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Immobilien: Die Erbschaft aus der DDR wird verkauft

Die Immobilien der TLG sollen 1,7 Milliarden Euro für den Bundeshaushalt abwerfen.

Dieses Mal hat Wolfgang Schäuble ganz offensichtlich das Glück auf seiner Seite – beim Verkauf der TLG, der Immobilien- Erbschaft aus der DDR. Der Bundesfinanzminister kann mit Geboten von insgesamt 1,7 Milliarden Euro und mehr rechnen. Gedacht zur Schuldentilgung im Bundeshaushalt.

Beim ersten Versuch, die aus dem ehemaligen Staats- und Unternehmensbesitz der DDR übernommenen Liegenschaften zu privatisieren, hatte 2008 die Finanzkrise alle Pläne durchkreuzt; selbst großen internationalen Investoren wie Lone Star oder Oaktree war das Geld ausgegangen. Eine Zeit lang schien es, als werde die Euro-Krise das Vorhaben überhaupt gefährden, die Objekte wären unter Preis verkauft worden. Jetzt sind die Rahmenbedingungen besser denn je – schließlich dürfte der TLG-Verkauf der dickste Brocken sein, der in diesem Jahr den deutschen Immobilienmarkt beschäftigt.

Die TLG hatte 1995 von der Treuhand alle „nicht betriebsnotwendigen Immobilien“ übernommen und sich dabei weitgehend mit Krediten finanziert. Nach mehreren Umgestaltungen der TLG stehen jetzt die „TLG Immobilien“ und die „TLG Wohnen“ zum Verkauf – mit einem Besitz an Liegenschaften im Wert von fast 1,7 Milliarden Mark. Die TLG Wohnen verfügt über knapp 12 000 Wohnungen, hauptsächlich im Berliner Umland, im Raum Dresden-Leipzig sowie in Rostock gelegen – aus dem Vorbesitz von volkseigenen Betrieben und der Nationalen Volksarmee (NVA). Die Wohnungen sind zu sehr moderaten Preisen vermietet, sie brachten der TLG im Jahr 2010 nur 45 Millionen Euro an Bruttomieten ein. Investoren sehen da für gewöhnlich „noch einen Spielraum nach oben“.

Der gesamte Wohnungsbestand wird für sich auf einen Wert von 560 Millionen Euro taxiert. Der Betrag wird zu erzielen sein. In Deutschland wechseln Wohnungen den Besitzer in einem Umfang und in einem Tempo wie seit Jahren nicht mehr. Nach einer aktuellen Berechnung von BNP Paribas Real Estate sind im ersten Quartal 2012 „große Portfolios“, so werden Verkäufe von ganzen Wohnanlagen oder von gebündeltem Immobilienbesitz klassifiziert, im Wert von 3,64 Milliarden Euro gehandelt worden - das waren immerhin bereits 68 000 Wohnungen allein in den ersten drei Monaten. „Die bereits sehr dynamische Entwicklung des vergangenen Jahres“, meint Andreas Völker, Geschäftsführer von BNP Paribas Real Estate Consult, habe sich „noch einmal beschleunigt“.

Die um die 300 gewerblichen Liegenschaften der TLG Immobilien sind schwerer einzuschätzen. Berliner Bürgern sind in erster Linie das Cubix Kino am Alexanderplatz geläufig und die Kulturbrauerei, aber auch das Bürogebäude Alexanderplatz 1 („1 alex“) mit seiner gewöhnungsbedürftigen Architektur. Das Gros der Gewerbeimmobilien besteht jedoch aus Einzelhandelsobjekten, Fachmärkten, Pflegeheimen, Hotels und Bürogebäuden, die nicht überall in ihrer Ertragskraft leicht zu bewerten sind. Die TLG hat sich mit den Jahren zu einem gewinnträchtigen Unternehmer entwickelt – jetzt soll sie ihren Milliardenwert für den Bundeshaushalt spendieren. Interessenten können das Unternehmen en bloc übernehmen oder auch nur für einen der beiden Teile bieten. Bis zum Jahresende soll die Transaktion abgeschlossen sein.

Mit der Ausschreibung der TLG im Amtsblatt der Europäischen Union hatte das verantwortliche Bundesfinanzministerium einen Zeitplan fixiert – und die Verfahrensregeln, wie sie bei den „großen Deals“ in der Immobilienwirtschaft üblich sind. Bis zum 16. April 2012 mussten Kaufwillige sich mit einigen Pflichtangaben (etwa: „Nachweise zur finanziellen Leistungsfähigkeit“) melden; beauftragt mit der Abwicklung der ersten Runde ist eine Fachabteilung der Bank Barclays Capital in Frankfurt/Main sowie die internationale Anwaltskanzlei White & Case.

Die Interessenten werden dann „anhand einer qualitativen Gesamtbetrachtung“ bewertet, nur die aussichtsreichen Kandidaten erreichen die nächste Runde. Sie müssen dann eine Vertraulichkeitserklärung abgeben, im Gegenzug erhalten die Kaufwilligen einen „Verfahrensbrief“ mit den Angaben über den weiteren Ablauf des Bieterverfahrens, dazu Einblick in die Unternehmensunterlagen. Vermutlich im Juni 2012 werden die verbliebenen Interessenten zu ihren verbindlichen Geboten aufgefordert werden. Diese Phase des Verkaufs ist vonseiten des Abwicklers völlig diskret: Keine Namen, keine Konditionen, keine Prognosen.

Nur ein Mitbieter will sich nicht an die Spielregeln der diskreten Finanzwelt halten: die Treuhandliegenschaftsgenossenschaft Fairwohnen, die Gregor Gysi und seine Fraktionskollegen aus dem Bundestag eigens für den TLG-Ankauf gegründet hatten. Und zwar keine 100 Stunden vor dem Ende der Bieterfrist.

In der Immobilienbranche vermutet man eher deklamatorische Gründe bei den Debütanten der Linkspartei. Denn in den TLG-Wohnanlagen – in Brandenburg liegen sie in Potsdam, Ludwigsfelde und Stahnsdorf, allein im ehemaligen NVA-Revier in Strausberg sind es 970 Wohnungen – lebt die treue Kundschaft der Linkspartei. Da muss man schon zum Pflichtspiel antreten.

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