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Wirtschaft: Hersteller mixen Alcopops neu

Statt Schnaps kommt jetzt Wein in die Flaschen / Regierung droht mit neuer Abgabe

Berlin - Die Getränkeindustrie hat mit dem Inkrafttreten der Sondersteuer auf branntweinhaltige Mixgetränke (Alcopops) begonnen, ihre Rezepturen auf andere Alkoholsorten umzustellen. Statt Schnaps enthalten die Mixgetränke jetzt Alkohol auf Wein- oder Bierbasis. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), drohte am Montag damit, auch gegen diese Getränke vorzugehen: „Sollte es zu einer Substitution der Alcopops kommen, wird der Gesetzgeber handeln.“

Die Sondersteuer auf Alcopops ist seit Montag in Kraft. Die Abgabe beträgt 80 bis 90 Cent für eine handelsübliche Flasche mit einem Inhalt von 0,275 bis 0,33 Liter. Sie gilt für alle Mixgetränke auf der Basis von Branntwein, während Mischgetränke auf der Basis von Wein oder Alkohol davon ausgenommen sind. Ziel der Sondersteuer ist es, den Alkoholkonsum unter Jugendlichen zu verringern, erklärte Caspers-Merk. Im vergangenen Jahr hat sich der Absatz der Alcopops auf rund 70 Millionen Flaschen (mit 0,275 Liter Inhalt) mehr als verdoppelt.

Die Getränkeindustrie hält das Alcopop-Gesetz für verfassungswidrig. Der Spirituosenhersteller Diageo Deutschland hat daher beim Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag gegen die Sondersteuer eingereicht. Diageo verkauft mit „Smirnoff Ice“ eines der beliebtesten Mixgetränke. Die Hersteller erwarten als Folge der Verteuerung einen massiven Umsatzeinbruch in diesem Marktsegment. „Bereits im ersten Halbjahr ist der Verkauf von Alcopops zurückgegangen“, sagte Holger Ziekesch, Sprecher von Diageo Deutschland, dem Tagesspiegel. Der Handel liste die Alcopops bereits aus. „Wir verkaufen nur noch Restbestände. Statt 20 Sorten Alcopops haben wir jetzt noch vier weinhaltige Cocktails im Angebot“, sagte ein Sprecher der Rewe- Gruppe, zu der die Supermärkte Minimal und der Discounter Penny gehören.

Gleichzeitig sei die Marke „Ducanoff“, die exklusiv in den Rewe-Geschäften vertrieben wird, von Wodka- auf Weinbasis umgestellt worden. „Wir sehen uns nicht als Vormund des Verbrauchers. Der Kunde soll selbst entscheiden, was er kauft“, sagte der Rewe-Sprecher. Genauso geht der Getränkekonzern Berentzen bei seinem Mixgetränk „Puschkin Vibe“ vor. „Weinbasierte alkoholische Mixgetränke anzubieten, ist für den Verbraucher nachvollziehbar. Diesen Schritt sind wir im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gegangen“, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel.

„Wir schätzen, dass rund 80 Prozent aller Handelsmarken auf Weinbasis umstellen werden“, heißt es in Kreisen der Getränkeindustrie. „Das führt nur dazu, dass das Alter der Konsumenten auf 16 Jahre gedrückt wird.“ Während Alcopops schon bisher nur an Jugendliche über 18 Jahre verkauft werden durften, gilt für Wein- und Biermixgetränke 16 Jahre als Altersgrenze. Zudem sind diese Getränke rund 20 Cent pro Flasche billiger, weil keine Branntweinsteuer erhoben wird.

Die Drogenbeauftragte Caspers-Merk warnte die Industrie am Montag ausdrücklich davor, die Getränke auf neue Rezepturen umzustellen, um die neuen Regelungen zu umgehen. Im Gesetz sei ausdrücklich eine Beobachtungsklausel vorgesehen. In einem Jahr werde sie dem Bundestag einen Bericht vorlegen, der „die Marktentwicklung von Alcopops und vergleichbaren Getränken“ unter die Lupe nehmen wird. Dann könnte die Sondersteuer auch auf andere Mixgetränke ausgedehnt werden. Allerdings räumte sie ein, dass Wein- und Biersteuern in die Kompetenz der Bundesländer fallen. Der Bundesrat hatte das Alcopop-Gesetz abgelehnt.

„Ich glaube nicht, dass Jugendliche auf bier- und weinhaltige Marken ausweichen, da sie nicht so gut schmeckten und nicht im Markenbewusstsein der Kids verankert sind“, sagte Caspers-Merk. Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Getränkehersteller hat dagegen ergeben, dass 63 Prozent der befragten Jugendlichen zwischen elf und 20 Jahren auf andere alkoholische Mixgetränke umsteigen wollen.

Die Bundesregierung rechnet durch die Sondersteuer mit Mehreinnahmen von rund fünf Millionen Euro, die in eine verstärkte Präventionsarbeit fließen sollen.

Maurice Shahd

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