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Wirtschaft: Herlitz-Aktionäre schöpfen wieder Hoffnung

Börse honoriert die Ertragsteigerung im ersten Quartal – Entscheidung über einen potenziellen Investor steht noch aus

Berlin (dr). Der Mann, der auf der Hauptversammlung der Herlitz AG das meiste Lob erhielt, war gar nicht anwesend. Gleich mehrfach spendeten die rund 300 anwesenden Aktionäre am Mittwoch in Berlin Beifall für den Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter Peter Leonhardt, der den Papier, Büro- und Schreibwarenkonzern im vergangenen Jahr vor dem Untergang bewahrt hatte.

Doch auch mit den beiden Vorständen Christian R. Supthut und Norbert Strecker gingen die Anteilseigner sehr nachsichtig um. Möglicherweise waren sie ermüdet von den langen und komplizierten Ausführungen des Aufsichtsratsvorsitzenden Hans-Peter Friedrichsen. Dessen Aufgabe war es nämlich, zu erläutern, warum die Gruppe für die Jahre 2001 und 2002 insgesamt elf Abschlüsse vorlegen musste, und warum die Hauptversammlung am Mittwoch sogar offiziell die Fortführung der Herlitz AG beschließen musste. Formaljuristisch befand sich Herlitz bis gestern nämlich noch immer in der Abwicklung.

Die Aktionäre nahmen dies schweigend zur Kenntnis. Lebhafter wurde es erst gegen Mittag – an den Kaffeetischen, die im Versammlungsraum, dem Herlitz-Anlieferungslager in Tegel, aufgestellt worden waren.

Die Aktionäre sind schließlich Kummer gewohnt. Eine Dividende haben sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Und die Frage, wann denn die Zahlungen wieder aufgenommen werden, wurde am Mittwoch erst gar nicht gestellt. Der Kurs der Aktie, 1972 bei 184,50 Mark gestartet, lag am Mittwoch zum Börsenschluss noch bei 4,30 Euro, gegenüber dem Vortag ein Plus von 32,31 Prozent .

Also zumindest ein kleiner Grund zur Zuversicht, die auch der Vorstandsvorsitzende Supthut den Aktionären machte. In den ersten drei Monaten 2003 sei das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit verglichen mit dem ersten Vorjahresquartal um nahezu vier Millionen Euro auf minus 4,8 Millionen Euro verbessert worden. Der Umsatz liege mit 82 Millionen Euro wie geplant um zehn Millionen Euro unter dem Vorjahresquartal. Im Gesamtjahr 2002 setzte Herlitz 376 Millionen Euro um. Supthut verwies darauf, dass die umsatz- und ertragsstarken Monate auf das Schulanfang- und Weihnachtsgeschäft entfallen.

Über die Planung für das Gesamtjahr hüllte sich der Vorstand trotz mehrmaliger Nachfragen in Schweigen. Begründung: Die überwiegend mittelständische Konkurrenz veröffentlicht überhaupt keine Zahlen. Auch über den Einstieg eines Investors erfuhren die Aktionäre nichts Neues. Seit Wochen wird über einen Einstieg des schwedischen Schreibwarenkonzerns Esselte spekuliert.

Norbert Strecker erläuterte die neue Zwei-Säulen-Strategie von Herlitz – die Aufteilung in Produktion und Dienstleistungsbereich. In letzterem Bereich arbeiten derzeit 955 der insgesamt rund 3000 Mitarbeiter. Doch auch hier, keine Zahlen zu Margen und Gewinnbeiträgen. Diese wird aber wohl der Aufsichtsrat bekommen, der am Mittwoch neu gewählt wurde. Nachfolger von Friedrichsen, der nach 25 Jahren im Unternehmen dankende Worte erhielt, wird Harald J. Schröder. Schröder war stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsleitung der Merck KGaA.

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