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Immobilien: Mietverträge unter dem Hammer

Erstmals konnten Mieter in Berlin Büros ersteigern. Die Auktion war ein Erfolg. Weitere könnten folgen

Der Sieger heißt Lars Wittenberg und ist Geschäftsführer des Telekommunikationsunternehmens Telefonic Tegel GmbH. Seine Trophäe: ein Mietvertrag für eine 156 Quadratmeter große Bürofläche auf dem Areal Am Borsigturm in Berlin-Reinickendorf. Eigentlich kein Grund zum Feiern; schließlich ist es angesichts des Überangebots an Büros kein Problem, vernünftige Geschäftsräume in Berlin zu bekommen. Das Besondere aber ist, dass Wittenberg die Räumlichkeiten auf einer Auktion ersteigerte und dass er nun nur 1314 Euro im Monat zahlt. Das entspricht einer Kaltmiete von weniger als sechs Euro pro Quadratmeter, zuzüglich Nebenkosten von 2,56 Euro pro Quadratmeter.

Mehr als doppelt so viel, 12,78 Euro, verlangt die RSE Projektmanagement AG als Verwalterin des Geländes Am Borsigturm offiziell. Doch wegen des Überangebotes an Büroflächen ist dieser Preis nicht durchzusetzen. Das räumt auch Sascha Nöske von der RSE Projektmanagement AG ein und sagt: „Ich muss auf den Kunden reagieren.“ Will heißen: Wer als potenzieller Mieter geschickt verhandelt, bekommt seine Flächen auch ohne Auktion deutlich günstiger.

Das hat es noch nie gegeben

Warum dann die Idee, Büromietverträge meistbietend zu versteigern? Ronald Roos, Vorstand der RSE Projektmanagement AG sagt, man habe den Standort Am Borsigturm voranbringen wollen durch ein Vorgehen, „das es so noch nie gab“. Hans Peter Plettner, Vorstand der mit der Versteigerung beauftragten Deutsche Grundstücksauktionen AG bestätigt, dass „in der bundesdeutschen Wirtschaftsgeschichte“ noch nie Gewerbemietverträge versteigert worden seien.

Die Auktion folgte den gleichen Prinzipien wie die Versteigerung von Immobilien: Sie begann beim Mindestgebot und den Zuschlag erhielt, wer am meisten zu zahlen bereit war. Im Unterschied zu anderen Immobilienauktionen hat der Vermieter jedoch ein „21-tägiges nicht zu begründendes Sonderkündigungsrecht“. In diesem Zeitraum kann der Vermieter prüfen, ob der Mieter solvent ist und nicht womöglich in den ersteigerten Räumen ein unerwünschtes Gewerbe betreiben will. Dagegen gibt es für den Mieter nach dem Zuschlag kein Zurück mehr.

Die Frage, ob sich der Vermieter durch die Versteigerung nicht selber die Preise kaputt macht, verneint Nöske: Man müsse sich am Markt orientieren – „und wenn die Zeiten besser sind, werden wir auch wieder gute Preise erzielen“. Dass die durch die Versteigerung abgeschlossenen Mietverträge auf zwei Jahre begrenzt sind, sei ganz normal: Längere Verträge unterzeichne derzeit ohnehin kaum ein Unternehmen. Und nach Ablauf der zwei Jahre werde man die Miete gewiss nicht sprunghaft erhöhen, da man die Mieter ja nicht verlieren wolle.

Günstige Mietpreise ersteigert

Die Mieter kamen gut vorbereitet zur Auktion. Lars Wittenberg etwa, der sich die erste angebotene Fläche sicherte, kennt den Standort Am Borsigturm bestens. Sein Unternehmen verfügte dort schon zuvor über Räume. Auch Thomas Nitschke, Geschäftsführer des Internet-Unternehmens Cenes Data GmbH, zieht nur innerhalb des Bezirks Reinickendorf um. Bis zu 1500 Euro wollte Nitschke für die 242 Quadratmeter große Fläche bieten; den Zuschlag erhielt er für 1405 Euro. Das entspricht einer äußerst günstigen Kaltmiete von 3,25 Euro pro Quadratmeter.

Nur eine einzige der sechs Gewerbeflächen, 448 Quadratmeter groß, fand keinen Interessenten. Doch trotz dieses Erfolges will die RSE Projektmanagement nicht alle freien Flächen auf diesem Weg losschlagen. „Das war eine einmalige Aktion“, sagt Vorstand Roos, und sein Mitarbeiter Nöske ergänzt: Die von einer aufwendigen Werbekampagne begleitete Versteigerung sei „ein Marketinginstrument, kein Absatzinstrument“ gewesen. Tatsächlich sind die zur Versteigerung gebrachten Flächen angesichts eines von der RSE Projektmanagement AG verwalteten Immobilienbestandes von insgesamt 150000 Quadratmetern gering. Wichtiger war es dem Unternehmen, das derzeit zu etwa drei Vierteln vermietete Areal Am Borsigturm – einst eine Lokomotivfabrik der Firma Borsig, heute ein gemischt genutzter Standort mit Büroflächen, Einkaufszentrum und Hotel – ins Gespräch zu bringen. Eher unerwünscht war lediglich, dass die Aktion auch dem Internet-Auktionshaus e-Bay zu Ohren kam: Eine halbe Stunde vor Beginn der Versteigerung ließ dieses nämlich die Benutzung des ursprünglich vorgesehenen Namens officebay durch eine einstweilige Verfügung untersagen.

Vielleicht der größte Gewinner der Aktion ist Hans Peter Plettner von der Deutsche Grundstücksauktionen AG. Für dieses „hoch interessante neue Geschäftsfeld“ habe er bereits Aufträge von Banken, Versicherungen und Wohnungsbaugesellschaften bekommen. Die erste Versteigerung von Büromietverträgen wird nicht die letzte gewesen sein.

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