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Immobilien: "Mit Möbelwagen abgestimmt"

Howoge-Chef Baum über den Baulandmangel in BerlinVON CHRISTOF HARDEBUSCH S etzt sich der Trend fort, verliert Berlin in zwei Jahren so viele Menschen, wie durch den Regierungsumzug als Zuwachs erwartet werden.Das Statistische Landesamt beziffert den Bevölkerungsverlust für das erste Quartal 1997 im "engeren Verflechtungsraum" mit 4739 Menschen.

Howoge-Chef Baum über den Baulandmangel in BerlinVON CHRISTOF HARDEBUSCH S etzt sich der Trend fort, verliert Berlin in zwei Jahren so viele Menschen, wie durch den Regierungsumzug als Zuwachs erwartet werden.Das Statistische Landesamt beziffert den Bevölkerungsverlust für das erste Quartal 1997 im "engeren Verflechtungsraum" mit 4739 Menschen.Bausenator Jürgen Klemann will dieser Entwicklung mit der "Eigentumsstrategie Berlin 2000" Paroli bieten.Demnach sollen bis 2007 in Berlin 50 000 Eigenheime entstehen, vorrangig in östlichen Bezirken.Zu den Wohnungsbaugesellschaften, die sich dort seit längerem um die Errichtung von Eigenheimen bemühen, zählt die Wohnungsbaugesellschaft Hohenschönhausen (Howoge).Mit dem technischen Geschäftsführer Eckhard Baum sprach unser Mitarbeiter Christof Hardebusch. TAGESSPIEGEL: Sie verwalten überwiegend Plattenbauten.Woher das plötzliche Interesse am Eigenheimbau? BAUM: Wir haben vom Land, unserem Gesellschafter, den Auftrag, breite Bevölkerungsschichten mit Wohnraum zu versorgen.Wir werden dem nicht gerecht ohne Eigentumsmaßnahmen.Da wir zudem viel Geld für die Sanierung der Plattenbestände ausgeben müssen, brauchen wir andere Geschäftsfelder, um Gewinne zu erwirtschaften.Wenn wir Einfamilienhäuser nicht in Berlin anbieten, tun es andere im Umland.Die Abstimmung mit dem Möbelwagen läuft.Da wir einen erheblichen Bedarf unserer Mieter erkennen, möchten wir 100 bis 150 Einheiten pro Jahr bauen. TAGESSPIEGEL: Im ersten Halbjahr 1997 wurden in Brandenburg sechsmal so viele Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser erteilt wie in Berlin.Eine aus Sicht der Stadt vernichtende Bilanz.Was sind die Gründe? BAUM: Das derzeitige Baulandangebot ist völlig ungenügend.Wenn die Bebauung städteplanerisch möglich ist, ist das Grundstück nutzungs- oder eigentumsrechtlich blockiert.Wenn ein Privatgrundstück zum Kauf angeboten wird, kann es wegen des Flächennutzungsplans nicht mit einem Eigenheim bebaut werden.Die an der Baulandausweisung beteiligten Senatsverwaltungen blockieren sich gegenseitig.Zudem zeigt der Bezirk Hohenschönhausen bislang praktisch kein Interesse, die Eigenheiminiative zu unterstützen. TAGESSPIEGEL: Klemann schätzt, das Berliner Flächenpotential reiche für 100 000 Eigenheime.Dieses Potential konnte allerdings bislang nicht erschlossen werden.Was muß geschehen, damit der Eigenheimbau in der Stadt auf die Füße kommt? BAUM: Unsere Ziel ist das Haus für "Otto Normalverbraucher".Ein Grundstück von 200 Quadratmetern Bauland sollte nicht mehr als 80 000 DM kosten.Außerdem müssen wir die Baukosten so weit wie möglich drücken.Deshalb brauchen wir größere, zusammenhängende Flächen, auf denen wir mindestens 25 Häuser mit entsprechender serieller Vorfertigung und rationeller Bauweise erstellen können.Bislang hält Berlin geeignete Flächen aber noch als Reserveflächen zurück. TAGESSPIEGEL: Die Bauverwaltung will mit einem Wettbewerb aus den verschiedenen Eigenheimtypen das "preiswerte städtische Haus" herausschälen.Ist dieses Verfahren sinnvoll? BAUM: Bislang zeigt die Bauverwaltung eine Vorliebe für würfelförmige Häuser mit Flachdach.Ein von der Howoge eingebrachter Satteldachentwurf wurde in Wettbewerben stets abgelehnt.Zumindest im Ostteil der Stadt sind Würfelhäuser aber bei den Kunden unbeliebt.Prinzipiell sollte der Investor nach Marktlage über die Form der Häuser entscheiden.Schließlich trägt er das Risiko der Vermarktung, nicht Ämter oder Architekten.Vorgaben, die zum Beispiel Satteldächer unmöglich machen, empfinde ich als bodenlose Frechheit. TAGESSPIEGEL: Trotz aller Bemühungen wird der Baulandpreis nicht auf Umlandniveau sinken.Hat das Berliner Haus eine Chance im Wettbewerb? BAUM: Ja, jedenfalls wenn Flächen in ausreichenden Größenordnungen bereitstehen.Vom Umland aus haben die Menschen deutlich längere Anfahrtswege und eine schlechtere Infrastruktur, ob es nun um Schulen, medizinische Versorgung, Einkaufsmöglichkeiten oder Kultur geht. TAGESSPIEGEL: Können öffentliche Fördermittel den Preisnachteil ausgleichen? BAUM: Förderungen führen erfahrungsgemäß zu Preiserhöhungen.Wird das Grundstück subventioniert, steigen die Grundstückspreise.Wird der Hausbau subventioniert, steigen die Baupreise.Deshalb bin ich da sehr vorsichtig.Denkbar wäre eine bestimmte Summe, die allen bauenden Familien nach dem Grundbucheintrag ausgezahlt wird und die weder an Grundstückskäufe noch an Bauabläufe gekoppelt ist.

CHRISTOF HARDEBUSCH

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