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Immobilien: Originale bevorzugt

Dürfen Hausverwalter Vertretungsvollmachten in gefaxter Form zurückweisen?

WAS STEHT INS HAUS?

Viele Mitglieder unserer Eigentümergemeinschaft lassen sich in den Versammlungen vertreten. Bisher hat dafür die Vorlage von gefaxten Vollmachten ausgereicht. Unser neuer Verwalter hat in der jüngsten Versammlung diese Telefaxe zurückgewiesen, weil nur Originalvollmachten wirksam seien. Außerdem erschien ohne Vollmacht zur Versammlung der Ehemann der Geschäftsführerin einer GmbH & Co. KG, die im vergangenen Jahr eine Wohnung gekauft hat. Wir haben den Ehemann lediglich als „Besucher“ ohne Stimmrecht angehört. Ist auf der Versammlung alles mit rechten Dingen zugegangen?

WAS STEHT IM GESETZ?

Nach § 23 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) werden Beschlüsse in einer Versammlung der Wohnungseigentümer gefasst. Unbeteiligte Dritte – wie etwa der Ehemann der Geschäftsführerin – dürfen daher an der Versammlung nur teilnehmen, wenn die Eigentümer es im Einzelfall gestatten oder ein Eigentümer ganz ausnahmsweise auf Begleitung, etwa eines Beraters, angewiesen ist. Anders ist dies, wenn ein Eigentümer einen Vertreter in die Versammlung schickt. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen: V ZB 1/86) hat schon vor Jahren entschieden, dass sich ein Eigentümer grundsätzlich in der Versammlung vertreten lassen darf. Die Gemeinschaftsordnung kann allerdings die Stellvertretung auf bestimmte Personen beschränken, etwa auf Ehegatten oder den Verwalter. Eine andere Frage ist, wie sich der mutmaßliche Vertreter legitimieren muss. Hier gilt § 174 BGB. Danach kann die Stimmabgabe des Stellvertreters zurückgewiesen werden, wenn er keine Originalvollmacht vorlegt. Einigkeit besteht dahingehend, dass jedenfalls jeder Eigentümer das Fehlen einer Originalvollmacht mit der Folge rügen kann, dass die Stimmabgabe des Vertreters unwirksam ist. Ob aber auch der Verwalter, der ja nicht selbst an der Beschlussfassung mitwirkt, einen Vertreter ohne Originalvollmacht zurückweisen kann, ist noch nicht abschließend entschieden. Hier wird die Praxis erst Gewissheit haben, wenn sich der Bundesgerichtshof einmal mit dieser Thematik beschäftigt.

UND WIE STEHEN SIE DAZU?

Der Fall zeigt, dass neue Besen nicht zwingend auch gut kehren. Für den neuen Verwalter bestand keine Notwendigkeit, das in der Gemeinschaft eingespielte System der gefaxten Vollmachten infrage zu stellen. Sein Vorgehen hat unnötigen Unfrieden gestiftet, wobei erschwerend hinzu kommt, dass keinesfalls sicher ist, dass der Verwalter überhaupt aus eigenem Recht auf der Vorlage von Originalvollmachten bestehen kann. Die Zurückweisung eines Vertreters wegen fehlender Originalvollmacht wird in der Praxis häufig dazu genutzt, um aus einem Formfehler einen Vorteil zu ziehen. Wird in Wohnungseigentümergemeinschaften hiervon Gebrauch gemacht, hängt daher oft der Haussegen schief. Der Formverstoß wird dann nur vorgeschoben und es geht in Wahrheit allein darum, ein bestimmtes Abstimmungsergebnis zu erreichen.

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