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Immobilien: Vertrauen ist gut, ein Ombudsmann besser

Korruption beginnt schon im Kleinen, findet die Wohnungsbaugesellschaft Gesobau – und sagt unlauteren Angeboten den Kampf an

Ganz verlegen war der Angestellte der Wohnungsbaugesellschaft Gesobau. Vor ihm stand eine betagte Mieterin mit einem Pfund Kaffee in der Hand, überreichte ihm das kleine Päckchen und dankte ihm überschwenglich für die rasche und ausgezeichnet ausgeführte Sanierung ihrer Wohnung. In Verlegenheit brachte ihn nicht nur die Dankbarkeit der alten Dame, sondern auch das „kleine Geschenk“, das dem Volksmund zufolge Freundschaften erhält – und genau deshalb laut Gesobau-Satzung auf keinen Fall angenommen werden darf.

Die Aktiengesellschaft gehört zu den Vorreitern unter den landeseigenen Unternehmen im Kampf gegen die Korruption. Deshalb hat der Vorstand des Wohnungsbaukonzerns einen „corporate covernence codex“ in die Satzung geschrieben. Das ist der neudeutsche Ausdruck für die Selbstverpflichtung zum richtigen Umgang mit unlauteren Einflussnahmen auf Geschätsentscheidungen. Außerdem wurde ein externer „Ombudsmann“ eingeschaltet. An diesen kann sich jeder Mitarbeiter, jeder Auftragnehmer und jeder Mieter wenden, wenn er glaubt, dass „irgendetwas faul ist“ bei der Vergabe eines Auftrags oder sonst in der Verwaltung der Gesobau.

An Ombudsmann Jürgen Kemper wandte sich auch der verlegene, von der alten Dame beschenkte Mitarbeiter. Kemper empfahl ihm, „den Kaffee zu behalten und seiner Abteilung zur Verfügung zu stellen“. Es sei zwar richtig, dass auch die „Anfütterung“ von Angestellten durch korrumpierende Firmen mit ganz kleinen Zuwendungen beginne. Doch im Fall der alten Dame sei offensichtlich, dass diese kein anderes Interesse habe, als ihre Dankbarkeit auszudrücken. Ganz andere Empfehlungen gab Kemper dagegen jenen Gesobau-Mitarbeitern, die Tickets für Fußball- und Basketball-Spiele bekommen hatten: „Geben Sie die Karten zurück“, sagte der Ombudsmann. In einem anderen Fall war die Überreichung einer Magnum-Flasche Sekt durch einen Dienstleister der Gesobau dem beschenkten Angestellten ohnehin schon suspekt: „Die kann ich doch nicht behalten, oder?“ fragte er Kemper. Und der bestätigte ihm gerne, dass er sich durch die Annahme des Präsents unausgesprochen schon dem Geber gegenüber verpflichte.

Darin liegt die Stärke dieses Projekts: Weil der Vorstand selbst die Mitarbeiter im Vorfeld in stattlichen 22 Versammlungen informierte, fühlt sich niemand unter Generalverdacht gestellt oder ausspioniert. Im Gegenteil, seitdem der Ombudsmann seine Arbeit im November 2005 aufnahm, wandten sich viele Mieter und Dienstleister der Gesobau in Zweifelsfällen an ihn. Anfänglich hatten die Mieter Kempers Funktion missverstanden und diese als allgemeine Beschwerdestelle angesehen. Doch das ist nun vorbei. Auch Auftragnehmer der Gesobau, die immerhin um einen Kuchen von rund 50 Millionen Euro jährlich konkurrieren, lassen teilweise die Vergabe von Aufträgen überprüfen – wenn sie sich zu Unrecht unterlegen fühlen.

Die wichtigste Funktion jedoch ist aus Sicht von Kemper: „Das Wissen darum, dass die Gesobau der Korruption den Kampf angesagt hat, schreckt Täter ab und stellt Einflussnehmer vor hohe Hürden.“ Und auf diese Weise könnte sich der Ombudsmann am Ende selber überflüssig machen.

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