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Vier im Recht: Wenn’s beim Spielen mal etwas lauter wird

Darf ein Nachbar zum akustischen Gegenschlag ausholen, wenn er sich durch Kinderlärm gestört fühlt? Norbert Eisenschmid vom Deutschen Mieterbund e.V. antwortet.

WAS STEHT INS HAUS?

Unsere Kinder sind zwei und sechs Jahre alt. Wenn sie spielen, geht es manchmal auch etwas lauter zu. Es dauert dann nicht lange, bis unsere Nachbarn entweder von unten an die Decke klopfen oder auf dem Trockenboden über uns „Holzschuhtänze“ aufführen. Das kann jederzeit passieren, abends oder auch sonnabends um sieben oder am Sonntagnachmittag um fünf. Ein Gespräch mit den Nachbarn ist leider nicht mehr möglich. Wir überlegen, sie wegen Ruhestörung, Belästigung, Nötigung oder Mobbing anzuzeigen. Hilft der neue Paragraf 6 Landesimmissionsschutzgesetz auch uns Mietern?

WAS STEHT IM GESETZ?

Bewohner eines Hauses sind zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet. Sowohl Mieter als auch Eigentümer sind daher gehalten, Ruhezeiten zu beachten und im Übrigen grundsätzlich die Zimmerlautstärke einzuhalten. Die Gerichte gehen aber inzwischen davon aus, dass „üblicher Kinderlärm“, der infolge des natürlichen Spiel- und Bewegungstriebes der Kinder unvermeidbar ist, von den Nachbarn hingenommen werden muss. Das betrifft insbesondere die Wohnungsnachbarn in Mietshäusern. Der natürliche Bewegungsdrang von Kindern muss aber auch unter Eigentümern in einer Wohnungseigentümeranlage respektiert werden. Es gilt zudem die Vermutung des Paragrafen 6 Absatz 1 Landesimmissionsschutzgesetz Berlin, wonach Geräusche, die von Kindern ausgehen, Ausdruck selbstverständlicher kindlicher Entfaltung sind. Sie sind zur Erhaltung kindgerechter Entwicklungsmöglichkeiten grundsätzlich als sozialadäquat und zumutbar hinzunehmen. Da die Spielgeräusche hinzunehmen sind, haben Nachbarn kein Recht, das etwas lautere Spielen von Kindern zu untersagen. Zudem ist das provokante Verhalten eines Nachbarn, Gegengeräusche zu entwickeln, um damit private Strafaktionen vorzunehmen, selbst dann unzulässig, wenn die Spielgeräusche der Kinder das adäquate Maß übersteigen würden. Wer sich gegen ein Verhalten eines anderen wehren will, muss die Gerichte in Anspruch nehmen und darf – jedenfalls in solchen Fällen –, nicht zur Selbstjustiz greifen.

UND WIE STEHEN SIE DAZU?

Paragraf 6 Landesimmissionsschutzgesetz sowie die ständige Rechtsprechung der Gerichte sind eindeutig. Störungen durch nächtliches Babygeschrei oder Lachen und Weinen von Kleinkindern sowie Spielgeräusche müssen von den Hausbewohnern als natürliches Verhalten der Kinder hingenommen werden. Allgemeine Ruhezeiten sind nur dann einzuhalten, wenn dies aufgrund des Verständnisses des Kindes zumutbar ist. Als Mieter sollten Sie Ihren Vermieter über die Angelegenheit aufklären und ihn auffordern, die Nachbarn anzuhalten, die „Holzschuhtänze“ und sonstige Störaktionen zu unterlassen. Hierzu ist er verpflichtet. Führen Sie ein Lärm- und Belästigungsprotokoll, damit Ort und Zeit der Beeinträchtigungen nachgewiesen werden können. Notieren Sie eventuelle Zeugen. Eine polizeiliche Anzeige sollte der letzte Weg sein.

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