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Immobilien: Gewebt oder gewirkt

Gute Bettwäsche erkennt man am Preis. Verarbeitet werden recht unterschiedliche Stoffe

Wenn Charlie ins Bett geht, ist er nie allein. Er steht von der ersten Minute an unter Beobachtung. Und wenn der Gute im Bett schwitzt oder friert, dann bleibt das auch nicht lange verborgen. Schließlich ist er voll verkabelt. Behütet wird sein Schlaf durch die Mitarbeiter des Bekleidungsphysiologischen Instituts Hohenstein. Denn Charlie ist kein gewöhnlicher Schläfer, sondern eine Testperson der ganz besonderen Art: eine Kupferpuppe, mit deren Hilfe das Institut in einer Klimakammer die Atmungsaktivität von Kleidung und Bettwäsche testet.

Wer sich jetzt im Frühjahr mit neuen Laken und Bezügen eindecken will, sollte neben der Luftdurchlässigkeit allerdings noch einige andere Kriterien für erholsamen Schlaf beachten.

„Im Vordergrund steht beim Bettwäschekauf natürlich das subjektive Empfinden“, sagt Michael Kreuzberg vom Bettwaren-Fachgeschäft „Schlafwandel“ in Charlottenburg. Der eine liebt das seidig-glatte Gefühl von Satinlaken auf der Haut, der andere die leicht raue, kuschelige Oberfläche von Flanellbezügen. Doch egal, für welches Material man sich entscheidet: Gute und schlechte Qualität gibt es überall. Das gilt nicht nur für das verarbeitete Gewebe selbst, sondern zum Beispiel auch für die Anbringung von Knöpfen und Reißverschlüssen oder Färbung und Druck. Für den Laien sind die entscheidenden Feinheiten allerdings meist schwer zu erkennen. Michael Kreuzberg macht daher eine relativ einfache Rechnung auf: „Schlechte Qualität erkennt man am Preis – und gute ebenfalls.“ Wer im Fachhandel kaufe und sich ausführlich beraten lasse, sei vor Fehlkäufen relativ sicher. Vor dem Gang ins Geschäft sollte man sich allerdings über die speziellen Eigenschaften gängiger Gewebetypen informieren – etwa Satin, Jersey, Biber, Seersucker oder Mikrofaser.

Abgesehen von Seiden sind Baumwollsatingewebe in der Regel am hochwertigsten. Doch auch hier gibt es große Unterschiede, zum Beispiel im Hinblick auf die verwendeten Garne oder die Dichte des Gewebes. Satin-Bettwäsche hat eine angenehm glatte Oberfläche, durch die Aufdrucke gut zur Geltung kommen. Besonders edel und aufwändig verarbeitet ist Mako-Satin – was sich im Übrigen auch beim Preis bemerkbar macht. Mako ist eine ägyptische Baumwolle, die sich durch ihre besonders feinen Fasern auszeichnet. Neben dem in den USA angebauten „Sea Island Cotton“ gilt sie als weltweit beste Baumwollart. In einem speziellen Veredlungsvorgang, dem so genannten Mercerisieren, wird das Mako-Satin-Gewebe noch glänzender und strapazierfähiger gemacht.

Jersey-Bettwäsche wird im Gegensatz zu den meisten anderen Textilien nicht gewebt, sondern gewirkt, also wie Häkelware aus Maschen hergestellt, die miteinander verknüpft werden. Sie ist elastisch, geschmeidig und pflegeleicht. Lutz Braun vom gleichnamigen Bettwäschehersteller kennt allerdings auch die Nachteile des Materials. „Jersey neigt dazu, sich in der Form zu verziehen. Deshalb werden die Bezüge bei uns nicht mit Knöpfen, sondern mit einem Reißverschluss versehen.“ Das erleichtere das Beziehen auch nach häufigem Waschen.

Zwar müssen die meisten hochwertigen Bettwaren heute nicht mehr unbedingt gebügelt werden. Wer seine Wäsche aber dennoch nach guter alter Tradition in die Heißmangel bringt, sollte bedenken, dass Reißverschluss-Zipper beim Mangeln zu Druckstellen, schlimmstenfalls zum Einreißen des Stoffes führen können. Bei Bettwäsche mit Knöpfen sollte man wiederum darauf achten, dass diese nicht zu weit auseinander liegen, da sonst die Bettdecke immer wieder zwischen ihnen hindurchrutscht. Druckknöpfe empfiehlt Braun grundsätzlich nicht. „Wenn die kaputt gehen oder ausreißen, klafft an der betreffenden Stelle ein Loch und der gesamte Bezug ist nicht mehr zu gebrauchen.“

Ein echter Winter-Bestseller ist Biber-Bettwäsche. Biber ist ein wohlig-weiches Baumwollgewebe mit angerauter Oberfläche. Die Bezeichnung soll übrigens tatsächlich dem gleichnamigen Nagetier zu verdanken sein. Denn ursprünglich bezeichnete man damit Wollstoffe, die so bearbeitet wurden, dass sie einen dichten, dem Biberpelz ähnlichen Flausch bildeten. Durch ihre aufgeraute Oberfläche wird Biber-Bettwäsche als sehr wärmend empfunden und steht besonders in der kalten Jahreszeit hoch im Kurs. „Klassische Sommer- und Winterbettwäsche gibt es aber eigentlich nicht“, sagt Michael Kreuzberg von „Schlafwandel“. Die Temperaturregelung beim Schlafen erfolge in erster Linie über die Bettdecke. Zwar würden Menschen aufgeraute Stoffe als besonders wärmend empfinden. Doch auch hochwertige glatte Gewebe wie etwa Satin nähmen rasch die Körpertemperatur des Schlafenden an.

