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Wirtschaft: Im Osten Kasse machen

Wie Anleger ihr Geld in den Beitrittsländern der Europäischen Union investieren können

Berlin. Die Osterweiterung der EU beschert Anlegern neue, interessante Möglichkeiten. Die attraktivsten der zehn neuen Länder, die am 1. Mai in die EU eintreten, sind nach Meinung von Banken und Analysten die baltischen Staaten, Polen, Tschechien und Ungarn. „Polen, Tschechien und Ungarn werden in den kommenden Jahren ein deutlich höheres Wachstum haben als die alte EU“, sagt Andreas Gummich, Direktor und Osteuropa-Experte der zur Deutschen Bank gehörenden Fondsgesellschaft DWS.

Für Polen erwartet Gummich in diesem Jahr ein Wachstum von 4,4 Prozent, für Tschechien und Ungarn jeweils 3,2 Prozent. Zwar gehören diese Märkte immer noch zur Gruppe der Emerging Markets und sind damit nicht ohne Risiko, aber als Beimischung mit einem Anteil zwischen einem und zehn Prozent seien polnische, tschechische oder ungarische Werte gut geeignet für ein Depot, meint der Fondsmanager. Auf Basis des Kurs-Gewinn-Verhältnisses hätten viele Aktien aus diesen Ländern derzeit noch Bewertungsabschläge von 25 bis 30 Prozent gegenüber den Titeln im Euro Stoxx 50.

Das Problem: Die Märkte in diesen Ländern sind noch eng. Zwar werden an der Börse in Warschau mehr als 100 Werte gehandelt, in Ungarn sind es immerhin rund 70. Die Marktkapitalisierung an der ungarischen Börse erreicht aber gerade einmal 20,1 Milliarden Dollar, in Prag 23 Milliarden Dollar und in Warschau 41,1 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Die Deutsche Telekom hat allein eine Marktkapitalisierung von fast 70 Milliarden Dollar.

Anleger können sich aber auch über Fonds in den neuen Märkten engagieren. Derzeit gibt es allein rund 60 zum Vertrieb zugelassene Osteuropafonds in Deutschland. Die DWS legte bereits 1995 mit dem „DWS Osteuropafonds“ einen Aktienfonds auf. Seit dem Jahr 2000 können Kunden mit dem „DWS Europe Convergence Bonds“ in festverzinslichen Wertpapieren anlegen. Jeder dieser Fonds verwaltet derzeit ein Vermögen von rund 250 Millionen Euro. Die Wertsteigerung in der Vergangenheit kann sich sehen lassen: Der „DWS Osteuropafonds“ hat es seit 1999 auf eine durchschnittliche Wertsteigerung von 19,1 Prozent pro Jahr gebracht. Der „DWS Europe Convergence Bonds“ erreicht immerhin eine aktuelle Rendite von etwas mehr als fünf Prozent.

Auch andere Fondsgesellschaften setzen auf die Aktienmärkte in Osteuropa. Die Berliner Fondsgesellschaft BB-Invest legt den „BB-Go-East-Invest“ auf. Er geht aus dem bisherigen Länderfonds „BB-Tschechien-Invest“ hervor, dessen Anlagespektrum entsprechend erweitert wurde. „Der EU-Beitritt Polens, Ungarns, Tschechiens und anderer Staaten wird die Region dabei unterstützen, für lange Zeit überdurchschnittlich zu wachsen", sagt Dyrk Vieten, Geschäftsführer der BB-Invest. „In Osteuropa engagierte Unternehmen werden ihre Exporte dauerhaft steigern und zusätzlich vom wachsenden Wohlstand der heimischen Konsumenten profitieren. Dieses Umfeld bietet attraktive Anlagechancen“, so Vieten weiter.

Auch die Wirtschaft profitiert

Auch die deutsche Wirtschaft wird nach Meinung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) von der Osterweiterung profitieren. Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Studie könnte das deutsche Bruttoinlandsprodukt in Folge der EU-Erweiterung 2005 und 2006 schätzungsweise um einen halben Prozentpunkt stärker zulegen. Bereits jetzt mache Deutschland mit den Beitrittsländern sowie Rumänien und Bulgarien gute Geschäfte, berichtete das Kölner Institut. Im vergangenen Jahr gingen 9,2 Prozent der deutschen Warenexporte in diese Länder Mittel- und Osteuropas – und damit fast soviel wie in die USA. Deutsche Firmen investieren aber auch verstärkt vor Ort: Von 1995 bis 2001 stiegen die deutschen Direktinvestitionen in den künftigen EU-Ländern – ohne Malta und Zypern – um 430 Prozent auf fast 30 Milliarden Euro, so das IW.

Auch Handwerkspräsident Dieter Philipp sieht für deutsche Betriebe Chancen in der Osterweiterung. „Die Nachfrage dort wird schnell wachsen, kann aber aus eigener Kraft nicht befriedigt werden“, sagte Philipp „Focus Money“. Betriebe, die frühzeitig Kooperationen mit Firmen aus diesen Ländern eingingen, könnten die Märkte erschließen, betonte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Außerdem könnten sie durch Zukauf von Leistungen das Lohnkostengefälle ausgleichen. Nach einer Studie des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall wird die Osterweiterung auch in der Metall- und Elektroindustrie Jobs sichern. Zwar würden Teile der Produktion ins Ausland verlagert, im Gegenzug stiegen aber die Exporte deutscher Firmen, sagte Verbands-Präsident Martin Kannegiesser der „Financial Times Deutschland“.

Daniel Rhee-Piening

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