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Hypo Real Estate: Gerettet – und bald zerschlagen?

Nach der Rettung der Hypo Real Estate sollen vier Tochtergesellschaften als Sicherheit an die Kreditgeber verpfändet werden. Die Opposition kritisiert, der Steuerzahler dürfe nicht für die Fehler der Regierungen aufkommen.

Der Münchner Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) könnte nach seiner Notrettung schrittweise zerschlagen werden. Das geht aus einem Schreiben der Bundesbank und der Finanzaufsicht Bafin an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Demnach sollen die vier Tochtergesellschaften, die die HRE-Gruppe ausmachen, als Sicherheit für gewährte Kredite an einen Pool von Banken abgetreten werden. Diese können die Töchter dann verkaufen. Sollte dabei weniger herausspringen, als die Töchter laut Bilanz der HRE wert sind, „werden auch die Risikokapitalgeber der HRE-Gruppe (Aktionäre der HRE-Holding) einen gehörigen Anteil an den Kosten des Rettungskonzepts tragen“, heißt es in dem Papier.

Wird dieser Plan in die Tat umgesetzt, wäre dies das Ende des Unternehmens in seiner bisherigen Form. Es würde nur noch ein Konzernmantel übrig bleiben. Finanzminister Steinbrück sprach am Dienstag denn auch erneut von einer „geordneten Abwicklung“ des Unternehmens. Bafin-Chef Jochen Sanio, der das Papier mitunterschrieben hat, interpretiert den Plan anders: „Der Kredit wurde der Bank gewährt, um ihre Liquiditätsschwierigkeiten zu beseitigen, nicht um sie zu liquidieren“, sagte er. Eine Auflösung des Instituts könne es nur dann geben, wenn die Kredite der Banken bei Fälligkeit nicht zurückgezahlt würden.

Die Hypo Real Estate sieht ihr Überleben als gesichert an. „Eine Abwicklung steht nicht zur Disposition und ist auch rechtlich gar nicht möglich“, hieß es am Dienstag aus Konzernkreisen. Nur die Aktionäre könnten einen Auflösungsbeschluss fassen.

Unklar, wer die restliche Bürgschaft übernimmt

Um den Zusammenbruch zu verhindern, hatten mehrere Banken in der Nacht zum Montag einen Kredit angeboten. Insgesamt geht es um 35 Milliarden Euro, wovon 15 Milliarden Euro von der Kreditwirtschaft und 20 Milliarden von den Zentralbanken stammen. Der Bund soll für einen Großteil des Betrags, 26,6 Milliarden Euro, bürgen. Diese Bürgschaft wird jedoch erst dann fällig, wenn tatsächlich Verluste anfallen und die Sicherheiten der Bank, also Kredite und Wertpapiere, aufgefressen sind.

Unklar ist, wer die übrigen 8,4 Milliarden Euro der Bürgschaft übernimmt. Wie der Bankenverband und das Finanzministerium am Dienstag bestätigten, werden bisher lediglich drei Milliarden Euro von den beteiligten privaten Banken getragen. Finanzkreisen zufolge laufen derzeit Verhandlungen mit anderen Finanzinstituten wie etwa Versicherern oder öffentlich-rechtlichen Instituten, wer die restlichen 5,4 Milliarden Euro übernehme.

Bundesbankpräsident Axel Weber zufolge gab es zu der dramatischen Rettungsaktion keine Alternative. Es habe „ein Totalstillstand“ des Geldsystems gedroht, sagte er am Dienstag vor der SPD-Fraktion in Berlin. Wenn man nicht gehandelt hätte, wäre der Geschäftsverkehr zwischen den Instituten, „gecrasht“.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte die Bürgschaft des Bundes. Die Union will mehr Einfluss der Politik auf die Unternehmen geltend machen. Fraktionschef Volker Kauder sagte, wo der Bund Bürgschaften übernehme, sollten auch Bonussysteme oder Abfindungen von Managern abgeschafft werden.

Bürgschaft des Bundes unter Kritik

Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki kritisierte die Bürgschaft des Bundes. „Es kann nicht sein, dass durch das Vorgehen der Regierungen in der Bankenkrise der Eindruck entsteht, dass für das Fehlverhalten und in der Folge die Verluste vor allem der Steuerzahler aufkommen muss“, sagte der schleswig-holsteinische Fraktionschef dem Tagesspiegel. „Dieser Eindruck, der zurzeit an den Finanzmärkten entsteht, ist fatal.“ Das deutsche Aktienrecht sehe sowohl für Vorstände als auch für Aufsichtsräte ausdrücklich Sanktionen vor, wenn ihnen Pflichtverletzungen vorgeworfen werden können.

Die Grünen attackierten die private Kreditwirtschaft. „Die Beteiligung der Privatbanken muss deutlich über das bislang verhandelte Ergebnis hinaus ausgeweitet werden“, sagte Haushaltsexperte Alexander Bonde. Kritik kam auch von den Gewerkschaften. Der DGB bezeichnete die öffentliche Nothilfe als Schlag ins Gesicht der Steuerzahler. „Zweifelsohne musste die Bank gerettet werden. Völlig inakzeptabel ist jedoch, dass die Steuerzahler mit 26,6 Milliarden Euro bürgen, dafür aber keine Gegenleistung bekommen“, sagte DGB-Vorstand Claus Matecki.

Anlegerschützer prüfen nach dem drastischen Kurseinbruch vom Montag eine Anzeige gegen den Vorstand der HRE. Es bestehe der Verdacht, dass das Unternehmen die Öffentlichkeit zu spät informiert habe, sagte die bayerische Landesvorsitzende der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Daniela Bergdolt.

Stefan Kaiser

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