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Immobilien: Suche Wohnung in Paris — biete Yacht

Der Tausch von Wohnungen und Häusern begann vor 50 Jahren. Akademiker sahen darin eine Gelegenheit, mit wenig Geld lange Urlaub zu machen. Daraus entstanden professionelle Tauschbörsen

Das Haus aus dem 17.Jahrhundert in der Heerengracht ist typisch für die Altbauten in der Amsterdamer Innenstadt. Vom Hochparterre blickt man auf die vorbeiziehenden Grachtenboote voll mit kamerabewehrten Japanern, die einen kurzen Einblick in einen typischen holländischen Haushalt erhaschen. Was sie nicht wissen: Sie sehen keine Holländer, sondern Susanne Kippenberger aus Berlin. Sie hat das Privathaus eines Pärchens gegen ihre Wohnung im Stadtteil Schöneberg getauscht. Zum Nulltarif.

Das war nicht das einzige Mal, dass die Tagesspiegel--Redakteurin ihre Wohnung getauscht hat mit diesen oder auch anderen Partnern. Aus einigen Kontakten wurden Freundschaften. Schlechte Erfahrungen hat sie noch nie gemacht: „Im Gegenteil, mal stand ein Blumenstrauß, mal ein kleines Ölgemälde auf dem Küchentisch als ich zurückkam“, sagt sie. Von schlechten Erfahrungen wissen auch die Initiatoren der zwischengeschalteten Tauschbörsen nichts – obwohl hunderttausende Privat-Wohnungen jährlich den Nutzer wechseln.

„In San Franzisko haben wir ein Haus mit Gärtner und Hausmädchen bekommen“, sagt Leoni Günzler. Die Deutschland-Chefin der Börse Intervec habe verunsichert darauf hingewiesen, dass ein solcher Luxus bei ihr nicht zu erwarten sei. Doch das spielte für den Tauschpartner keine Rolle. Zu den schönsten Erinnerungen an fremde Häuser zählte auch die Wohnung an der finnischen Seenplatte mit Wasserblick. Und dann war da noch die Bootstour mit der norwegischen Gastgeber-Familie, die in einem Sturm mit vier Meter hohen Wellen endete.

Während die meisten Börsen-Mitglieder sich nicht auf einen bestimmten Zielort für ihr Tauschabenteuer festlegen, suchen andere etwas ganz Bestimmtes. Im Gegenzug legen sie einstweilen wunderbare Köder aus: Zum Beispiel Larry Doff, Eigentümer einer Yacht in Washington, der eine Wohnung in Paris sucht. Die Yacht liegt am Pontomac-Fluss, ist 15 Meter lang und fünf Meter breit. An Bord fehlt es an nichts: Zwei Schlafzimmer, mit einem großen Doppelbett für schöne Abende, sowie ein Raum mit zwei Einzelbetten – falls es mal Streit gibt –, eine Küche mit Mikrowelle, Herd und Grill, zwei Sonnendecks – eines davon mit Esstisch–, zwei Duschen, ein Badezimmer, und ein Salon mit Fernseher und natürlich Musikanlage. Wem es an Bord zu langweilig wird, kann mit dem Auto des Eigentümers auf Landurlaub gehen – denn auch den Tausch der Fahrzeuge bietet der Eigentümer an. Maximal vier Wochen will Doff nach Paris – der Ortswechsel soll noch in diesem Jahr stattfinden.

Wann das mit den Haus-Tauschbörsen alles begann, ist umstritten. Manfred Lypold, Vorstand der nach eigenen Angaben weltweit größten Börse „Homelink“, erzählt die Geschichte so: Zwei amerikanische Universitätsangehörige seien die Gründer der Bewegung gewesen. Der eine habe an der Westküste, der andere an der Ostküste gearbeitet. Um das Leben am anderen Ende des Kontinents kennen zu lernen, habe man 1953 den ersten Tausch vereinbart – die Geburtsstunde von „Homelink“. Die Europäer dagegen sagen, zwei befreundete Lehrerpaare aus der Schweiz und den Niederlanden hätten vor 50 Jahren erstmals ihre Wohnungen getauscht. Damit wollten sie das zur damligen Zeit akademikertypische Problem lösen: wenig Geld, viel Urlaub. Ihre guten Erfahrungen sprachen sich rum, und Freunde schlossen sich dem Kreis an. Heute sind 10000 Mitglieder aus 50 Ländern bei der ältesten europäischen Börse „Intervac“ registriert.

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