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Fertigstellungstermin: Kein Auszug ohne Regelungen für den Einzug

Wenn der Fertigstellungstermin in der Luft hängt, sollte ein „Plan B“ schriftlich fixiert werden

Es ist eine albtraumhafte Vorstellung für jeden Wohnungs- oder Eigenheimkäufer: Die alte Mietwohnung ist gekündigt, der Umzugswagen bestellt – doch kurz vor dem Einzug teilt der Bauträger mit, dass das neue Heim leider nicht zum vereinbarten Termin fertig wird. Wer dann nicht das Glück hat, seinen alten Mietvertrag kurzfristig um einige Tage oder Wochen verlängern zu können, muss nicht nur Ärger und Umtriebe in Kauf nehmen, sondern steht auch noch buchstäblich auf der Straße.

Was also ist zu tun, damit ein solcher Fall nicht eintritt? Oder damit, wenn es doch so weit kommt, der Käufer wenigstens finanziell entschädigt wird? „Man muss die Einzelheiten vertraglich regeln“, empfiehlt Christian Bruch, Rechtsreferent beim Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW). „Wie bei allen Verträgen gilt: Was wichtig ist, muss explizit festgelegt sein.“ Und dazu zähle in erster Linie der konkrete Einzugstermin.

Allerdings „bringt die Vereinbarung eines Termins ohne finanzielle Konsequenzen gar nichts“, ergänzt Kai Warnecke, Rechtsexperte bei der Eigentümerschutzgemeinschaft Haus & Grund. Diese hat zusammen mit dem Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) einen Mustervertrag für den Bau von Einfamilienhäusern erarbeitet. Dieser nennt konkrete Termine für Baubeginn und -fertigstellung und legt darüber hinaus fest, dass das Bauunternehmen oder der Fertighausanbieter „bei schuldhafter Überschreitung der vereinbarten Fertigstellungsfrist“ dem Kunden eine Vertragsstrafe schuldet. Fünf Prozent der Auftragssumme sind dabei durchaus üblich.

„Ideal ist immer ein genaues Datum“, heißt es auch beim Verband Privater Bauherren (VPB). Andernfalls bleiben die Bauherren auf den Kosten für Hotel und Neuanmietungen (Lagerfläche) sitzen. Allerdings, sagt Wolfgang Queißer, Regionalbüroleiter Berlin des VPB, lassen sich besonders Schlüsselfertiganbieter in der Regel nicht auf einen konkreten Fertigstellungstermin ein. Als Alternative empfiehlt Queißer eine Regelung, die auf vom Genehmigungsprozess abhängige Fristen setzt.

Konkret: Spätestens vier Wochen nach Vertragsabschluss muss der Schlüsselfertiganbieter den Bauantrag stellen; vier Wochen nach Erteilung der Baugenehmigung muss er mit den Bauarbeiten begonnen haben; und acht Monate nach diesem vertraglich vereinbarten Baubeginn muss das neue Haus bezugsfertig sein. Andernfalls hat der Anbieter den Vorstellungen des VPB zufolge monatlich 1000 Euro plus die nachgewiesenen zusätzlichen Kosten des Käufers (zum Beispiel für Hotelübernachtungen) zu zahlen. Denkbar ist aber auch folgende Regelung: je Werktag 0,2 Prozent der Auftragssumme der noch nicht erbrachten Teilleistungen

Wichtig zu wissen ist, dass die Zahlungspflicht des Bauunternehmens nur dann gilt, wenn er selbst an der Verzögerung schuld ist. „Es gibt Fälle, in denen der Unternehmer nichts dafür kann“, sagt VPB-Vertreter Queißer – zum Beispiel dann, wenn wegen eines langen Streiks der Materialnachschub stockt. „Dann“, so Queißer, „muss er aber den Käufer so rechtzeitig informieren, dass dieser noch reagieren kann.“

Mit ähnlichen Problemen wie Häuslebauer sehen sich gelegentlich auch Mieter konfrontiert – zumal dann, wenn sie einen Mietvertrag für eine noch in Bau befindliche Wohnung unterschreiben. So nennt zum Beispiel der Entwurf eines Mietvertrags für eine Wohnung in einem Berliner Neubauprojekt einen „voraussichtlichen“ Termin für die Bezugsfertigkeit, fügt aber an: „Der Mietbeginn kann sich infolge von Verzögerungen des Zeitpunkts der Bezugsfertigkeit um bis zu drei Monate verzögern, ohne dass sich hieraus Ansprüche des Mieters ergeben.“ Erst bei einer Verzögerung von mehr als drei Monaten wird in dem zitierten Vertrag dem Mieter das Recht eingeräumt, vom Vertrag zurückzutreten.

„Eine solche Sicherheitsklausel ist üblich“, sagt Ulrich Ropertz, Pressesprecher des Deutschen Mieterbundes. Natürlich sei es für den Mieter unangenehm, wenn er sich nicht auf einen Einzugstermin verlassen könne. Er müsse dieses Risiko aber in Kauf nehmen, da er sich dafür frühzeitig seine Wunschwohnung sichere. Andernfalls, gibt Ropertz zu bedenken, könnte der Vermieter die Neubauwohnung ja erst dann anbieten, wenn sie tatsächlich fertig sei.

Genau dies empfiehlt Rechtsexperte Warnecke von Haus & Grund den Mitgliedern seines Verbandes: Wer als Kapitalanleger eine Neubauwohnung mit der Absicht kaufe, sie zu vermieten, „tut gut daran, auf keinen Fall einen Mietvertragsbeginn festzulegen, bevor die Fertigstellung absehbar ist“.

In der Praxis scheint es indes nur selten zum Streit wegen eines verspäteten Einzugs in eine Mietwohnung zu kommen. Jedenfalls stammt das Urteil des Amtsgerichts Köln, auf das der Deutsche Mieterbund in diesem Zusammenhang verweist, aus dem Jahr 2002. Die Richter sprachen damals einer Mieterin Schadensersatz zu, weil sie ihre Wohnung nicht zum vereinbarten Termin beziehen konnte. Allerdings handelte es sich nicht um eine Neubauwohnung; vielmehr hatte der Vermieter die vertraglich vereinbarten Renovierungsarbeiten nicht erledigt.

Beim Schadensersatz muss übrigens laut Mieterbund-Sprecher Ropertz stets die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein: Wer eine einfache Zweizimmerwohnung in Neukölln gemietet habe, dürfe dem schuldhaften Vermieter nicht einen Aufenthalt im Hotel Adlon in Rechnung stellen.

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