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Wirtschaft: Immer mehr Chemieunternehmen entdecken den elektronischen Marktplatz - Preisersparnis beim Rohstoffeinkauf bis zu 30 Prozent

Nicht nur Banken und Autohändler, auch die Chemiebranche steht vor dem Aufbruch ins Internetzeitalter. "Im Moment wird überall kräftig gestrickt", sagt Bruno Stephan, der Geschäftsführer des Verbandes Chemiehandel.

Nicht nur Banken und Autohändler, auch die Chemiebranche steht vor dem Aufbruch ins Internetzeitalter. "Im Moment wird überall kräftig gestrickt", sagt Bruno Stephan, der Geschäftsführer des Verbandes Chemiehandel. "Wir sind in einer totalen Umbruchzeit." Das Marktforschungsunternehmen Forrester Research prognostiziert allein für die USA, da sich der Online-Chemiehandel bis 2003 in jedem Jahr verdoppeln wird, eine Umsatzentwicklung von 22 Milliarden Mark im Jahr 2000 auf 180 Milliarden Mark im Jahr 2003. Für den deutschen Markt gibt es noch keine Untersuchungen, aber "seit der Cebit ist der elektronische Handel auch bei uns das Hauptthema", sagt Manfred Ritz, Sprecher des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI).

Seitdem vergeht kaum ein Tag, an dem kein großes deutsches Chemieunternehmen die Kooperation mit einem Internet-Partner bekanntgibt. BASF, der nach eigenen Angaben weltweit größte Nachfrager von Chemie-Rohstoffen, kooperiert wie Celanese mit ChemConnect, die Bayer AG mit CheMatch.com. Die Deutsche Telekom AG und Infraserv Höchst wollen selbst einen elektronischen Marktplatz für Chemie- und Pharmaunternehmen aufbauen. Wie das geht, hatte die Metallgesellschaft im vergangenen Herbst bereits vorgemacht: Unter dem Namen "cheop" (chemical opportunities) eröffnete sie einen elektronischen Handelsplatz für die gesamte Chemiebranche. Die Telekom stellt die Technologie, Infraserv Höchst bringt das Know-How und die Kunden mit.

Über Cheop können nach Auskunft von Infraserv-Sprecher Gunnar Stute schon jetzt 60 000 verschiedene branchenspezifische Produkte beschafft werden. Der Anbieter lockt mit niedrigen Prozesskosten. Während es zurzeit noch 200 bis 300 Mark koste, ein Produkt zu beschaffen, "sind im Internethandel Ersparnisse von 60 bis 80 Prozent realistisch", sagt Stute. Der Zwischenhandel entfalle. Neben den Kosten erhoffen sich die Unternehmen vor allem mehr Effizienz durch den Internet-Handel. "Was normalerweise Tage dauert, können wir im Internet in wenigen Stunden erledigen", sagt BASF-Pressesprecher John Gilardi. Während das Unternehmen beim Einkauf von Rohstoffen wie Methanol normalerweise mit allen potenziellen Lieferanten in Einzelverhandlungen trete, könnten die Anbieter und Interessenten im Internet viel schneller zueinander finden.

Den weltweit größtenektronische Marktplatz für die Chemiebranche bietet nach eigneen Angaben Chemconnect an. Das 1995 gegründete Unternehmen mit Sitz in San Franzisko stellt die Plattform zur Verfügung, auf dem 4000 Mitglieds-Firmen ihre Waren anbieten, Handelspartner finden und die Preise aushandeln können.

Im Moment, sagt BASF-Einkaufschef Bernd Flickinger, würden auf dem elektronischen Marktplatz nur die Spots verkauft, also die Überproduktion. "Der Online-Handel bietet noch keine Versorgungssicherheit", sagt Flickinger. "Die Gefahr, dass wir bei kritischen Produkten unsere Fabriken abschalten müssen, weil sie nicht rechtzeitig geliefert werden, ist zu groß." Chemische Vorprodukte, von denen die gesamte Produktion abhängt, werden daher noch immer auf klassischen Weg geordert - per langfristigem Vertrag mit bekannten Vertragspartnern.

Dabei wird es nicht bleiben. "Die Chemiebranche ist prädestiniert für den Handel im Internet," sagt Flickinger.Die erwarteten Preis- und Effizienzvorteile sind beträchtlich. "Je nach Produkt rechnen wir mit Ersparnissen von fünf bis 30 Prozent", sagt der BASF-Einkaufschef. "Ich glaube nicht, dass große und mittelständige Chemie-Unternehmen sich dem Internet auf Dauer verweigern können."

pet

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