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Ganz oben dabei. Berlin zählt neben Hamburg, München, Stuttgart, Düsseldorf, Köln und Frankfurt zu den bevorzugten Städten für Gewerbeimmobilien-Käufer. Die Büromieten halten mit den steigenden Immobilienpreisen allerdings nicht mit.

© Imago / Imagebroker

Büroimmobilien: Völlig losgelöst

Obwohl Büroimmobilien in Deutschland gefragt sind, kommen kaum neue Flächen hinzu. Investoren brauchen bei der Suche immer mehr Glück.

Deutsche Büroimmobilien stehen bei nationalen und internationalen Investoren hoch im Kurs. Zu dieser Einschätzung kommt der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) nach einer Online-Pressekonferenz zum Thema „Büromärkte 2015“, an der am Mittwoch Vertreter von Bulwiengesa, Bilfinger Real Estate, HIH Real Estate und der Dekabank teilnahmen.

Nach Ansicht der Experten sorge die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank für einen anhaltend hohen Kapitalzustrom am Büroimmobilienmarkt. Als Folge stiegen die Kaufpreise weiter und die Renditen gerieten unter Druck. Insgesamt sei die Entwicklung der Büromärkte deutlich dynamischer als im Frühjahrsgutachten des Rates der Immobilienweisen zu Beginn des Jahres prognostiziert wurde. Die Aussichten für das laufende Jahr seien positiv, teilte der Branchenverband mit.

„Insgesamt setzt der deutsche Büromarkt seinen Aufschwung auch im ersten Halbjahr 2015 fort und ist von einem soliden Anlageverhalten der Investoren und überwiegend leicht rückläufigen Renditen gekennzeichnet“, sagt Birgit Lenzen, Head of Capital Markets Deutschland bei Bilfinger Real Estate. Vor dem Hintergrund des hohen Kapitalzuflusses richteten Investoren ihren Fokus zunehmend auch auf „B- und C-Städte“, was zu einem intensiveren Wettbewerb und entsprechendem Druck auf die Renditen an diesen Standorten führe.

Institutionelle Investoren nehmen kleine "Schönheitsfehler" häufiger in Kauf

„Investoren muss man inzwischen bei ihrer Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen immer mehr Glück wünschen“, sagt Andreas Schulten, Mitglied im Rat der Immobilienweisen und Vorstand der Bulwiengesa AG. „Die Nachfrage nach Büroflächen ist ungebrochen hoch, aber die Zahlungsbereitschaft stößt trotz guter Konjunktur auch an ihre Grenzen.“ Andere Assetklassen wie Logistik-, Einzelhandels- und Hotelimmobilien sowie die Cityrandlagen der Top-Standorte und die Top-Lagen der B-Städte rückten daher stärker in den Fokus institutioneller Anleger.

„Neu ist, dass institutionelle Investoren bei ihren Investmententscheidungen immer häufiger über kleinere ,Schönheitsfehler‘, etwa geringe Leerstände, hinwegsehen“, sagt Andreas Wellstein, Researcher bei der Dekabank. Objekte in B-Städten versprächen zwar höhere Renditen, die Zahl attraktiver Gebäude sei dort aber nach wie vor gering. „Die Märkte dieser Standorte sind eng und deshalb risikoreicher. Bei geringer Marktliquidität ist nicht sichergestellt, ein Objekt zum Wunschzeitpunkt wieder veräußern zu können.“

In den vergangenen fünf Jahren konzentrierten sich die Käufer gewerblicher Immobilien vor allem auf Berlin, Hamburg, München, Stuttgart, Düsseldorf, Köln und Frankfurt. In diese sieben „A-Städte“ gingen mehr als die Hälfte der Investitionen, berichtet Andreas Schulten. In die folgenden 15 „B-Städte“ seien lediglich rund 15 Prozent geflossen. An dieser Verteilung dürfte sich in absehbarer Zeit nicht viel ändern.

