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Immobilien: "Geschäftsschädigendes Mißmanagement des Senats"

EDGAR VAN OMMEN und HANS-JÜRGEN AHLBRECHT sind in Berlin verantwortlich für die Stadtteile von Sony und DaimlerChrysler am Potsdamer Platz.Ihre Investition von zusammen 6 Mrd.

EDGAR VAN OMMEN und HANS-JÜRGEN AHLBRECHT sind in Berlin verantwortlich für die Stadtteile von Sony und DaimlerChrysler am Potsdamer Platz.Ihre Investition von zusammen 6 Mrd.DM bringe dem Land jährliche Steuereinnahmen von 500 Mill.DM.Doch die Entwickler beklagen bei Senat und Bahn ein geradezu "blamables" Management, das ihre Kosten um einen "Millionenbetrag" erhöht habe.Mit den zwei Geschäftsführern sprachen Carmen von Kende und Ralf Schönball.

TAGESSPIEGEL: Sie haben soeben das Eckhaus am DaimlerChrysler-Teil des Potsdamer Platzes aufgestockt.Konnten Sie nicht mit ansehen, daß Ihr Nachbar Sony Sie überragt?

AHLBRECHT: Sony hat nach wie vor das höchste Gebäude am Platz.Wir legen überhaupt keinen Wert darauf, das zu überbieten.Das städtebauliche Konzept sah aber eine Torsituation vor, und zwei Höhen von 96 sowie 103 Metern hätten kaum das erwünschte Bild zweier Säulen erzeugt.Zudem kostete uns die Aufstockung so manche Mark mehr.

TAGESSPIEGEL: Auch bei der Präsentation Ihrer Quartiere auf Messen wie der Mipim gehen Sie eher getrennte Wege...

VAN OMMEN: Es gibt keine Kontroverse, auch wenn Dritte sie manchmal hereintragen.Wir arbeiten seit sechs Jahren zusammen.Sorgen bereitet uns die Infrastruktur.Die Öffentliche Hand verhält sich wenn nicht blamabel, dann geschäftsschädigend.

TAGESSPIEGEL: Für wen sind diese Blumen?

AHLBRECHT: Wir gingen eine Investitionsverpflichtung von vier Mrd.DM ein, weitere zwei Mrd.DM legt Sony an.Dafür versprach uns der Senat, daß die Menschen den Stadtteil erreichen können.Besucher sollten zu 80 Prozent mit Öffentlichen Verkehrsmitteln und zu 20 Prozent mit Autos kommen.Nun stellt sich heraus, daß der Senat den Wirtschaftsverkehr vergaß.Dennoch will er die wichtigste Ost-West-Verbindung, die Leipziger Straße, auf 22 Meter zurückbauen.Damit ist das Chaos programmiert.

TAGESSPIEGEL: Dieser Planung liegt der Wunsch zugrunde, mehr Menschen zur Benutzung des leistungsfähigen Bahn- und Busnetzes zu bewegen...

VAN OMMEN: Auch das ist eine leidvolle Geschichte, zum Beispiel im Fall der U3.

AHLBRECHT: Die U3 soll vom Kudamm über Potsdamer Platz und Alexanderplatz nach Weißensee führen.Die Grünen wollen sie oberirdisch über die Leipziger Straße und den Potsdamer Platz führen.Damit würde der Verkehr auf der Ost-West-Achse zusammenbrechen.Wir haben vorgeschlagen, das Stück bis zur Charlottenstraße unter die Erde zu verlegen.Das wäre erforderlich, um sie am Potsdamer-Platz-Bahnhof richtig zu vernetzen.In unserem Bereich haben wir mit einer Subvention von rund 7,5 Mill.DM die erforderlichen Arbeiten erbracht.Die Vorleistung war jetzt bereits erforderlich, weil die Trasse den neuen Autotunnel der B96 unterqueren wird.

TAGESSPIEGEL: Die unterirdische Trasse für die U3 dürfte schon aufgrund der Kosten problematisch sein...

AHLBRECHT: Die Finanzierung war bereits gesichert durch die BVG.Sie hatte ebenso eigenverantwortlich den Bau des U-Bahnhofes Mendelsohn-Bartholdy-Straße verwirklicht und zwar ohne Zuschüsse der Stadt.Derzeit sind die Hypothekenkredite günstig, und die Refinanzierung kann das Verkehrsunternehmen durch das höhere Passagieraufkommen bekommen.Im übrigen haben auch wir ein Leasing-Modell unterbreitet, das eine Finanzierung über zehn Jahre vorgesehen hätte.

