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Wo viel Rauch ist, sind oft gar keine Rauchmelder. Dabei ist die Investition gering, die Installation einfach, der Sicherheitsgewinn groß. Foto: www.rauchmelder-lebensretter.de

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Keine Rauchmelderpflicht: Die Hauptstadt wiegt sich nachts in Unsicherheit

Rauchmelder werden in vielen Bundesländern Pflicht – in Berlin und Brandenburg allerdings nicht. Hier fehlt es an Kontrolleuren.

Der Tod kommt meist lautlos und überrascht im Schlaf. Hunderte Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland an einer Rauchvergiftung, weil sie nachts ein Feuer in der Wohnung oder im Haus nicht rechtzeitig bemerken. Rauchmelder können daher zum Lebensretter werden. In Rheinland-Pfalz müssen aus diesem Grund bis zum 12. Juli alle Wohnungen – nicht nur Neubauten – mit den kleinen Geräten ausgerüstet sein. Dann endet eine fünfjährige Übergangsfrist.

Der Landesfeuerwehrverband sieht noch einigen Handlungsbedarf: „Viel zu wenig Haushalte sind geschützt“, sagt dessen Präsident Otto Fürst.

Mit der Pflicht zum Einbau von Rauchmeldern in neuen Gebäuden war Rheinland-Pfalz einst Vorreiter. Nach Angaben der Initiative Forum Brandrauchprävention haben mittlerweile zehn Bundesländer ähnliche Regelungen getroffen. In Mecklenburg-Vorpommern mussten schon bis Ende 2009 alle Privathaushalte nachrüsten. In Bayern soll die Plicht zum Rauchmelder voraussichtlich noch in diesem Jahr eingeführt werden. Auch Nordrhein-Westfalen will sie auf den Weg bringen, Anfang des Jahres waren bei einem verheerenden Feuer in Aachen drei kleine Kinder gestorben. Auch Nachrüstungen verlangen die Landesbauordnungen inzwischen: Bremen und Sachsen-Anhalt bis Ende 2015, Hessen bis Ende 2014, Hamburg und Schleswig-Holstein schon bis Ende dieses Jahres.

Die Einzelvorschriften der Bundesländern gleichen allerdings einem Flickenteppich. Zum Teil ist der Vermieter verantwortlich, zum Teil der Mieter. Und nicht überall werden bestehende Wohnungen einbezogen.

Anders in Rheinland-Pfalz: Dort wurde 2007 die Regelung auch auf Altbauten ausgeweitet. Mit einer Übergangszeit, die nun ausläuft. Brandenburg verzichtet auf die gesetzliche Forderung nach dem Einbau von Rauchmeldern in Gebäuden. Gegen eine solche Vorschrift spreche, dass deren Beachtung durch die Bauaufsichtsbehörden nicht wirksam kontrolliert werden könnte, teilte Bauminister Jörg Vogelsänger (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage mit. Dabei müsste nicht nur die Installation der Rauchmelder, sondern auch die Funktionstüchtigkeit überwacht werden. Wohnungsinhaber sollten freiwillig Rauchmelder installieren, fügte der Minister hinzu. Eine „eigenverantwortliche Installation“ sei kostengünstig und ohne großen technischen Aufwand möglich. Ähnlich argumentiert das Bundesland Berlin. „Wir beabsichtigen nicht, eine Pflicht zum Einbau von Rauchmeldern oder Nachrüsten in die Bauordnung aufzunehmen“, erklärte eine Sprecherin der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt auf Anfrage. Eine wirksame Kontrolle sei von den Bauaufsichtsbehörden der Hauptstadt nicht zu leisten. Man vertraue auf die Eigenverantwortung und rufe gemeinsam mit der Berliner Feuerwehr zum freiwilligen Nachrüsten auf. Der Verband Privater Bauherren konnte auf Anfrage keine Einschätzung zum Verzicht von Berlin und Brandenburg auf die Rauchmelderpflicht abgeben.

Fürs Einbauen der Geräte sind in Rheinland-Pfalz in erster Linie die Haus- und Wohnungseigentümer verantwortlich. Der Eigentümerverband Haus & Grund in Rheinland-Pfalz hat nach eigenen Angaben schon öfter seine Mitglieder darüber informiert und will nun nochmals verstärkt darauf hinweisen. „Da dämmert es den meisten jetzt“, sagt der geschäftsführende Vorsitzende des Verbands, Manfred Leyendecker. Er rät dringend zur Nachrüstung. Genau beziffern lässt sich nicht, wie viele Wohnungen und Häuser im Land noch Nachholbedarf haben. „Es gibt mit Sicherheit noch einige Haushalte, die was tun müssen“, sagt Landesfeuerwehr-Chef Fürst. Allerdings: Kontrolliert wird nicht, ob in allen etwa 1,9 Millionen älteren Wohnungen im Land Mitte Juli auch tatsächlich Rauchmelder hängen, die im Ernstfall mit einem schrillen Alarm-Ton die Bewohner wecken sollen. Strafen wie etwa Geldbußen sind nicht vorgesehen.

Ein Sprecher des Innenministeriums in Mainz verweist auf die Vereinigten Staaten von Amerika, wo auch ohne Kontrollen etwa 95 Prozent der Wohnungen mit Rauchmeldern ausgestattet seien. Doch nachlässigen Eigentümern drohen Konsequenzen ganz anderer Art. Versicherungen könnten künftig genau hinschauen, ob ein Rauchmelder einen Schaden hätte verhindern können. Und falls ja, könnten sich die Versicherer womöglich weigern, die komplette Summe zu zahlen, sagt Leyendecker von Haus & Grund.

Gesetzlich vorgeschrieben sind die Rauchmelder in Schlaf- und Kinderzimmern sowie in Fluren. Sie verhinderten zwar nicht den Brand selbst, warnten aber rechtzeitig vor Rauch in der Wohnung, heißt es in einer Information des Innenministeriums. „Es sind die Brandgase, die Menschen im Schlaf überraschen, Panik auslösen und Fluchtwege unpassierbar machen.“ Die Feuerwehren schätzen, dass Rauchmelder viele Menschenleben retten könnten und auch schon gerettet haben. Die Zahl von bundesweit 400 bis 600 Toten bei Bränden pro Jahr könne drastisch gesenkt werden, sagt Fürst vom Landesfeuerwehrverband. „Nachts schläft ja der Geruchssinn.“ Ein Schwelbrand könne sich daher unbemerkt ausbreiten. Um unbeschadet ins Freie zu kommen, blieben lediglich zwei Minuten, bevor der Rauch tödlich wirken könne, erklärt er. Deshalb sei ein lauter Alarm wichtig. Doch dazu müssen die kleinen Geräte auch eingebaut sein.

Gerade ältere Menschen aber scheuten davor zurück, weil der Rauchmelder an der Decke montiert werden müsse, sagte eine Sprecherin des Forums Brandrauchprävention, dem Verbände von Feuerwehren, Schornsteinfegern und der Versicherungswirtschaft angehören. Oder es würden Fehlalarme befürchtet. „Das ist wirklich ein heikles Thema mit ganz viel Aufklärungsbedarf.“ (dpa/dapd/Tsp)

Jan Brinkhus

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