Mieter achten immer mehr auf die Raumqualität

Was sich dagegen sehr wohl ändern dürfte: Neu erworbene Büroimmobilien in Deutschland werden nach Einschätzung der Experten in den nächsten Jahren geringere Erträge bringen. Die Immobilienpreise stiegen deutlich schneller als die Mieten für die Büros. „Für das laufende Jahr erwarten wir leicht steigende Spitzenmieten in den meisten Märkten, die Durchschnittsmieten dürften seitwärts tendieren.

Nur für Spitzenobjekte an Top-Standorten sind Büromieter bereit, noch etwas tiefer in die Tasche zu greifen“, sagt Ken Kuhnke, Leiter des Vermietungsmanagements bei der HIH Real Estate. „Unternehmen gehen trotz der guten Konjunkturlage grundsätzlich vorsichtiger mit dem Kostenfaktor Bürofläche um“, erklärt Birgit Lenzen.

Laut Kuhnken spüre man bei der Vermietung, dass „Mieter die Raumqualität immer höher gewichten“. So würden sie beim Umzug in neue Räumlichkeiten auf eine bessere Flächenauslastung achten und das derart eingesparte Geld in eine höhere Raum- und Aufenthaltsqualität investieren. Gefragt seien nach wie vor Innenstadtlagen und campusartige Stadtrandlagen.

Auf den ersten Blick überraschend: Trotz der hohen Nachfrage der Investoren nach Büroimmobilien werden an den großen deutschen Bürostandorten nur vergleichsweise wenig neue Flächen gebaut. Auch die Projektplanungen liegen auf dem niedrigsten Wert seit 15 Jahren. Das ergab eine Analyse des Immobilienberaters BNP Paribas Real Estate. Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise habe sich das Neubauvolumen offenbar sowohl von der Nachfrage- und Umsatzentwicklung als auch vom Konjunkturverlauf entkoppelt, heißt es aus dem Unternehmen.

"Aufbruchstimmung und große Marktdynamik sieht anders aus"

Seit über fünf Jahren bewege sich die jährliche Bautätigkeit an den beliebtesten Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln und München stabil in einem relativ engen Korridor zwischen 0,75 und 0,95 Millionen Quadratmetern pro Jahr. Der höchste Wert sei 2014 mit 950 000 Quadratmetern erreicht worden. „Auch für 2015 zeichnet sich keine Veränderung dieser Situation ab“, sagt Piotr Bienkowski, Vorsitzender der Geschäftsführung von BNP Paribas Real Estate Deutschland. „Nach heutigem Kenntnisstand gehen wir von einem Fertigstellungsvolumen in Höhe von knapp 900 000 Quadratmetern aus.“ Der größte Anteil entfalle auf München mit 288 000 Quadratmetern, wogegen Köln mit lediglich 66 000 Quadratmetern das geringste Bauvolumen aufweise.

Ein vergleichbares Bild zeige die Projektplanungen. „Aufbruchstimmung und große Marktdynamik sieht anders aus“, kommentiert Bienkowski. Die Gründe für die verhaltene Entwicklung: „Zum einen wirken auf Bankenseite sicherlich noch die schweren Zeiten der Finanzkrise nach, sodass weiterhin nur relativ risikoarme Projekte finanziert werden“, so Bienkowski. Ohne umfassende Vorvermietungsquoten sei es für Projektentwickler sehr schwer, Vorhaben umzusetzen. Zum anderen spreche vieles dafür, dass die Entwickler selbst gezielter auf die Marktentwicklungen reagieren und sich nicht vom aktuellen Investmentboom verrückt machen lassen.

Positiv hieran sei, dass auf absehbare Zeit kein ungesundes Überangebot mit negativen Auswirkungen auf die Märkte entstehen dürfte. Gleichzeitig müsse man sich aber im Klaren sein, dass die in Ansätzen bereits zu erkennenden Engpässe bei den modernen Flächen in bestimmten Teilmärkten voraussichtlich noch zunehmen würden.

(mit dpa)

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