TAGESSPIEGEL: Derartige Public-Privat-Partnerships sind umstritten, weil sie die Kosten in die Zukunft verlagern und Finanzierungen nun einmal Geld kosten.Hat DaimlerChrysler überhaupt solche Modelle umgesetzt?

AHLBRECHT: Ja, in Stuttgart etwa beim Bau des Engelberg-Tunnel, der Autobahnverbindung mit Heilbronn.Daran beteiligte sich ein ganzes Konsortium.Auch in Italien gibt es eine Fülle vergleichbarer Modelle, im Autobahnbau etwa.Das kostet die Nutzer der Straßen zwar Maut, dennoch wurden die Trassen angenommen.Ein solches Konzept wäre auch für die Anbindung des Tiergartentunnels an die Stadtautobahn denkbar.

TAGESSPIEGEL: In Berlin formierte sich beim Engagement gegen die Westtangente das politische Selbstverständnis in der Stadt.Unpopulärer könnten Forderungen kaum sein...

AHLBRECHT: Der tägliche Stau in der Potsdamer Straße dürfte auch nicht populär unter den Tausenden von Anwohnern sein.Stop-and-go verursacht besonders hohe Emissionen.Die Westtangente war einst eine der verkehrsreichsten Eisenbahnstrecken Berlins.Gäbe es dort jetzt Autoverkehr, dann wären kaum Anwohner betroffen.Im übrigen wäre auch eine unterirdische Verkehrsführung denkbar, die über eine Benutzungsgebühr finanziert würde.Die Kosten sind darstellbar.Wir reden über eine Strecke von circa 3500 Metern, die den Tunneleingang am Reichspietschufer mit dem Schöneberger Kreuz verbinden würde.Dort ist ein Autobahn-Anschluß vorhanden.

TAGESSPIEGEL: In dieser Debatte warf man Ihnen vor, Sie wollten nicht nur investieren, sondern auch gleich die Politik in der Stadt bestimmen...

VAN OMMEN: Als ich 1994 nach Berlin kam und das Sony-Projekt um eineinhalb Jahre verschob, da übten alle einen verheerenden Druck aus, und Gerüchte eines Rückzugs von Sony machten die Runde.Aus heutiger Sicht hätten wir das Projekt ein weiteres Jahr später starten sollen.Wir kamen allen Verpflichtungen nach, aber der Senat zog sich aus einer Vereinbarung nach der anderen heraus.Der Tunnel der B96 ist nicht fertig, und es steht in den Sternen, wann dies geschieht.Die U2 ist nicht mit dem Potsdamer-Platz-Bahnhof verbunden, und wann der Bahnhof überhaupt öffnet, ist unklar.Wir brauchen ihn, weil die Besucher aus dem Umland mit der Regionalbahn den Potsdamer Platz erreichen.Das alles ist weniger auf finanzielle Restriktionen durch den klammen Haushalt zurückzuführen als auf Mißmanagement.Und wir müssen zahlen.Sogar für Strom, Wasser und Reinigung des von uns zum Teil geöffneten Bahnhofs.

TAGESSPIEGEL: Dafür bekamen Sie die Grundstücke zum Vorzugspreis...

AHLBRECHT: Auch das stimmt nicht.Wir hatten vor dem Fall der Mauer das Grundstück erworben und den Vertrag abgeschlossen, bevor der Einheitsvertrag unterzeichnet war.Damals gab es noch deutsche Politiker, die zwei Republiken das Wort redeten.Der Grundstückspreis war absolut in Ordnung.Zusätzlich brachten wir inzwischen weitere Millionenbeträge für Auflagen des Senats und unvorhergesehene Aufwendungen auf.Wir mußten etwa den Bellevue-Tower selbst abreissen, obwohl der Senat das übernehmen wollte.Wir legten die öffentlichen Wasserflächen südlich unseres Geländes am Debis-Turm selbst an, weil Berlin kein Geld hatte.Auch bei der Freimachung des Grundstückes mußten wir in die eigene Tasche greifen und die sich dort befindlichen alten Baracken von der Evangelischen Gemeinde teuer abkaufen.Andererseits sollte man nicht vergessen, daß die Stadt Berlin kräftig an den privaten Investitionen verdient.Der Potsdamer Platz bringt ihr Steuereinnahmen in Höhe von jährlich rund 500 Mill.DM ein.

TAGESSPIEGEL: Über regen Zulauf erfreuen sich im DaimlerChrysler-Bereich die Kinos.Kommt Sony da nicht zu spät, zumal das Konzept mit Filmhaus und Mediathek zuletzt in Frage gestellt wurde?