Seersucker ist ebenfalls ein Baumwollgewebe. Es besteht aus sich abwechselnden glatten und gerafften Stoffstreifen und erhält dadurch seine charakteristische „Knitteroptik“. Seersucker-Bettwäsche ist besonders atmungsaktiv, da der Stoff wegen seiner plastischen Oberfläche nicht vollständig am Körper anliegt, so Wärme abhält und Luftzirkulation ermöglicht. Außerdem ist sie leicht zu waschen und muss nicht gebügelt werden. Der klangvolle Name soll sich von den persischen Worten „shir o shekar – Milch und Zucker" ableiten.

Bettwäsche aus Kunstfasern – an ihr scheiden sich die Geister. „Naturliebhaber“ wie Lutz Braun vermissen unter solchen Stoffen das natürliche Schlafklima. Andere schlummern zum Beispiel in Mikrofaser-Bettwäsche gleich noch mal so gut. Mikrofasergewebe sind durch ihre feinsten Einzelfäden außergewöhnlich weich. Sie nehmen schnell Schweiß auf und ermöglichen gleichzeitig eine gute Luftzirkulation.

Egal, für welches Material man sich entscheidet: Wichtig ist die Hautverträglichkeit des Stoffes. Bekannt und auf vielen Textilwaren vertreten ist inzwischen das Gütesiegel „Öko-Tex Standard 100“ der Internationalen Gemeinschaft für Forschung und Prüfung auf dem Gebiet der Textilökologie. Seit Anfang der 90er Jahre untersucht die Öko-Tex-Gemeinschaft Textilien auf ihre Schadstoffhaltigkeit, vor allem auf Krebs und Allergien auslösende Substanzen. Bettwäsche ohne Öko-Zeichen muss allerdings nicht zwingend die schlechtere Wahl sein, meint Michael Kreuzberg „Viele Produkte übertreffen diese Norm sogar, ohne entsprechend gekennzeichnet zu sein.“

Für Allergiker, die mit Milben, Hausstaub, Pilzsporen oder anderen mikroskopisch kleinen Mitbewohnern zu kämpfen haben, ist häufiges Waschen der beste Schutz. Sie sollten pflegeleichte Materialien bevorzugen, denen diese Sonderbehandlung nichts ausmacht.

Immer mehr Hersteller werben darüber hinaus mit spezieller Anti-Allergie-Bettwäsche. Und auch die verschiedensten Gütesiegel für entsprechende Produkte sind mittlerweile am Markt vertreten. So vergibt etwa der TÜV ein (freiwilliges) Prüfzeichen an Bettwäsche, die zuvor auf ihre Eignung für Allergiker getestet wurde. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob Gewebe und Verarbeitung so beschaffen sind, dass Feinstaub und andere Allergien auslösende Substanzen nicht durch den Stoff hindurch dringen können. Michael Kreuzberg hält teure Anti-Allergie-Bezüge allerdings für Bauernfängerei. „Es wird zwar immer wieder versucht, mit Hinweisen auf Allergietauglichkeit einen höheren Preis zu erzielen“, sagt er. „Im Handel hat sich bisher aber kein Produkt wirklich durchgesetzt.“

Vor Milben, die nicht im Bett oder Kopfkissen, sondern in der Matratze stecken, können partikeldichte Matratzenbezüge, so genannte Encasings, zumindest teilweise schützen. Doch nur wirklich gute Bezüge halten Allergene wirksam vom Schlafenden fern und sind gleichzeitig so atmungsaktiv, dass man nicht das Gefühl hat, auf einer Plastikplane zu liegen – zu diesem Ergebnis kamen die Verbraucherschützer der Zeitschrift Öko-Test und der Stiftung Warentest, die Encasings verschiedener Hersteller unter die Lupe nahmen.

Biber. Wohlig-weiches Baumwollgewebe mit angerauter Oberfläche.

Seersucker. Baumwollgewebe mit abwechselnden glatten und gerafften Stoffstreifen, besonders atmungsaktiv.

Jersey. Im Gegensatz zu anderen Textilien wird der Stoff nicht gewebt sondern - ähnlich wie Häkelware - aus Maschen hergestellt. Das Gewebe ist elastisch, geschmeidig und pflegeleicht.

Satin. Es gibt große Unterschiede, was die verwendeten Garne oder die Dichte des Gewebes betreffen. Es hat eine angenehme glatte Oberfläche.

Mako-Satin. Mako gilt als weltweit beste Baumwollart. Durch eine spezielle Veredlung wird der Stoff noch glänzender und strapazierfähiger gemacht. W.H.

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