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Wirtschaft: Holzmann-Prozess: Deutsche Bank muss sich verantworten

In den vergangenen Monaten ist es ruhig geworden um den angeschlagenen Baukonzern Philipp Holzmann und seinen Groß-Aktionär Deutsche Bank. Spätestens am heutigen Freitag wird es wieder lauter - vor Gericht.

In den vergangenen Monaten ist es ruhig geworden um den angeschlagenen Baukonzern Philipp Holzmann und seinen Groß-Aktionär Deutsche Bank. Spätestens am heutigen Freitag wird es wieder lauter - vor Gericht. Der Grund: Die belgische Gevaert-Gruppe und damit der andere Holzmann-Großaktionär, fühlt sich von der Bank und vom Baukonzern hinters Licht geführt und fordert rund 400 Millionen Mark Schadenersatz. "Abwegig", heißt es bei der Deutschen Bank und bei Holzmann. Gevaert hatte im Herbst 1998 für rund 400 Millionen Mark 30 Prozent der Holzmann-Aktien - im Wesentlichen von der Deutschen Bank - und zusätzlich Anleihen des Unternehmens erworben. Elf Monate, bevor der Konzern fast Pleite ging. Bank und Baukonzern hätten die wahre Lage des Unternehmens schon gekannt, sagt Gevaert.

Schon im März vergangenen Jahres hatten die Belgier Klage eingereicht. Sie fordern von Holzmann und der Deutschen Bank gemeinsam 75 Millionen Mark plus Zinsen und von der Deutschen Bank alleine insgesamt rund 321 Millionen zuzüglich Zinsen sowie noch einmal Zinsen von rund 62 Millionen Mark. "Wir wollen unser Geld zurück. Deshalb klagen wir", sagt Gevaert-Chef André Leysen. Die belgische Beteilungsholding begründet ihre Forderung mit der angeblich unrichtigen Darstellung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage des Baukonzerns im Börsenzulassungsprospekt, den die Deutsche Bank damals für die Anleihen verfasst hatte. Auch in den Verhandlungen für den Aktienverkauf habe sie die prekäre Lage von Holzmann nicht erwähnt. Damit zielt Leysen besonders auf Deutsche Bank-Vorstandsmitglied Carl von Boehm-Bezing, der damals Aufsichtsratschef von Holzmann war. Ihm müsse die Situation bekannt gewesen sein, sagte Leysen.

Offiziell nehmen Bank und Baukonzern zur Klage nicht Stellung. Inoffiziell ist längst durchgedrungen, dass sie die Forderung für völlig abwegig halten. Boehm-Bezing hat zudem immer bestritten, von den Problemen bei Holzmann vor Herbst 1999 gewusst zu haben. In "beispielloser Deutlichkeit" sei im Börsenprospekt auf die "erheblichen Risiken" bei Holzmann hingewiesen worden, heißt es in internen Papieren der Deutschen Bank. Es habe auch nie eine Anlageempfehlung gegeben. Leysen hält die Bank sogar Rechtsmissbrauch vor, weil er noch Ende 1999 den Eindruck erweckt habe, er stütze die Rettungsaktion für Holzmann.

Leysen wird als Spekulant bezeichnet, der ganz bewusst in risikoträchtige Unternehmen investiere. Deshalb könne er nicht den "betrogenen Kleinanleger" spielen. Im Falle Holzmann habe Gevaert "in vollem Bewusstsein" der Risiken agiert. Die Prospekte hätten "beispiellos detailliert und schonungslos" darauf hingewiesen. Selbst bei flüchtiger Lektüre hätte dies auffallen müssen, heißt es in der internen Unterlage der Bank. Im Übrigen habe Holzmann schon in den Jahren davor "Milliardenverluste" erlitten. "Mit seiner Klage versucht Herr Dr. Leysen nicht nur, seine hohen Verluste aus einer fehlgeschlagenen Spekulation auf Dritte abzuwälzen, sondern er nimmt dabei auch die Vereitelung der mit größten Mühen eingeleiteten Sanierung der Holzmann AG und die Vernichtung von Tausenden von Arbeitsplätzen ungerührt in Kauf." Leysen hat die Vorwürfe, er sei ein Spekulant, Mitte der Woche entschieden zurückgewiesen.

Angesichts der harten Fronten wird sich das Verfahren nach Ansicht von Experten über Jahre hinziehen. Die Deutsche Bank wird alles daran setzen, die Klage abzuschmettern, um nicht eine Basis für andere Klagen über Prospekthaftung zu schaffen. Und Holzmann wird ohnehin nicht endgültig Pleite gehen, zumal sich die Forderung gegenüber dem Baukonzern auf etwa 40 Millionen Mark beschränkt.

Gleichzeitig hofft Holzmann in den laufenden Prozessen gegen sechs ehemalige Vorstandsmitglieder auf Schadenersatz in Millionen-Höhe. Freilich ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft auch gegen Boehm-Bezing und Ex-Holzmann-Chef Heinrich Binder: Es gibt Vorwürfe, dass beide schon Ende 1997 von den Problemen gewusst haben. Wenn das stimmt, hätte Leysen keine schlechten Karten.

ro

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