VAN OMMEN: Sony kommt seiner Obligation nach, dem Filmhaus 15 000 Quadratmeter auf seinem Gelände zu sehr subventionierten Mieten bereitzustellen.Dieser Teil des Konzeptes ist relativ gut organisiert und wird auch rechtzeitig umgesetzt.Die Mediathek ist nicht Sache von Sony, sondern wird zur Hälfte von öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sowie privaten Medienunternehmen finanziert.Ich fände es denkbar schade, wenn das Vorhaben nicht realisiert würde, zumal eine solche Chance nicht so oft wiederkehren wird.

TAGESSPIEGEL: Und wann fällt die Klappe?

VAN OMMEN: Die Entscheidung hätte vorgestern getroffen werden müssen, nun warten wir - wie immer - auf morgen.Wird nichts daraus, dann werden dem Filmhaus die Flächen zugeschlagen.Außerdem bereiten wir auf 2000 Quadratmetern ein Konzept vor, das es weltweit noch nicht gab.Was das ist, verraten wir noch nicht, aber es wird das Medienkonzept arrondieren.Wahrscheinlich werden außerdem noch andere, zusätzliche Teile der Sony-Zentrale ebenso nach Berlin kommen wie die Columbia-Tristar.Das zeigt deutlich, daß Sony hier nicht baut, um die Frage zu beantworten, wie hoch die Rendite ist.Für uns ist es eine Frage des Images und ein Long-term-Project.

TAGESSPIEGEL: Der Renditefrage wich DaimlerChrysler-Vorstand Gentz nicht aus.Acht Prozent auf das Eigenkapital sollen es sein.Geraten Sie, Herr Ahlbrecht, bei dieser Benchmark Ihres Vorstands nicht ins Schwitzen?

AHLBRECHT: Wir profitieren von drastisch gesunkenen Baupreisen.Auch ist unser Vorhaben weiten Teils mit Fremdmitteln finanziert.Die Renditen beziehen sich auf den kleineren Teil der eingesetzten Eigenmittel.So werden wir den Konzern-Erwartungen genügen, zumal wir vom Leverage-Effekt unerwartet niedriger Zinsen am Kapitalmarkt profitieren.Die Planungen gingen von höheren Finanzierungskosten aus.

TAGESSPIEGEL: Die Entlastung brauchen Sie, zumal Ihre neuen Planungen mit mehr Entertainment auch das Risiko der damit verbundenen Umsatzmieten nach sich ziehen.Wird Ihnen nicht bange beim Musical-Theater angesichts der ersten Pleiten Ihres Betreibers Deyhle? Diese Art der leichten Muse könnte ihren Zenit überschritten haben...

AHLBRECHT: Sicher gab es weniger erfolgreiche Musicals, doch das lag nicht nur am Standort, sondern auch an den Stücken.Mit der Weltpremiere des Glöckners von Notre-Dame tritt Disney auf den Plan, und der Name stand stets für Erfolg.Im Übrigen zeigen auch Opern-Häuser, daß spezielle Entertainment-Angebote bei guten Inszenierungen ausverkauft sind.Was den Deyhle-Konzern betrifft, sind wir überzeugt, daß der neue Vorstand die richtigen Schritte eingeleitet hat.Richtig ist allerdings, daß wir eine vergleichsweise geringe Basis-Miete für das Haus vereinbarten.Wenn aber die 1833 Sitzplätze zu wenigstens 80 Prozent besetzt sind, dann ist das für beide Partner eine sehr ordentliche Angelegenheit.

ZUM VERKAUF...

stehen am Potsdamer Platz derzeit Wohnungen.Bei Sony entstehen Wohnungen auf 20 Prozent der Gesamtfläche von 134 000 Quadratmetern (BGF).Auf den Markt kommen 132 Einheiten.Die Preise liegen zwischen 6000 DM und 11 000 DM pro Quadratmeter.Weitere 60 Wohnungen will der Elektronikkonzern in seinem von Helmut Jahn entworfenen Quartier vermieten.DaimlerChrysler bringt insgesamt 600 Wohnungen am Potsdamer Platz auf den Markt.In einem ersten Schritt sind 84 Objekte im Angebot, 80 davon sind bereits verkauft.Schwerer tun sich die Investoren mit der Vermietung der Büroflächen in dem neuen Stadtteil, wie Sony-Geschäftsführer van Ommen einräumt.Allerdings nutzen beide Konzerne einen guten Teil ihrer Flächen für eigene Abteilungen.

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