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Immobilien: Vorsicht Kostenfalle!

Die einen schwören auf Architektenhäuser, andere auf Fertigbauten oder Bauträgerhäuser – hier wie da laufen die Preise oft davon

Die Mietwohnung war schon gekündigt, doch das neue Eigenheim wollte nicht fertig werden. Da blieb nur eins übrig: Drei Monate zog Familie Behr mit ihrem vierjährigen Sohn in ein kleines Hotelzimmer. Dabei war das Reiheneckhaus Liebe auf den ersten Blick gewesen: bezahlbar, direkt am Wald gelegen und dennoch verkehrsgünstig. Doch dann stellte der Bauträger die Arbeiten ein. Und war nicht mehr erreichbar. Nicht einmal für den Rechtsanwalt, den die junge Familie sofort einschaltete.

Fragt man potenzielle Bauherren nach ihrem Traumhaus, ist die Antwort immer die gleiche: Ein individuelles Architektenhaus, frei stehend und mit Blick ins Grüne soll es sein. Doch weil sie Unwägbarkeiten und Kosten des individuellen Bauens scheuen, landen viele in einem Reihen- oder in einem Fertighaus, das den Häusern in der Nachbarschaft verdächtig ähnlich sieht. Doch auch diese Wahl ist keine Garantie für den problemlosen Weg zu den eigenen vier Wänden.

Immerhin hatten die Behrs Glück im Unglück: Vertraglich war vereinbart, dass sie ihr Haus erst bei Schlüsselübergabe bezahlen. So gelang es ihnen, relativ schnell einen zweiten Bauträger zu mobilisieren, der das Projekt übernahm. Allerdings stimmte der erste Unternehmer der Übernahme nur deshalb zu, weil die Behrs im Gegenzug ihn aus allen Gewährleistungsansprüchen für die Ausführung des Rohbaus entließen. Der zweite Bauträger zog die fehlenden Arbeiten innerhalb von sechs Wochen durch.

Auf den zusätzlichen Kosten sitzen sie jedoch bis heute: 10000 Euro für das Hotel, 4000 Euro für die am Streitwert bemessenen Rechtsanwaltkosten, 400 Euro für ein Gutachten der IHK. 10000 Euro kamen für einen Umbau des Kellereingangs hinzu, weil das erste Unternehmen an der Baugenehmigung vorbeigebaut hatte. Außerdem verlangte die Bank für den nicht abgerufenen Kredit Bereitstellungszinsen. Und der freiberufliche Programmierer Thomas Behr zahlte außerdem noch 1500 Euro für den mobilen Telefon- und Internetanschluss im Hotel. Rund 30000 Euro kamen zusammen – soviel viel Ärger und Sorgen.

Um derartige Pannen zu verhindern, könnten Bauherren einen Architekten als Treuhänder einstellen. Dieser würde dann die Auseinandersetzungen mit Baufirmen und Behörden übernehmen. Doch in der Praxis schrecken viele Bauherren davor zurück. Jürgen Schrader vom Verband privater Bauherren und selbst Architekt sagt: „Architekten haben ein Imageproblem. Sie stehen im Ruf, mit Kosten nicht umgehen zu können, Termine nicht einzuhalten und ihre gestalterischen Idee unbedingt durchzusetzen.“

Doch auch bei Bauträgern ist man vor Überraschungen nicht gefeit. Gabriele Heinrich, Chefin des Verbandes „Wohnen im Eigentum“, warnt: „Auch ein Bauträger kann pleite gehen. Daher sollte man immer nur nach Baufortschritt zahlen.“ Beim Fertighaus lauerten auch Kostenfallen. Oft stehe nur im Kleingedruckten, dass der Preis ab „Oberkante Keller“ gilt – Keller oder Bodenplatte kosteten 10000 bis 30000 Euro extra. Häufig fehlten auch Anschlüsse für Wasser, Strom, Gas und Telefon in der Berechnung. Auch Zusatzwünsche des Bauherrn erhöhten den Endpreis – und erst daran verdienten die Anbieter so richtig.

Auch beim individuellen Bauen mit einem Architekten sind vertraglich klar festgelegte Kostenobergrenzen ein Muss. Doch häufig wird mit unterschiedlichen Maßstäben gerechnet: Während der Bauherr seine Gesamtaufwendungen im Kopf hat, sieht der Architekt meist nur die reinen Baukosten. Für Bauneben- und Erschließungskosten können locker noch einmal 20 bis 30 Prozent hinzukommen. Ist der Vertrag abgeschlossen, schuldet der Architekt ein mängelfreies Werk, muss Gestaltungssatzung und Bebauungspläne einer Gemeinde berücksichtigen und ist dafür auch haftbar. Schon der Vorentwurf mit verschiedenen Ausführungsvarianten sollte eine detaillierte Kostenschätzung beinhalten. Erst dann kommt der eigentliche Entwurf mit einer konkreten Berechnung. Davon weichen die tatsächlichen Kosten – so die Erfahrungen aus der Rechtsprechung – um etwa 30 Prozent ab. Das mag manchem Bauherrn immer noch zu viel sein.

Der Bauherr ist aber in Planung sowie Realisierung einbezogen, und deshalb ist er auch – da sind sich alle einig – „Kostentreiber Nummer eins“. Jede Abweichung vom Ausstattungsstandard kann bis zu 50 Prozent höhere Kosten verursachen. Der Berliner Architekt Christof Ehrlich weiß aus Erfahrung: „Der Architekt müsste dem Bauherrn bei jedem Sonderwunsch eigentlich das Spiel verderben, und jedes Mal eine neue Kostenplanung machen. Doch das ist nicht in seinem Honorar enthalten!“ Das individuelle Designerhaus für 150000 bis 200000 Euro hält Ehrlich dennoch für „absolut möglich“, klare Verträge vorausgesetzt. Den richtigen Architekten dafür findet man allerdings am ehesten über Mundpropaganda, schließlich dürfen Architekten für ihre Dienste nicht werben.

Ehrlich fährt zweigleisig und betreibt neben dem Architekturbüro eine kleine Firma: „Als Bauträger tragen wir das Risiko, sind dadurch aber 15 bis 20 Prozent teurer. Dafür haften wir aber auch für Kosten und Termine!“ Und die Firma müsse eine Vertragsstrafe zahlen, wenn etwas am Bau nicht klappt.

Die Behrs haben mit ihrem zweiten Bauträger gute Erfahrungen gemacht. Für sie ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende: Wasserflecken im neuen Bad verrieten, dass die erste Firma die falschen Isolierbahnen unter dem Dach verlegte. Kosten für die Behebung des Schadens: 7000 Euro. Behr resümiert: „Wer ein Haus schlüsselfertig kauft, sollte sicherheitshalber 50000 Euro Zusatzkosten einkalkulieren.“ Selbst wenn es keine Probleme mit dem Bauträger gebe, seien die Außenanlagen – Garten, Zäune und Carport – auch noch zu bezahlen.

Rita Gudermann

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