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Wirtschaft: Höhere Strafen für deutsche Vorstände

Regierung will Unternehmensrecht verschärfen – Auch Ausländer müssen in den USA jetzt ihre Bilanzen beeiden

Berlin/New York (asi/pf). Angesichts der jüngsten Bilanzfälschungen in den USA will die Bundesregierung das Unternehmensrecht auch in Deutschland weiter verschärfen. Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) legten dazu am Mittwoch ein Zehn-Punkte-Papier vor, das direkt nach der Bundestagswahl am 22. September umgesetzt werden soll.

Danach sollen unter anderem Vorstandsmitglieder künftig mit ihrem persönliche Vermögen bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschinformationen haften. Auch die Strafen für vorsätzlichen Bilanzbetrug sollen erweitert werden. Die Justizministerin sagte, „das Ausmaß ist zum Teil so groß, dass drei oder fünf Jahre Haft nicht ausreichen“.

Wirtschaftsminister Müller mahnte allerdings zu Augenmaß bei den Neuregelungen. Es müsse sehr genau darauf geachtet werden, dass die Risikobereitschaft der Unternehmensleitungen nicht abgewürgt werde. Die Regierung sei sich jedoch einig, dass die bestehenden Mechanismen zur Überwachung der Korrektheit von Jahresabschlüssen verbessert werden müssten. Dabei gehe es aber nicht um die Einführung einer staatlichen „Bilanz-Polizei“, sagte Müller. Vielmehr solle eine zusätzliche Kontrollinstanz geschaffen werden, die privatwirtschaftlich organisiert werden könne. „Wir müssen fürnoch mehr Markttransparenz sorgen und die Rechte der Aktionäre weiter stärken.“

In den USA hat derweil die amerikanische Börsenaufsicht SEC (Securities & Exchange Commission) einstimmig beschlossen, dass die Vorstands- und Finanzchefs börsennotierter Unternehmen wie auch die Chefs vonAnlagefonds ihre Bilanzen beeidigen müssen. Die neuen Vorschriften gelten zum großen Teil auch für ausländische Firmen. Elf der 22 an der New York Stock Exchange notierten deutschen Unternehmen hatten bei der SEC Ausnahmeregeln gefordert. Sie argumentierten, die verschärften Pflichten seien mit dem deutschen Bilanzrecht zum Teil unvereinbar. Alan Beller, ein SEC-Spitzenbeamter, sagte jedoch, er glaube die neuen Regeln seien weit genug gefasst, um damit leben zu können. Gleichzeitig deutete er aber Zugeständnisse zu einem späteren Zeitpunkt an.

Noch keine Entscheidung gibt es in der Frage der Zusammensetzung des Aufsichtsrates. Auf Vorschlag der SEC sollen Aufsichtsräte mit firmen-unabhängigen Mitgliedern besetzt werden. Dies könnte mit dem aus Vorstand und Aufsichtsrat bestehenden deutschen System kollidieren, das den Arbeitnehmern einen Sitz im Aufsichtsrat einräumt. Der BDI kritisierte die Entscheidungen der SEC am Mittwoch. Dies sei „keine Werbemaßnahme für den Standort USA“, hieß es. Einen Rückzug deutscher Firmen vom amerikanischen Markt schloss der Bundesverband der Deutschen Industrie jedoch aus. Justizministerin Däubler-Gmelin sagte, sie lehne eine entsprechende Regelung in Deutschland ab.

Viele deutsche Unternehmen in den USA hoffen, die SEC werde börsennotierte ausländische Unternehmen von den Verpflichtungen befreien. Denn die volle Anwendung des Gesetzes würde „einschneidende Folgen“ für sie haben; der bisherigen SEC-Praxis würden Ausnahmen jedoch widersprechen.

Mit dem neuen Gesetz soll das stark erschütterte Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte wieder hergestellt werden. Künftig müssen die Verantwortlichen bei den Unternehmen bei Falschangaben mit Gefängnisstrafen bis zu 20 Jahren und Geldstrafen bis zu fünf Millionen Dollar rechnen. Optimisten glauben, wenn die Konzernlenker eidestattliche Versicherungen abgeben, werde das Vertrauen in die Kapitalmärkte zurückkehren.

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