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Wirtschaft: IG Metall nennt Angebot eine „Frechheit“

Gewerkschaft lehnt Vorschlag der Arbeitgeber im Tarifstreit als unzumutbar ab und kündigt Arbeitskämpfe an

Böblingen (dpa). Die IG Metall hat das bundesweit erste Arbeitgeberangebot im Tarifkonflikt der Metall und Elektroindustrie zurückgewiesen. Die Arbeitgeber hatten am Freitag im Südwesten eine zweistufige Tariferhöhung um je 1,2 Prozent vorgeschlagen, verknüpft mit der Möglichkeit, die wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden auszuweiten. Der baden-württembergische IG Metall-Chef Jörg Hofmann nannte das Angebot in der dritten Tarifrunde in Böblingen „unzumutbar“. Die Gespräche wurden ergebnislos auf kommenden Dienstag vertagt.

Die einzelnen Erhöhungsstufen haben in dem Arbeitgeberangebot unterschiedliche Laufzeiten. Zunächst sollen die Löhne und Gehälter der 800 000 Beschäftigten rückwirkend vom 1. Januar 2004 an für 15 Monate um 1,2 Prozent angehoben werden. Die zweite Erhöhung um 1,2 Prozent soll dann am 1. April 2005 folgen. Der Tarifvertrag soll nach einer Laufzeit von 27 Monaten am 31. März 2006 auslaufen. Die IG Metall fordert in der Metall- und Elektroindustrie eine Erhöhung um vier Prozent bei zwölf Monaten Laufzeit.

In einem weiteren Tarifvertrag mit drei Jahren Laufzeit soll nach dem Willen der Arbeitgeber die Möglichkeit betrieblicher Öffnungsklauseln verankert werden. Die Betriebe sollen die Arbeitszeit ohne Genehmigung der Tarifvertragsparteien auf bis zu 40 Stunden pro Woche ausdehnen können. Voraussetzung soll nunmehr lediglich eine Vereinbarung zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat sein. Für eine Arbeitszeitausweitung soll es vollen, teilweisen oder gar keinen Lohnausgleich geben können.

„Eine Provokation“

Diese Regelung solle den Betrieben helfen, insbesondere bei Modernisierungs- und Standortinvestitionen ihre Mitarbeiter auch ohne entsprechende Bezahlung länger arbeiten zu lassen, sagte Südwestmetall-Chef Otmar Zwiebelhofer. Er betonte, dass beide Elemente gemeinsam in den Abschluss einfließen müssten. Dies hatte die Gewerkschaft bislang abgelehnt.

Gewerkschafts-Vize Berthold Huber sprach von „einer Frechheit und Beleidigung für unsere Leute“. Bei einer solchen Erhöhung springe nicht einmal ein Euro brutto pro Tag heraus. Hofmann kritisierte, das Angebot sei in Höhe und Laufzeit eine Provokation. Er bekräftigte die Forderung nach vier Prozent mehr Einkommen. Dafür hatten unmittelbar vor der Tarifrunde mehr als 1000 Beschäftigte demonstriert.

Hofmann unterstrich die Streikbereitschaft der Metaller. „Die Nerven liegen insbesondere wegen der Arbeitgeber-Forderung nach unbezahlter Mehrarbeit blank“, sagte er. Er rechne mit Warnstreiks nach Ablauf der Friedenspflicht am 28. Januar. In dem traditionellen Pilotbezirk war während der Tarifrunde 2002 mit einem Streik ein Tarifvertrag mit zweistufigen Erhöhungen von vier und 3,1 Prozent errungen worden. Dagegen nannte Südwestmetallchef Otmar Zwiebelhofer das Angebot „fair“, weil es ungeachtet der Probleme der Branche den Arbeitnehmern keine Einkommensverluste zumute, sondern einen Einkommenszuwachs gewähre. Er betonte: „Ein weiteres Draufsatteln wie in Zeiten kräftigen Wachstums wäre ein unverantwortliches Spiel mit Lebensstandard und Arbeitsplätzen in Deutschland.“ Als weiterer Verhandlungstermin wurde der 5. Februar festgesetzt.

Seit Ende November schon steht die Forderung der IG Metall nach vier Prozent mehr Lohn und Gehalt für die bundesweit 3,4 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie. Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser hatte Mitte Dezember verkündet, dass die Arbeitnehmer sich auf Lohnzuwächse einstellen müssten, „die unterhalb der Produktivitätsentwicklung von 1,4 Prozent liegen“. Das Angebot in Baden Württemberg ist jetzt das bundesweit erste Angebot.

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