zum Hauptinhalt

Wirtschaft: „Hedge-Fonds an die Kette legen“

Gewerkschafter fordern Alleingang der Bundesregierung / G-8-Finanzministertreffen in Potsdam

Berlin - Vor dem heute beginnenden Treffen der G-8-Finanzminister in Potsdam haben die Gewerkschaften die Bundesregierung zu einem Alleingang bei der Regulierung von Hedge-Fonds aufgefordert. „Wir müssen Vorreiter sein“, sagte IG-Metall-Vorstandsmitglied Wolfgang Rohde dem Tagesspiegel. „Wenn wir ständig warten, bis der letzte Nachzügler überzeugt ist, dann warten wir Jahrzehnte.“ Auch Verdi-Vorstand Uwe Foullong forderte nationale Aufsichtsregeln für Finanzinvestoren. „In Deutschland wird jede kleine Sparkasse beaufsichtigt“, sagte Foullong. Nur Finanzinvestoren seien von der Aufsicht ausgeschlossen. Die Bundesregierung müsse entsprechende Regeln in ihren Gesetzentwurf für die Branche aufnehmen.

An diesem Freitag und Sonnabend kommen in Petzow bei Potsdam die Finanzminister der führenden Industriestaaten (G 8) zusammen, um den G-8-Gipfel Anfang Juni in Heiligendamm vorzubereiten. Die Bundesregierung will dabei auch über einen internationalen Verhaltenskodex für die umstrittenen Hedge-Fonds verhandeln. Die Gewerkschaften gehen noch weiter. Finanzinvestoren müsse verboten werden, Schulden auf die von ihnen gekauften Firmen zu übertragen, forderte Foullong. „Wenn sie Unternehmen übernehmen wollen, müssen sie das aus eigener Kraft machen“, sagte er. Im deutschen Kreditwesengesetz sollten zudem strengere Eigenkapitalregeln für Banken vorgesehen werden, wenn diese Kredite an Finanzinvestoren vergeben. „Kredite an Private-Equity- oder Hedge-Fonds sind sehr riskant und müssen deshalb auch mit höherem Eigenkapital unterlegt werden“, sagte der Gewerkschafter.

„Das ist Quatsch“, sagte Manfred Weber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, zu dem Vorschlag. „Dahinter steckt doch wieder die Überlegung, das Geschäft unmöglich zu machen.“ Er verwies auf die geltenden Eigenkapitalregeln für Banken, die ausreichend seien. Mehr Transparenz für die umstrittenen Hedgefonds will jedoch auch der Bankenverband. Er setzt dabei aber nicht auf gesetzliche Regelungen, sondern auf einen freiwilligen Verhaltenskodex zwischen den Hedge-Fonds.

Ähnliches hat auch die Bundesregierung im Sinn, kam bisher damit aber nur schleppend voran. Für den G-8-Gipfel in Heiligendamm vom 6. bis 8. Juni hatte die Regierung ursprünglich eine gemeinsame Vereinbarung angestrebt. Doch dieses Ziel ist mittlerweile in die Ferne gerückt. Vor allem die USA und Großbritannien, wo rund 90 Prozent der Hedge- Fonds sitzen, sträuben sich gegen jegliche Transparenzregeln.

Die Zahl der Hedge-Fonds hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdreifacht und beläuft sich Schätzungen zufolge auf mehr als 9000. Sie verwalten ein Vermögen von mehr als 1400 Milliarden Dollar und investieren dieses Kapital weitgehend ohne Kontrolle. Deshalb stehen sie aus verschiedenen Richtungen unter Beschuss. Kritiker fürchten zum einen um die Stabilität des internationalen Finanzsystems, wenn sich große Hedge-Fonds bei ihren riskanten Geschäften verspekulieren oder mehrere Fonds ihr Kapital zurückziehen. Schon 1998 wäre es beinahe zu einem Kollaps der Finanzmärkte gekommen, als der Fonds Long-Term Capital Management (LTCM) ins Trudeln geriet. Im vergangenen Jahr verzockte ein Manager des US-Fonds Amaranth in wenigen Tagen rund sechs Milliarden Dollar bei Wetten auf Gaspreise und brachte damit den gesamten Fonds ins Wanken. Zum anderen stört viele Kritiker, dass die Fonds sich immer stärker in die geschäftlichen Belange großer Unternehmen einmischen. Aktuelles Beispiel ist die Deutsche Börse, deren Großaktionär, der Fonds Atticus, sich zum wiederholten Male gegen einen geplanten Zukauf der Börse stemmt.

Welcher Fonds an welchem Unternehmen beteiligt ist, ist oft nicht ersichtlich. Hier will die Bundesregierung mit einem neuen Gesetz Abhilfe schaffen. In einem Eckpunktepapier des Finanzministeriums wird als mögliche Maßnahme erwogen, dass Aktionäre ab Unternehmensbeteiligungen von zehn Prozent ihre Ziele und die Finanzierung offenlegen müssen. Auch sollen stellvertretende Namenseintragungen im Aktienregister, etwa von Depotbanken oder Vermögensverwaltern, verboten werden. „Das geht grundsätzlich in die richtige Richtung“, sagte IG-Metall-Vorstand Rohde. „Es wird versucht, Hedge-Fonds und Private-Equity-Fonds ansatzweise an die Kette zu legen. Jetzt muss man sehen, dass die Kette hält.“

Stefan Kaiser

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false