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Wirtschaft: Herlitz-Chef steht vor dem Rücktritt

Aufsichtsrat vermisst ein Zukunftskonzept

Berlin - Beim Berliner Büroartikelanbieter Herlitz bahnt sich erneut ein Führungswechsel an. Wie das Handelsblatt aus unternehmensnahen Kreisen erfuhr, wird Firmenchef Jan Van Riet am heutigen Donnerstag auf Druck des Aufsichtsrats vom Vorstandsvorsitz zurücktreten.

Der gebürtige Hamburger belgischer Nationalität hatte erst Anfang des vergangenen Jahres die Nachfolge von Christian Supthut angetreten, nachdem der US-Investor Advent International über eine Luxemburger Tochter als Mehrheitsgesellschafter eingestiegen war. Supthut wechselte in den Aufsichtsrat.

Van Riet wird offenbar vorgeworfen, dass er noch immer kein klares Konzept für die Zukunft von Herlitz vorgelegt hat. Auf der letzten Aufsichtsratssitzung vor rund vier Wochen habe er nur „Floskeln“ gebraucht. Teile des Aufsichtsrates seien „regelrecht entsetzt“ gewesen, erfuhr der Tagesspiegel. Favorisiert wird jetzt offenbar Jan von Schuckmann, der für Finanzen zuständige zweite Vorstand von Herlitz. Er wird als „kompetent“ bezeichnet.

Möglich ist aber auch, dass Herlitz-Aufsichtsratschef Georg Domizlaff das Steuer vorerst selbst in die Hand nehmen wird. Eine Sprecherin des Unternehmens wollte den Vorgang nicht kommentieren, auch bei Mehrheitsgesellschafter Advent hieß es: „Kein Kommentar.“

Für die Private-Equity-Gesellschaft hat sich die Übernahme des Traditionsunternehmens bislang nicht ausgezahlt. An der Börse, wo immer noch 34 Prozent der Aktien frei gehandelt werden, verringerte sich der Wert seither um fast ein Fünftel. Auch auf eine Dividende mussten die neuen Mehrheitseigentümer bislang verzichten. Insider vermuten, dass Advent ursprünglich nach einer Haltefrist von maximal vier Jahren den gewinnbringenden Ausstieg bei Herlitz geplant hatte. Doch für einen Weiterverkauf scheint der Büroartikler, der 2002 in die Insolvenz rutschte und anschließend durch umfangreiche Firmenverkäufe und Entlassungen saniert wurde, noch längst nicht reif.

Zwar kehrte Herlitz im vergangenen Jahr mit einem Betriebsgewinn von 3,9 Millionen Euro in die schwarzen Zahlen zurück. Unterm Strich blieben der Gesellschaft aber gerade einmal 600 000 Euro – bei einem um 9,1 Prozent auf 308 Millionen Euro gesunkenen Umsatz. Als Begründung für den Umsatzrückgang gab Vorstandschef Van Riet das schwache Abschneiden im Lebensmitteleinzelhandel an, wo Herlitz bei Ausschreibungen bei einem nicht näher benannten Kunden nicht zum Zuge gekommen war.

Van Riet, der auch für das laufende Jahr einen Umsatzrückgang befürchtet, wollte die Umstrukturierung des Papier-, Büro- und Schreibwarenherstellers in diesem Jahr abschließen. Bis Ende Mai soll der Umzug der Produktion von Tegel nach Falkensee bei Spandau beendet sein, wo das riesige Logistikzentrum von Herlitz steht. In Falkensee arbeiten dann insgesamt 900 Mitarbeiter. In Tegel, wo auch künftig der Sitz der Verwaltung sein wird, werden es zum Jahresende noch 100 sein. Die Immobilien an beiden Standorten waren nach der Insolvenz 2002 verkauft worden, Herlitz hat die Gebäude zurückgemietet. Ende des Jahres will das Unternehmen weltweit noch 2300 Mitarbeiter beschäftigen, davon 1500 in Deutschland.

Für die schwachen Zahlen sehen Experten aber auch Advent in der Verantwortung. Der Investor habe seit der Übernahme immer noch kein Konzept vorgelegt, wie es mit dem Unternehmen weitergehen soll.

Daniel Rhee, HB

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