geld für weitere Prüfungen könne man sich sparen, hieß es.

Deutlicher Kritik ausgesetzt sah sich auf der Hauptversammlung Gevaert-Vertreter Leysen. Gevaert hatte Ende 1998 für rund 400 Millionen Mark 30 Prozent der Holzmann-Anteile von der Deutschen Bank erworben. Nach der Beinahe-Pleite im November hatte er der Deutschen Bank heftige Vorwürfe gemacht und bereits auf der ersten außerordentlichen Hauptversammlung Ende Dezember Kritik an Boehm-Bezing geübt. Am Mittwoch warfen ihm Aktionäre vor, er habe wenig Grund zu Beschwerden, weil er sich beim Kauf der Anteile das Unternehmen nicht genau genug angeschaut habe. "Wenn man die Katze im Sack kauft und damit ein riskantes Spiel spielt, muss man Niederlagen einstecken können".

Wie erwartet wählten die Aktionäre den ehemaligen Ruhrkohle-Chef Gerhard Neipp in den Aufsichtsrat. Er soll Mitte April als Nachfolger von Boehm-Bezing den Vorsitz übernehmen. Gleichzeitig segneten die Aktionäre die letzten Kapitalbeschlüsse zur finanziellen Sanierung des Unternehmens ab. Die Banken wandeln danach einen Teil ihrer Kredite in Genussrechte um. Damit bekommt Holzmann frisches Eigenkapital in Höhe von 770 Millionen Mark.

ro

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