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Immobilien: Teure Versuchung

Wer seine Wohnung oder sein Haus per Mietkauf erwerben will, braucht kein Hypothekendarlehen Das klingt verlockend – aber wer auf diese Art finanziert, geht zuweilen hohe Risiken ein

Der Weg ins eigene Heim kann so einfach sein – wenn man der Genossenschaft Genotec aus dem schwäbischen Leinfelden-Echterdingen glaubt: ohne Kredit, ohne Schulden, garantiert zins- und tilgungsfrei. Mit dem sogenannten Mietkauf-Modell umgarnen Unternehmen wie die Genotec vor allem junge Familien ohne Eigenkapital oder Selbstständige, denen Banken nur ungern Kredite gewähren. Verbraucherschützer allerdings warnen: In den meisten Fällen geht die Gleichung „erst mieten, dann kaufen“ nicht auf.

Auf den ersten Blick hat der aus den siebziger Jahren stammende Gedanke etwas Verlockendes: Familie A kann sich das ersehnte Häuschen im Moment nicht leisten. Also zieht sie dort zunächst zur Miete ein und kauft es erst später, in 15 Jahren zum Beispiel. Sie steigt, sozusagen, vom Mieter zum Eigentümer auf. Ein Teil der monatlichen Miete wird dabei auf den Kaufpreis angerechnet, außerdem legt Familie A. noch regelmäßig Geld für den Kauf zurück, je nach Anbieter in Form von Genossenschaftsanteilen, Banksparplänen, Aktien- oder Rentenfonds.

Teure Hypotheken, so die Idee dahinter, sind damit nicht nötig. Selbst ein Ausstieg aus dem Projekt ist theoretisch jederzeit möglich: Genotec-Mitglieder etwa müssen nur die üblichen Kündigungsfristen für Mietverträge einhalten und mit einjährigem Vorlauf ihre Mitgliedschaft in der Genossenschaft kündigen. Ihre Einlage und ihr angespartes Guthaben würden sie mit Ausnahme der teilweise happigen Abschlussgebühren von bis zu 6 400 Euro anschließend zurückerhalten.

Genau hier allerdings liegt der entscheidende Schwachpunkt des Mietkaufes. „Das Modell klappt nur“, kritisiert die Stiftung Warentest, „wenn ständig neue Genossen einzahlen.“ Kündigen mehr Mitglieder als neue dazukommen, geht der Genossenschaft das Geld aus, um ihre Immobilien erwerben zu können. Dazu braucht sie die monatlichen Mieten und die Einlagen der Neu-Genossen. Außerdem sollten Mietkäufer besonders disziplinierte Sparer sein. Sonst müssen sie am Ende, wenn sie ihr Wunschobjekt kaufen, doch noch einen teuren Bankkredit abschließen. Diese Finanzierung, warnt auch die Verbraucherzentrale Hessen, „ ist immer teuer, risikoreich und, wenn überhaupt, nur mit langen Laufzeiten realisierbar“.

Würde Familie A. zum Beispiel bis zum 50. Geburtstag des Vaters zur Miete in ihrem Reihenhäuschen wohnen und das Ersparte nicht zur Übernahme der Immobilie reichen, müsste sie noch eine Hypothek aufnehmen, die dann bis weit ins Rentenalter der Eltern hinein laufen würde. Klassische Immobilienfinanzierungen dagegen sind in der Regel so angelegt, dass die Eigentümer ihr Haus oder ihre Wohnung bis zur Rente abbezahlt haben.

Ein Mietkauf als Alternative zum Bankdarlehen ist also nur für Käufer interessant, die nichts auf der hohen Kante haben, aber gut genug verdienen, um kräftig sparen zu können – und die dann auch entsprechend konsequent Geld zur Seite legen. Oder für „Geschäfte“ innerhalb der Familie, wenn etwa die Großeltern ihrem Enkel schon zu Lebzeiten eine Wohnung überlassen, aber noch nicht überschreiben wollen.

In den meisten Fällen jedoch ist die Vollfinanzierung mit Bankkredit nach Einschätzung der Stiftung Warentest günstiger: „Wenn Sie über genügend Eigenkapital und Einkommen verfügen, sollten Sie Ihre Immobilie besser auf Kredit finanzieren.“ Ausgesprochen solvente Häuslebauer indes sind nicht unbedingt die Zielgruppe der Makler, Bauträger und Genossenschaften, die die alte Mietkauf-Idee in den letzten Jahren neu belebt haben. Sie wenden sich vor allem an junge Familien oder Selbstständige, die von ihren Banken keinen klassischen Hypothekenkredit bekommen, sich aber dennoch den Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen wollen. Aber: Mit der Miete fürs künftige Eigenheim, die in der Regel deutlich höher angesetzt ist als die für ein vergleichbares, „normales“ Miet- Objekt, und der monatlichen Sparrate kommen schnell 1500 Euro und mehr an Doppelbelastung zusammen. Dirk Weinsheimer, der Bauexperte der Verbraucherzentrale Thüringen, empfiehlt daher, Mietkauf-Angebote vor Vertragsabschluss von der örtlichen Verbraucherzentrale abklopfen und auf ihre Rentabilität durchrechnen zu lassen.

Auch das angebotene Objekt sollten Interessenten genau unter die Lupe nehmen: Unter Umständen handelt es sich bei Mietkauf-Angeboten um Häuser oder Wohnungen, die auf klassischem Weg nicht vermarktet werden können. Hier gilt wie für jede andere Immobilie: Der Zustand der Immobilie muss stimmen – und vor allem die Lage.

Veronika Csizi

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