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Gutes Ergebnis: Bürohochburg Berlin trotzt der Krise

Wer schreibt, bleibt Der Markt blieb 2009 vergleichsweise stabil. Aber: Weniger Umzüge, weniger neue Gebäude.

„Es war ein ganz normales Jahr“, sagt Rüdiger Thräne, Leiter der Berliner Niederlassung des Immobilienberatungsunternehmens Jones Lang LaSalle (JLL), beim Rückblick auf 2009. Das ist, gemessen an den wirtschaftlichen Verwerfungen der vergangenen Monate, denn doch eine erstaunliche Aussage. Zwar mussten sowohl der Vermietungs- als auch der Investmentmarkt für Büros in Berlin im Vergleich zu den Vorjahren deutliche Einbußen hinnehmen. Sie hielten sich aber viel besser, als es die Experten angesichts von Finanzmarktkrise und Wirtschaftseinbruch erwartet hatten.

In Zahlen: Den wichtigsten Maklerunternehmen zufolge wurden in Berlin im vergangenen Jahr zwischen 410 000 und 420 000 Quadratmeter Büros vermietet. Das sind zwar etwa zwölf Prozent weniger als im Jahr 2008, aber fast so viel wie im Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Damit präsentiert sich die Situation für die Immobilienprofis in der Hauptstadt wesentlich erfreulicher als für ihre Kollegen in den meisten anderen deutschen Bürohochburgen. Die Makler in München zum Beispiel mussten ein Minus beim Vermietungsgeschäft um fast ein Drittel, diejenigen in Düsseldorf sogar um beinahe die Hälfte verkraften.

Das vergleichsweise gute Berliner Ergebnis sollte allerdings nicht als Zeichen wirtschaftlicher Stärke missverstanden werden. Vielmehr profitiert der Büromarkt an der Spree davon, dass die öffentliche Hand hier stark vertreten ist – und die wird von der Wirtschaftskrise weniger massiv getroffen als private Firmen. „Wenn die Wirtschaft als Nachfrager ausfällt“, formuliert es Jan Hübler, Berliner Bürovermietungschef bei JLL, „bleibt uns immer noch der regierungsnahe Sektor.“ Der war im vergangenen Jahr denn auch für die größten Vermietungen verantwortlich. So sicherte sich die Bundesagentur für Arbeit 17 000 Quadratmeter im Kindl-Boulevard in Neukölln, und das Bundesinstitut für Risikobewertung unterschrieb einen Mietvertrag für 14 500 Quadratmeter in Charlottenburg.

Dagegen halten sich Privatunternehmen bei Umzügen zurück. Markus Schmidt, Leiter der Research-Abteilung des Maklerhauses Aengevelt, stellt fest, dass Mieter selbst dann zögern, einen Vertrag zu unterzeichnen, wenn dieser bereits ausgehandelt ist. „Im Moment wird dem Verbleib im Objekt, möglichst zu günstigeren beziehungsweise flexibleren Konditionen, der Vorzug gegeben“, bestätigt Matthias Hauff, Berliner Vermietungschef beim Maklerunternehmen CB Richard Ellis.

Bei solchen Verhandlungen rennen die Mieter offene Türen ein: Weil die Vermieter wissen, dass sie nur schwerlich einen neuen Mieter finden würden, kommen sie den bisherigen Nutzern beim Preis und bei der Vertragsgestaltung notgedrungen entgegen. Oft, sagt Hübler, würden derzeit Mietverträge um lediglich zwei Jahre verlängert – und nicht um fünf oder zehn Jahre, wie es in der Branche eigentlich Usus ist. Das Kalkül der Mieter: Bis in zwei Jahren dürften die wirtschaftlichen Perspektiven wieder klarer sein – und dann wird möglicherweise auch wieder ein Umzug gewagt.

Firmen, die sich trotzdem schon jetzt für einen neuen Standort entscheiden, bevorzugen günstigere Flächen, die auch nicht unbedingt in prominenter Lage sein müssen. Ein Beispiel: Während am Potsdamer Platz im Jahr 2008 rund 31 000 Quadratmeter Büros vermietet wurden, waren es 2009 nur 9000 Quadratmeter. Als Folge dieser Entwicklung hat der durchschnittliche Mietpreis im Lauf des Jahres 2009 nach Berechnungen von CB Richard Ellis um 14 Prozent auf 10,64 Euro pro Quadratmeter nachgegeben. Kaum Impulse kommen von Unternehmen, die ihren Sitz nach Berlin verlegen. Nur zwei bedeutende Neuansiedlungen, diejenigen des Suhrkamp-Verlags und der Nachrichtenagentur dpa, nennt JLL-Mann Hübler. Trotzdem ist der Büroleerstand – die Makler beziffern ihn auf sieben bis neun Prozent – praktisch gleich geblieben. Denn anders als in den für die Immobilienbranche ebenfalls schwierigen Jahren 2003/2004 werden derzeit nur relativ wenige Bürogebäude neu errichtet.

Besser als erwartet schlug sich auch der Investmentmarkt, also das Geschäft mit dem Verkauf von Bürohäusern, Einkaufszentren und anderen gewerblich genutzten Immobilien. „Der Berliner Markt war erneut einer der attraktivsten Investmentmärkte Deutschlands“, urteilt Sven Stricker, Niederlassungsleiter des Maklerhauses BNP Paribas Real Estate. Den Umsatz beziffert Stricker auf 1,35 Milliarden Euro, was 41 Prozent unter dem Vorjahresergebnis liegt. Allerdings hatte es Anfang 2009 so ausgesehen, als ob es noch viel schlimmer kommen würde: Banken zögerten bei der Vergabe von Krediten, und potenzielle Käufer warteten ab, da sie mit weiter sinkenden Preisen rechneten. Doch seit dem Sommer haben die Notare wieder ordentlich zu tun. Als Käufer aktiv sind laut JLL-Fachmann Thräne hauptsächlich eigenkapitalstarke Anleger wie zum Beispiel offene Fonds und reiche Privatinvestoren. So gingen beispielsweise der Römische Hof am Boulevard Unter den Linden und das KPMG-Gebäude auf dem Köbisdreieck ins Eigentum von Privatleuten über.

Für den derzeit dicksten Fisch im Berliner Investmentgewässer wird aber noch ein mutiger Angler gesucht: Die US-Investmentbank Morgan Stanley will das Sony-Center verkaufen, das sie selbst erst 2008 erworben hat. Nur: So sehr hat sich die Lage auf dem Immobilienmarkt doch noch nicht beruhigt, dass sich auf die Schnelle ein Investor finden ließe, der in der Lage ist, rund 600 Mio. Euro auf den Tisch zu legen.

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