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Wirtschaft: Ihr Platz schließt 80 Filialen

Offenbar auch vier Berliner Drospa-Märkte betroffen – deutschlandweit werden 900 Stellen gestrichen

Berlin - Die insolvente Drogeriekette Ihr Platz, zu der rund 90 Drospa-Geschäfte in Berlin gehören, will für die geplante Sanierung 80 Filialen schließen und insgesamt 900 Arbeitsplätze abbauen. Nach Informationen des Tagesspiegels sind auch vier Drospa-Märkte betroffen. In den kommenden Wochen werde Ihr Platz mit der Schließung der Filialen beginnen, kündigte das Unternehmen am Donnerstag in Osnabrück an. In Branchenkreisen hieß es, Konkurrent dm habe Interesse, die Filialen von Ihr Platz zu übernehmen. Bei dm in Karlsruhe wollte man sich dazu allerdings nicht äußern: „Wir geben keine Stellungnahme ab.“

Etwa zwei Drittel der wegfallenden Stellen seien Teilzeitjobs, sagte Insolvenzexperte Horst Piepenburg, der seit Ende Mai Mitglied der Ihr-Platz-Geschäftsleitung ist. Neben 80 Filialen soll auch das Zentrallager im hessischen Niederaula mit 214 Mitarbeitern geschlossen werden, sagte Piepenburg. Desweiteren werden in der Verwaltung 50 Stellen gestrichen. Etwa zwei Drittel der wegfallenden Stellen seien Teilzeitjobs, sagte Piepenburg. Erste Gespräche mit dem Betriebsrat würden noch in dieser Woche geführt. „Wir befürchten, dass es dabei auch zu betriebsbedingten Kündigungen kommen wird“, hieß es bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

Mit einer neuen Konzernstruktur hofft das Management dann in die Gewinnzone zurückzukehren. Piepenburg sagte, er sei zuversichtlich, rund 90 Prozent aller Filialen und damit etwa 8000 Arbeitsplätze erhalten zu können. Die Umsatzentwicklung seit Ende Mai sei „positiv“ gewesen. Mit der Mehrzahl der Lieferanten habe man sich über eine langfristige Belieferung geeinigt, Warenfluss und Geschäftsbetrieb seien sichergestellt. Ihr Platz, in der Drogeriebranche die Nummer fünf, hatte im Mai wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz beantragt und gleichzeitig einen Restrukturierungsplan vorgelegt. Ihr Platz will die Krise selbstständig meistern und das Unternehmen als Ganzes erhalten.

Im Drogeriegeschäft wird derzeit hart gekämpft – um Marktanteile, Kunden, Standorte und gegen die Konkurrenz der Discounter. Möglichkeiten zu wachsen hat die Branche in Deutschland kaum noch: 20000 Drogeriegeschäfte gibt es hier zu Lande. Wenn noch ein neuer Drogeriemarkt eröffnet wird, bedeutet das zumeist, dass ein anderer schließen muss.

Die großen Drei sind Schlecker mit rund 10800 Filialen in Deutschland, Rossman mit 1120 und dm mit 700. Lange galt unter ihnen eine Art Nichtangriffspakt und eine klare Trennung der Verkaufsgebiete. Rossmann war im Norden und Osten Deutschlands tätig, dm konzentrierte sich auf den Süden. Das ist mittlerweile anders: Im vergangenen Jahr hatte Rossmann rund 70 Filialen der angeschlagenen Drogeriekette kd übernommen und ist seitdem in ganz Deutschland vertreten. Das Unternehmen sicherte sich zudem die Kaufoption auf weitere 320 kd-Märkte, die spätestens 2006 in Rossmann-Rot erstrahlen sollen. Und auch Konkurrent dm hält sich nicht mehr an die alte Verkaufsgebietsaufteilung – die Karlsruher haben bereits ihre zweite Filiale in Berlin eröffnet.

Das nötige Geld für die Aufholjagd bekommt Rossmann von dem chinesischen Mischkonzern Hutchison Whampoa, der 40 Prozent an der deutschen Drogeriekette hält. „Seit der Beteiligung von Hutchison Whampoa konnte Rossman sein Wachstumstempo stark steigern, weil eine aggressive Aktionspreis-Strategie durch die monetäre Rückendeckung aus Asien möglich ist“, sagte Thomas Roeb, Handelsexperte an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg, auf der Euroforum-Jahrestagung „Drogeriemärkte“ Anfang Juni. Um Marktanteile zu gewinnen, werde sogar Unprofitabilität in Kauf genommen. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass das nur der Anfang einer neuen Konstellation auf dem deutschen Drogeriemarkt sein wird. „Jetzt, wo alle drei großen Marktbeteiligten das nationale Geschäft im Blick haben, wird der Verdrängungswettbewerb schärfer werden.“

Dagmar Rosenfeld

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