zum Hauptinhalt
Angesichts der hohen Nachfrage werden in Berlin verstärkt Mietwohnungen gebaut. Damit die Preise bezahlbar bleiben, wird auch an viel befahrenen Straßen gebaut.

© Laurin Schmid/dpa

Immobilienmärkte in der Hauptstadtregion: Projektentwickler entdecken die Außenbezirke

Nachfrage nach Wohn- und Büroraum in Berlin nimmt laut Studie zur Hauptstadtregion bis 2017/18 weiter zu.

Ganz Berlin redet über die drohende Wohnungsnot. Zumindest fast ganz Berlin – denn ein renommierter Immobilienexperte stellt jetzt eine andere These auf: „Berlin steht vor einer Büronot“, sagt Andreas Schulten, Vorstandsmitglied des Analysehauses Bulwiengesa. „In drei bis vier Jahren wird die Leerstandsquote nur noch ein Prozent betragen.“

Aber standen nicht vor wenigen Jahren jede Menge Büros selbst in bester Lage leer? Sieht man nicht immer noch viele Vermietungsschilder? Und beziffern nicht Maklerhäuser den Büroleerstand je nach Erhebungsmethode auf einen Wert zwischen fünf und acht Prozent?

Das schon – doch Leerstand bei Büros ist etwas anderes als Leerstand bei Wohnungen. Selbst wenn fünf Prozent aller Büros leer stehen, kann es sein, dass Firmen keine geeigneten Flächen finden. Denn einem Unternehmen, das eine zusammenhängende Fläche von 5000 Quadratmetern benötigt, helfen zwanzig kleinere Büroräume an unterschiedlichen Orten herzlich wenig. Und an solchen großen Flächen mangle es mittlerweile, sagt Gordon Gorski, Niederlassungsleiter Berlin-Brandenburg von Hochtief Projektentwicklung (HTP). Seine Prognose: „Infolge der anhaltend hohen Nachfrage und der Verknappung von hochwertigen Flächen in zentralen Lagen ist weiterhin mit steigenden Mieten zu rechnen.“

Unter diesen Vorzeichen müsste es ein gutes Geschäft sein, Büros zu errichten. Genau dazu werde sein Unternehmen von Maklern aufgefordert, berichtet Gorski. Trotzdem baue HTP nicht spekulativ, sondern nur dann, wenn für einen erheblichen Teil der Flächen Mieter vertraglich gebunden seien. Das wiederum hängt mit der Geschäftspolitik der Kreditinstitute zusammen: „Es gibt keine Bank, die nicht eine Vorvertriebsquote von 30 bis 50 Prozent verlangt“, sagt Gorski.

Dabei ist nach Ansicht von Andreas Schulten der Büromarkt „in Berlin mit weniger Risiken behaftet als der Wohnungsmarkt“. Das gelte zumindest in denjenigen Lagen, die von Büromietern stark nachgefragt seien. Und in der Tat entstehen – trotz der von Gorski geschilderten Hemmnisse – in Berlin wieder mehr Büros als in den letzten Jahren: Das sogenannte Projektentwicklungsvolumen im Bürosegment stieg gegenüber 2012 um 14 Prozent. Das geht aus dem diese Woche veröffentlichten Bericht „Die Immobilienmärkte in der Metropolregion Berlin-Potsdam“ hervor, den Bulwiengesa im Auftrag von HTP erarbeitet hat.

Hält der Boom auf dem Berliner Wohnungsmarkt an?

Untersucht haben die Studienautoren, wie viele Bauvorhaben seit 2010 fertig gestellt wurden, momentan in Bau sind oder voraussichtlich bis 2017 realisiert werden. Erfasst wurden dabei größere Projekte ab 1000 Quadratmeter Geschossfläche, die von professionellen Projektentwicklern angegangen werden. Das Ergebnis: Der Immobilienmarkt entwickelt sich prächtig. Knapp sieben Millionen Quadratmeter Geschossfläche umfasst das Projektentwicklungsvolumen für den Zeitraum zwischen 2010 und 2017 – eine Steigerung um fast 13 Prozent gegenüber dem im Vorjahr untersuchten Zeitraum.

„Der Markt für Projektentwickler“, sagt Gorski, „ist sehr gut.“ Das gilt insbesondere für Unternehmen, die sich auf den Wohnungsmarkt spezialisiert haben. Hier legte das Projektentwicklungsvolumen sogar um 24 Prozent zu. Damit entfallen fast zwei Drittel aller neuen Bauvorhaben in der Hauptstadtregion auf das Wohnsegment. Büros kommen auf einen Anteil von 16 Prozent, Einzelhandelsimmobilien und Hotels machen je rund acht Prozent aus.

„Die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau sind angesichts der anhaltend hohen Nachfrage und der guten Finanzierungsmöglichkeiten ausgesprochen günstig“, sagt HTP-Niederlassungsleiter Gorski. Dabei würden verstärkt auch Mietwohnungen gebaut. Billige Wohnungen könnten allerdings ohne öffentliche Förderung nicht entstehen, sagt Gorski. Die Miete, die für innerstädtische Neubauwohnungen erforderlich ist, beziffert er auf mindestens zehn bis zwölf Euro pro Quadratmeter. Würden die Grundstücke geschenkt, resultiere immer noch eine Miete von mindestens acht Euro pro Quadratmeter.

Damit die Preise bezahlbar bleiben, greifen Projektentwickler zu anderen Mitteln: Sie reduzieren die Wohnfläche der neuen Wohnungen und weichen auf weniger begehrte Standorte aus. So werden laut Bulwiengesa mittlerweile auch an viel befahrenen Straßen Wohnungen gebaut. Zudem geraten neue Lagen ins Blickfeld. „Stadtteile wie Weißensee oder das nördliche Pankow waren vor fünf Jahren für Projektentwickler noch nicht attraktiv“, sagt Gorski. Mittlerweile aber sei das Preisniveau auch dort so hoch, dass sich ein Engagement lohne.

Doch hält der Boom auf dem Berliner Wohnungsmarkt an? „Wir wissen nicht, wie lange die hohen Preise noch durchsetzbar sind“, antwortet Andreas Schulten. In Düsseldorf sei der Preisanstieg bereits gestoppt. Grundsätzlich aber werde die Nachfrage in Berlin mindestens bis 2017/2018 weiter zunehmen. Daraus, so Schulten, ergäben sich „sehr gute Rahmenbedingungen für den Neubau in der Stadt, sowohl für private als auch für öffentliche Wohnungsunternehmen“.

Wohnungen entstehen auch im östlichen Spreeraum zwischen Jannowitz- und Elsenbrücke. Dieses Gebiet erklärt Bulwiengesa in der Projektentwicklungsstudie zum „Stadtentwicklungsraum des Jahres“. Nicht weniger als 605 000 Quadratmeter Geschossfläche entfallen auf diesen Bereich – fast neun Prozent des gesamten Projektentwicklungsvolumens der Region Berlin-Potsdam.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false