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© dpa

Parasiten: Wenn der Hausschwamm Hunger hat

Schädlinge können Altbauten zu Sanierungsfällen machen. Was man als Käufer wissen sollte

Haustiere können zum treuen Freund werden. Und auch Pflanzen können viel dazu beitragen, dass die Wohnung zur Heimat wird. Aber dann gibt es auch noch die Art Mitbewohner, die niemand gern beherbergt: Schädlinge, tierischer und pflanzlicher Art.

Schwamm, Schaben und Schimmel sind kein kleines Thema in Berlin, mit teilweise verheerenden Folgen: „Wir müssen davon ausgehen, dass es in Berlin eine Vielzahl von Altbauten gibt, die in den nächsten Jahren aufwendig saniert werden müssen, obwohl sie schon in den Neunzigern überarbeitet worden sind“, berichtet etwa der Bausachverständige und Tagesspiegel-Rechtsexperte Stephen Dworok. Der Grund dafür sehr oft: Schwamm, genauer, der sogenannte „echte Hausschwamm“.

Der Schädling hat gleich mehrere Eigenschaften, die für Hausbesitzer kritisch werden können. Zum einen: Der Parasit entzieht, wenn er sich einmal, etwa in einer Holzdecke, eingenistet hat, dem Holz in der Umgebung Nährstoffe und Wasser. Das Material verliert dadurch schnell die Standfestigkeit, wird spröde und bricht – übrig bleiben kleine Holzwürfel, das klassische Kennzeichen für den Schwammbefall.

So etwas kann sehr schnell gehen. Außerdem ist der Schwamm auf der Suche nach Nahrung in der Lage, Distanzen bis zu 15 Meter zu überbrücken und selbst durch Brandwände hindurch benachbarte Räume zu befallen. Und, was vielen Altbau-Käufern nicht bekannt ist: War ein Haus einmal mit Schwamm befallen, dann kann auch nach äußerst akribischer Sanierung nicht ausgeschlossen werden, dass irgendwo noch Sporen des Schädlings im Holz stecken. Und diese können zur Zeitbombe werden: Wird die Stelle erneut feucht (sogar die normale Luftfeuchtigkeit kann dazu ausreichen), dann kann der Schwamm auch nach Jahren wieder zu wachsen beginnen – mit den schon erwähnten teuren Folgen.

„Im Rahmen meiner Tätigkeit habe ich es jedes Jahr mehrfach mit Eigentümergemeinschaften zu tun, in deren Haus Schwamm wieder ausgebrochen ist“, schildert Dworok. Für die erneute Beseitigung rechnet der Experte mit Kosten, die ungefähr noch einmal die Hälfte dessen betragen können, was der Kauf der Wohnung gekostet hat – für Besitzer, die noch in der Finanzierung stecken, kann das zum K.O.-Kriterium werden.

Was also tun, um vor dem Kauf herauszufinden, ob die gefährlichen Sporen in der Holzkonstruktion stecken? Die schlechte Nachricht: „Sie sehen unter Umständen gar nichts als Käufer“, so der Experte. „Auch ein Sachverständiger kann so etwas nur mit zerstörenden Untersuchungen feststellen.“ Also hilft nur die Suche nach Indizien: Ist das Haus schon einmal saniert worden, dann sollte man sich so genau wie möglich schildern lassen, welche Arbeiten in diesem Rahmen erledigt wurden und explizit nach früherem Befall mit Hausschwamm fragen. „Am besten ist eine schriftliche Versicherung des Verkäufers, nach der das Haus untersucht wurde und dabei nichts gefunden wurde.“ Die Formulierung sollte man allerdings einem Anwalt überlassen, um nicht durch eine falsche Formulierung an sich berechtigte Ansprüche wieder zu verlieren.

Wenn es darum geht, was sich sonst noch so in Berliner Altbauten versteckt, dann fällt dem Experten als erstes Schimmel ein – allerdings weniger gefährlich, weil leichter erkennbar. „Vorsichtig sollte man aber dann sein, wenn Wände im Keller oder Erdgeschoss mit Gipskarton verkleidet sind. Damit wird gerne mal eine nasse Wand kaschiert.“ Auch kommt es vor, dass, vor allem unter dem Dach, Balken von tierischen Schädlingen befallen sind. Ein Fehler ist es deshalb nie, einen Sachverständigen das Holz besichtigen zu lassen. Auch dem Laien können schon Indizien wie feines Holzmehl auf dem Boden oder die sogenannten „Fraßgänge“ im Balken auffallen. Stark abgenommen hat der Befall mit Taubenzecken, da die meisten Hausbesitzer in den letzten Jahren Vorkehrungen getroffen haben, um die Vögel als Wirte der Schädlinge draußen zu halten.

In jedem Fall: Grund zur Panik sieht Dworok trotz der denkbaren Schäden vor allem durch Schwamm nicht: „Wenn ein Altbau einmal befallen war, dann sollte sich das auch im Preis niederschlagen.“ Denn dann kann der Kauf mit Risiko sogar zum Geschäft für Erwerber mit guten Nerven werden. Denn ob und wann erneut saniert werden muss, das kann ja niemand wissen.

Kai Kolwitz

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