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Immobilien: Die dritte Miete

Zweitwohnungssteuer trifft auch Geringverdiener.

TU DARMSTADT]Ob Ferienhaus, Pendlerwohnung oder Studentenbude – wer sich in Deutschland einen zweiten Wohnsitz zulegt, muss damit rechnen, dafür zur Kasse gebeten zu werden. Das gilt auch, wenn sich der Nebenwohnsitz am selben Ort befindet wie die Hauptwohnung. Mittlerweile erheben mehr als 400 Städte und Gemeinden eine Zweitwohnungssteuer. Die Folge: Wer seinen Nebenwohnsitz pflichtgemäß dem Einwohnermeldeamt mitteilt, erhält meist umgehend einen Steuerbescheid.

Erfunden wurde die Zweitwohnungssteuer 1972 in der Bodensee-Gemeinde Überlingen. „Die Steuer sollte einen Ausgleich dafür schaffen, dass auswärtige Eigentümer von Ferienwohnungen unsere Infrastruktur in Anspruch nahmen, aber nicht zu deren Finanzierung beitrugen“, erklärt Stadtkämmerer Peter Obser aus Überlingen. Bis heute ein beliebtes Argument der Kommunen: Während die Teilzeitbürger Straßen, Bäder und Theater nutzten, überließen sie deren Finanzierung den Einheimischen. Kritiker wenden jedoch ein, dass auch für Zweitwohnungen die Grundsteuer sowie kommunale Abgaben fällig werden.

Nach dem Überlinger Vorbild drehten zunächst vor allem Kurorte und Gemeinden mit hohem Erholungswert an der Steuerschraube. In den vergangenen Jahren haben jedoch vor allem Universitätsstädte wie Freiburg, Tübingen und Münster die Zweitwohnungssteuer für sich entdeckt. Zum einen spült sie zusätzliche Mittel in die leeren Kassen. Mit steigender Einwohnerzahl wächst der Anteil der Kommune am Steuertopf sowie am kommunalen Finanzausgleich des Bundeslandes. Unterschiedlich geregelt ist, was unter den Begriff Zweitwohnung fällt. Gemeinden wie Dresden verstehen darunter eine abgeschlossene Wohneinheit mit Küche oder Kochnische und Bad/WC im Sinne der Landesbauordnung. Andere, wie etwa Dortmund, betrachten als Wohnung bereits jeden umschlossenen Raum, der zum Schlafen benutzt wird.

Strittig war lange, ob Lauben in einer Kleingartenanlage als Zweitwohnung gelten. Erst im März dieses Jahres stellte das Bundesbauministerium klar, dass Schrebergärtner nicht besteuert werden dürfen, da das Kleingartengesetz eine „Wohnnutzung“ der Lauben untersage. Die Zweitwohnungssteuer wird meist anhand der Jahreskaltmiete bemessen, seltener anhand von Jahresrohmiete oder Wohnfläche. Die Jahresrohmiete ist höher als die Kaltmiete, weil sie verbrauchsunabhängige Nebenkosten berücksichtigt. Bewohnt der Eigentümer Haus oder Wohnung selbst, wird die Steuer anhand der ortsüblichen Vergleichsmiete ermittelt. Der Steuersatz reicht von fünf Prozent in Städten wie Berlin über 16 Prozent in Erfurt bis zu 20 Prozent im Ostseebad Kühlungsborn. In der Regel verlangen die Kommunen etwa 10 Prozent.

Von der Steuer befreit sind grundsätzlich Menschen, die ein Zimmer in einem Altenheim, Pflegeheim oder einer vergleichbaren Gemeinschaftsunterkunft bewohnen. Nicht zahlen müssen auch Berufspendler, die am Arbeitsort eine zweite Wohnung unterhalten – allerdings nur, wenn sie verheiratet sind. Von ihnen zu verlangen, den bisherigen Hauptwohnsitz aufzugeben, verstieße laut Bundesverfassungsgericht gegen den Schutz von Ehe und Familie (Az.: 1 BvR 1232/00).

Die Kosten für eine Zweitwohnung am Arbeitsplatz können bald vereinfacht steuerlich geltend gemacht werden. Am 1. Januar 2014 treten Änderungen im Reisekostenrecht in Kraft, wie die Bundessteuerberaterkammer in Berlin mitteilt. Die tatsächlichen Aufwendungen für eine zusätzliche Unterkunft bei doppelter Haushaltsführung können dann bis zu einem Höchstbetrag von 1000 Euro im Monat vom Arbeitnehmer steuermindernd angesetzt werden. dpa

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