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© dpa

IKEA: Baust du schon?

Das schwedische Möbelhaus will Fertighäuser verkaufen. Billig sind sie nicht.

Berlin - Von Liebe auf den ersten Blick kann man bei Frank Härder nicht sprechen. Die Gebäude sähen aus wie „Baracken, in die man zwei Löcher reingestemmt hat“, befand der hessische CDU-Lokalpolitiker, nachdem er ein paar Schwarz-Weiß-Fotos der Fertighäuser gesehen hatte, die Ikea in seinem Wahlkreis Hofheim-Langenhain zu bauen gedenkt. Also ließ er das Bauvorhaben erst mal stoppen.

Dass Ikea mit seinem Plan, den deutschen Markt für Fertighäuser aufzurollen, ausgerechnet in Hofheim auf Widerstand stößt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Schließlich befindet sich hier im Taunus zwischen Wiesbaden und Frankfurt am Main die Deutschlandzentrale des schwedischen Möbelkonzerns.

Inzwischen gibt es mehr zum Angucken als Fotos. Auf dem Parkplatz der Hofheimer Filiale steht seit Neuestem ein Demonstrationsobjekt der Gebäude, die Ikea dieses Jahr hier, in Wiesbaden, Offenbach und im Raum Nürnberg bauen will. Insgesamt 80 Stück sollen es in einem ersten Schritt werden. In Skandinavien und Großbritannien stehen bereits 4000 der Häuser, die Ikea mit den Worten Gemeinschaftlichkeit, Naturverbundenheit und natürliche Sparsamkeit bewirbt. Bo-Klok (Bu-Kluck gesprochen) heißt der Eigenentwurf, was auf Schwedisch „wohne klug“ bedeutet.

„Das Modellhaus stand nach nur zwei Wochen“, sagt Philipp Mühlbauer, Geschäftsführer des Fertighausunternehmens Bien-Zenker stolz. Die Firma übernimmt Planung und Umsetzung des Baus in Deutschland, Ikea den Vertrieb. Die Partnerwahl war einfach. Bien-Zenker hat die würfelförmigen Holzrahmenhäuser auch schon in Skandinavien gebaut.

Dass Ikea in den Markt für Fertighäuser einsteigen will, stößt in der Branche allerdings auf Verwunderung. „Der Markt für Einfamilienhäuser bricht seit Jahren weg“, sagt ein westdeutscher Hersteller von Fertighäusern. Dass jetzt ein Weltkonzern wie Ikea auf dem Markt auftauche, verschärfe den Wettbewerb natürlich noch einmal. Der Zentralverband des deutschen Baugewerbes (ZDB) bestätigt, dass der Umsatz der Baubranche im Jahr 2009 rund vier Prozent zurückgegangen sei. Dieses Jahr soll es noch schlechter aussehen. Der Bereich Fertighäuser, der einen konstanten Marktanteil von gut 15 Prozent habe, bilde dabei keine Ausnahme.

Ikea glaubt trotzdem an seine Chance. „Wir denken, dass es in Deutschland wie auch in Schweden Interesse und Bedarf an bezahlbarem Wohnraum gibt“, erklärte eine Sprecherin. Das sieht der ZDB genau so. „Das Problem bisher und vor allem seit dem Wegfall der Eigenheimzulage ist, dass sich viele Menschen eine eigene Immobilie schlicht nicht leisten können“, sagt eine Sprecherin. Besonders billig findet sie die Ikea-Häuser jedoch nicht. Wohnungen soll es ab 99 900 Euro geben, ein 100-Quadratmeter-Reihenmittelhaus in Offenbach soll knapp 180 000 Euro kosten – inklusive Grundstück, dafür aber immer ohne Keller. „Ein Schnäppchen ist das nicht unbedingt.“

Ikea hingegen rechnet mit einem solch großen Ansturm, dass entschieden wurde, die Häuser den Kaufinteressenten zuzulosen. Sind alle vergeben, kann der Bau beginnen.

Auch Bien-Zenker-Chef Mühlbauer ist optimistisch, dass sich das Konzept durchsetzt. „Bei uns laufen jetzt schon Anfragen aus ganz Deutschland ein“, berichtet er. Privatleute, Bürgermeister und auch Entwicklungsgesellschaften hätten sich bereits gemeldet. Nach erfolgreicher Startphase sollen den vier Bauprojekten weitere folgen. Wie viele genau und mit wie vielen Häusern, darauf wollte man sich bei Ikea am Freitag nicht festlegen. Ein Bau in Berlin sei derzeit jedenfalls nicht geplant.

Ein wenig skeptisch zeigte sich der ZDB, was Ikeas Siedlungskonzept angeht. Die Gebäude werden nämlich nicht einzeln zu erwerben und auf jedes freie Grundstück zu setzen sein, sondern ausschließlich als zusammenhängende Einheiten gebaut. Frühere Versuche solch standardisierter Wohnprojekte hätten es in Deutschland immer schwer gehabt, heißt es aus dem ZDB. „Meistens scheiterten die Anbieter daran, dass die Leute ihre individuellen Wünsche und Pläne durchsetzen wollten.“

Was den Grundriss angeht, sind die Häuser in der Tat unveränderlich. Es dominiert ein skandinavisches Design mit offenem Wohn- und Essbereich. Die Inneneinrichtung der Bo-Klok-Häuser hingegen sei frei gestaltbar, verspricht Ikea. Zwar gebe es das Angebot einer Inneneinrichtungsberatung, aber ob jemand ein Sofa von Ikea wolle oder nicht, das sei selbstverständlich jedem selbst überlassen.

Mehr Information soll es am 3. März geben, wenn das Bo-Klok-Projekt offiziell eingeweiht wird. Bis dahin, ist sich Bien-Zenker-Chef Philipp Mühlbauer sicher, habe sich auch das mit dem Baustopp in Hofheim gelegt. Die Politiker wollten nur mehr Informationen – die könnten sie gerne haben.

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