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Immobilien: Drum prüfe, wer sich ewig bindet: Mieten als Testfall In Potsdam sind große Wohnungen knapp – jetzt

können kauffreudige Familien Häuser probewohnen

Viel Positives ist in diesen Tagen über Potsdam zu berichten: Die Stadt sei die kinderfreundlichste Deutschlands, heißt es im Familienatlas 2007. Zugleich zählt die Studie, für die im Auftrag des Bundesfamilienministeriums 439 Kreise und kreisfreie Städte untersucht wurden, Potsdam zu den zwölf Top-Regionen der Republik – als einzige in den neuen Bundesländern. Derartige „Top-Regionen“ zeichnen sich aus durch eine gute Vereinbarung von Familie und Beruf, durch guten und bezahlbaren Wohnraum, ein großes Angebot an Schulen und Ausbildungsmöglichkeiten sowie durch viele Freizeitangebote. Doch einer der Punkte sorgte bei mancher Familie in Berlin für Kopfschütteln: Bezahlbarer Wohnraum in Potsdam? Für die meisten Umzugswilligen bleibt das ein Traum.

Denn der Boom auf die „heimliche Hauptstadt der Republik“, wie sie jetzt ein Wochenmagazin nannte wegen der vielen „Reichen, Schönen und Mächtigen“, die dort wohnen, hat auch eine Kehrseite: Als Folge des anhaltenden Zuzugs werden Wohnungen in Potsdam immer knapper – und immer teurer. In jüngster Zeit seien die Mieten in einzelnen Segmenten geradezu explodiert, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bei der Vorstellung des neuesten Wohnungsmarktberichts. Bei Neuvermietungen wird derzeit im Schnitt eine Kaltmiete von 7,40 Euro je Quadratmeter verlangt. Und die von der Stadt neu geplanten Geschosswohnungen sollen nicht unter neun Euro je Quadratmeter kosten.

Zwar sind bis zum Jahr 2020 bis zu 13600 neue Wohnungen geplant, doch eine Entspannung ist nicht in Sicht – im Gegenteil. Denn die Bevölkerung werde schneller wachsen als die Anzahl der Wohnungen, so Jakobs: 164 000 Einwohner erwartet die Stadt im Jahr 2020, 16 000 mehr als heute. Der Druck auf den Wohnungsmarkt werde zunehmen, der Mietpreis weiter steigen. Vor allem große Wohnungen mit mehr als drei Zimmern für Familien bleiben Mangelware.

Genau auf diese Zielgruppe will sich deshalb das Investorenduo Design Bau AG und Alt & Kelber Immobiliengruppe mit einem neuen Vertriebskonzept für das Bauvorhaben Bornstedter Feld konzentrieren: „Mieten oder kaufen“ heißt die Idee, bei der Familien ein Haus entweder direkt erwerben oder zunächst mieten können. „So können sich die Familien an ihr eigenes Haus heranwohnen, ganz ohne Risiko“, sagt Werner Mattner, Vorstandsvorsitzender der Design Bau AG. Die Bewohner erhalten ein Erwerbsrecht zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt, sie können aber auch ihr Leben lang Mieter bleiben. Mit diesem Konzept wollen Design Bau AG und Alt & Kelber eine Marktlücke schließen, denn Einfamilienhäuser mieten könne man in Potsdam bislang fast gar nicht, bestätigen Horst Müller-Zinsius und Erich Jesse vom Entwicklungsträger Bornstedter Feld GmbH.

Das Bornstedter Feld, ein ehemaliges Militärgelände in der Nähe des Schlosses Sanssouci, ist bereits teilweise bebaut. Auch einige der unter Denkmalschutz stehenden Kasernen auf dem Gelände wurden zu Wohnzwecken umgebaut. Bis 2009 sollen nun die 180 Doppelhaushälften und Reihenhäuser der Design Bau AG auf einer rund 32 000 Quadratmeter großen Fläche hinzukommen. Baubeginn ist April 2008. Die Verkaufspreise für ein Haus mit einer Wohnfläche von 80 bis 140 Quadratmeter beginnen laut Jürgen Kelber, Inhaber des Immobilienunternehmens Alt & Kelber, bei rund 170 000 Euro. Mit ersten Verkäufen rechnet er zum Ende des Jahres. Die genauen Mietpreise stehen dagegen noch nicht fest.

Im Mühlendorf in Teltow, wo das Konzept jetzt erstmals in kleinerem Umfang realisiert wurde, liegt die Miete für vergleichbare Häuser bei 918 bis 980 Euro monatlich. Wer ohne Eigenkapital kauft, muss mit einer Abzahlung von monatlich rund 1200 Euro rechnen. Alle Häuser sind aber bereits vergeben.

„Gerade junge Familien trauen sich oft nicht, ein Haus gleich zu kaufen“, sagt Mattner, „da gibt es die unterschiedlichsten Bedenken.“ Für die einen ist es schwierig, sich schon in jungen Jahren für die nächsten 30 Jahre zu verschulden. Andere fürchten den Verlust ihres Arbeitsplatzes oder wollen flexibel bleiben. Aber auch Alleinstehende oder Ältere nutzen laut Kelber das Probewohnen und binden sich ungern gleich an ein Haus. Beim Entwicklungsträger Bornstedter Feld jedenfalls freut man sich über derartige neue Konzepte, durch die „Konkurrenz zum klassischen Mietwohnungsmarkt“ entstehe. Trotzdem wird das Bornstedter Feld das letzte große Neubaugebiet der Stadt sein. Künftig wolle man sich auf Lückenschließungen konzentrieren und so bestehende Wohngebiete verdichten, kündigte Oberbürgermeister Jakobs an.

Jutta Burmeister

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