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Immobilien: Immer mit der Ruhe – von Anfang an

Schallschutz ist nachträglich schwer machbar Dezibelwerte am besten vertraglich festlegen

Der Nachbar telefoniert – und man hört jedes Wort. Er geht auf die Toilette – und die Spülung rauscht wie ein Bergbach mitten im Wohnzimmer. Die Nachbarin trägt Stöckelschuhe – und die Decke zittert. Eine hellhörige Wohnung kann zur Hölle werden. Das gilt erst recht, wenn man sie vom mühsam ersparten Geld gekauft hat. Mängel lassen sich nachträglich nur schwer beheben und bedeuten oft viel Ärger mit dem Bauträger.

Eigentlich sollte eine ruhige Wohnung zumindest bei einem Neubau heute eine Selbstverständlichkeit sein, findet der Bauphysiker Jürgen Friedrichs, Bauherrenberater beim Bauherren-Schutzbund (BSB) in Berlin: „Die heute verfügbaren Materialien und Bauweisen ermöglichen ohne großen Aufwand ein Schallschutzniveau mittlerer Art und Güte, das teilweise deutlich über den bestehenden Mindestanforderungen liegt“, sagt er.

Dennoch gehört unerwünschter Lärm zu den häufigsten Mängeln, bei denen der Verband um Rat gebeten wird. Meist sind die Wohnung oder das Haus dann schon fertig, meist auch schon bezogen, und der Kaufpreis ist komplett bezahlt. Soll der Bauträger nun nachbessern, muss man ihm den Mangel erst einmal beweisen. „Das geht nur durch Schallschutzmessungen“, sagt Friedrichs. Die Messungen ebenso wie deren Auswertung sind aufwendige Verfahren, mit denen man nur qualifizierte und praxiserfahrene Fachleute beauftragen sollte, rät er. Amtlich anerkannte Schallschutzprüfstellen findet man unter www.vmpa.de.

Mit Kosten ab 1000 Euro müsse man für eine kleinere Untersuchung rechnen. Ein solches Gutachten wird besonders wichtig, wenn der Streit bis vor Gericht geht. Mit viel Aufwand sind in der Regel auch nachträgliche Verbesserungen bei der Schalldämmung verbunden. Wohnungstrennwände lassen sich beispielsweise durch Vorsatzschalen gegen Luftschall isolieren. „Das geht aber auf Kosten der Wohnfläche“, erläutert Friedrichs. Etwas einfacher seien Schallbrücken an schwimmend verlegtem Estrich oder im Bereich der Hausinstallationen zu beheben. Der Wohnungsnachbar darf sich laut Friedrichs Einschätzung gegen die Arbeiten nicht wehren, sofern sie während der üblichen Arbeitszeit ablaufen.

Egal wie kompliziert die Arbeiten sind – ist eine Wohnung lauter als gesetzlich gestattet, muss auf jeden Fall nachgebessert werden. Ob darüber hinaus der Kaufpreis gemindert werden dürfe, müsse von Fall zu Fall entschieden werden. Angesichts des Aufwands rät Baufachmann Friedrichs, den Schallschutz am besten während des Baus schon im Blick zu behalten, notfalls durch Messungen. Außerdem sollte man die Bauleistungsbeschreibung genau prüfen, empfiehlt Immobilienberater Peter Dirk von der Verbraucherzentrale Berlin. Das übernehmen gegen eine geringe Gebühr zum Beispiel Verbraucherberatungsstellen. Oft wird vertraglich Schallschutz nach DIN 4109 zugesichert.

Das klingt für den Laien gut, garantiert aber noch längst kein ruhiges Wohnen: Die Norm soll lediglich unzumutbare Belästigungen verhindern. Geräusche aus benachbarten Räumen oder von außen können immer noch wahrgenommen werden. Besser seien genaue Dezibelangaben, sagt Bauphysiker Friedrichs. Beziffert werden sollten nicht nur die Dämmwerte für Luft- und Trittschall, sondern auch die Anforderungen an die haustechnischen Anlagen wie Toilette, Lüftung oder Aufzug.

Besondern bei sanierten Altbauten drohen Überraschungen, und es lohnt sich vor dem Kauf ein genauer Blick in die Unterlagen. „Oft gelten die aktuellen Schallschutz-Anforderungen nur für die im Zuge der Sanierung erneuerten Hausteile, nicht jedoch für die Altbausubstanz wie Decken oder Außenwände“, sagt Verbraucherschützer Dirk.

Auf ausreichenden Schallschutz sollte indes nicht nur Wert legen, wer die Ruhe liebt, sondern auch, wer andern ihre Ruhe gönnt. „Ein Berufsmusiker beispielsweise ist gut beraten, auf eine Schalldämmung über den Mindestanforderungen zu achten“, sagt Peter Dirk. ddp

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