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Immobilien: Weil Öko ökonomisch ist

Als einzige kommunale Wohnungsbaugesellschaft Deutschlands bekam die Stadt und Land das Emas-Umweltzertifikat der EU. Hinter der Auszeichnung steht eine Haltung des Managements – und die Hilfe der Mieter. Deren Lohn sind günstige Betriebskosten.

Wenn Dagmar Neidigk, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt und Land, sich Notizen macht, dann tut sie dies nicht mit einem beliebigen Kugelschreiber. Sondern mit einem aus Holz – der ist nämlich am umweltfreundlichsten. Und umweltverträgliches Verhalten ist eine der Maximen der Stadt und Land. „Wir verbinden unser wirtschaftliches und soziales Engagement mit konsequent ökologischem Handeln“, heißt es im Leitbild des landeseigenen Konzerns, dem rund 45 000 Wohnungen gehören. Und weiter: „Wir übernehmen – jeder an seinem Platz – Verantwortung für die ökologischen Auswirkungen unseres Handelns.“

Nur Wortgeklingel in einer Zeit, da allenthalben vom Klimawandel die Rede ist? Nein, sagt Rudolf Kujath, Geschäftsführer der Stadt und Land: Umweltschutz sei ihm ein ureigenes Anliegen. Er habe drei Kinder, sagt der frühere SPD-Abgeordnete, und ein Interesse daran, ihnen eine intakte Welt zu überlassen. Allerdings entdeckten die Stadt und Land sowie die Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf (Wogehe), die ebenfalls zum Wohnungskonzern gehört, schon vor Kujaths Zeit den Umweltschutz für sich.

Klub der Grüninspektoren. Bereits 1993 gründete die Wogehe den Klub der Grüninspektoren, der noch heute aktiv ist. Vierzig Hellersdorfer Mieter gehören dazu, die sich verpflichten, regelmäßig die Grünanlagen in einem ihnen zugeteilten Gebiet kritisch zu begutachten und allfällige Mängel der Verwaltung zu melden.

Wettbewerbe und praktische Hilfen. Die Einbeziehung der Mieter ist nicht nur in Hellersdorf Teil der Geschäftspolitik. Vielmehr appelliert die Stadt und Land mit Informationsmaterialien an alle ihre Mieter, sich umweltgerecht zu verhalten. So animierte sie zum Beispiel mit einem Wettbewerb zum Mülltrennen, und eine Broschüre informiert darüber, wie man beim Heizen und Lüften Energie spart. Bei Appellen lässt es die Gesellschaft jedoch nicht bewenden. Einen deutlichen Rückgang des Trinkwasserverbrauchs registrierte Kujath, nachdem Wasserzähler installiert worden waren. Auch die Veränderung des Aufteilungsschlüssels für die Heizkosten soll das eigenverantwortliche Handeln der Mieter stärken: Wurden die warmen Betriebskosten in der Neuköllner Rollberg-Siedlung früher zu 50 Prozent nach dem Verbrauch und zu 50 Prozent nach der Wohnfläche abgerechnet, beträgt das Verhältnis jetzt 70 zu 30.

„Ökolympiade“ der Mitarbeiter. Ebenso in die Pflicht nimmt das Unternehmen die eigenen Mitarbeiter. Um die internen Umweltaktivitäten zu koordinieren, hat die Stadt und Land eine Umweltbeauftragte und einen Abfallverantwortlichen eingesetzt. Ein konkretes Ergebnis ihrer Bemühungen besteht darin, dass an gewerblich genutzten Unternehmensstandorten Recycling-Sammelkisten für CD-Roms aufgestellt worden sind. Um die Mitarbeiter zu aktivieren, führte das Unternehmen zudem 2006 eine „Ökolympiade“ durch – einen humorvoll gestalteten, im Kern aber durchaus ernst gemeinten Wettbewerb in Disziplinen wie Mülltrennwerfen und Heizgeizen.

Emas-Zertifizierung. Äußerliches Zeichen des ökologischen Engagements ist das Emas-Zertifikat, mit dem sich die Stadt und Land als eines von nur fünf Wohnungsunternehmen in Europa schmücken darf. Emas ist die Abkürzung für Eco Management and Audit Scheme (Ökologischer Management- und Prüfungsplan) und stellt eine freiwillige EU-Zertifizierung für Firmen aller Branchen dar. Aus der deutschen Wohnungswirtschaft unterzieht sich neben der Stadt und Land einzig die THS in Gelsenkirchen der Emas-Zertifizierung. Bei dieser nimmt jährlich ein unabhängiger Gutachter – im Fall der Stadt und Land die GUT Certifizierungsgesellschaft für Managementsysteme aus Berlin – ausgewählte Verwaltungsstandorte unter die Lupe und prüft, ob das Unternehmen die Umweltziele erreicht.

Jährliche Umwelterklärung. Erfolge und Misserfolge dokumentiert die Stadt und Land in einer jährlichen Umwelterklärung. Dieser ist beispielsweise zu entnehmen, dass der Stromverbrauch pro Mitarbeiter sich im Vergleich der Jahre 2005 und 2004 sehr unterschiedlich entwickelt hat: Während er in der Unternehmenszentrale an der Werbellinstraße um 5,4 Prozent zurückging, stieg er am Verwaltungsstandort Groß-Berliner Damm um nicht weniger als 30 Prozent. Senken konnten Rudolf Kujath und seine Umweltbeauftragte Petra Kahlow dagegen den Papierverbrauch, der im gesamten Unternehmen im Jahr 2005 im Vergleich zum Vorjahr um 4,7 Prozent zurückging (die Zahlen von 2006 werden noch nicht öffentlich gemacht). Büromaterial bestellen die Mitarbeiter ohnehin aus einem speziellen Katalog, der nur ökologisch korrekte Produkte anbietet.

Solar- und Fotovoltaikanlagen. Auch bei baulichen Maßnahmen achtet das Unternehmen auf Umweltschutz. „Wenn die Mitarbeiter eine höhere Umweltsensibilität haben, kommt bei der Sanierung etwas anderes heraus“, sagt Kujath; beispielsweise werde dann auf ökologische Baumaterialien geachtet. Zudem hat die Stadt und Land 20 Solar- und elf Fotovoltaikanlagen installiert. Letztere liefern immerhin so viel Strom, dass man gut hundert Haushalte ein Jahr lang damit versorgen kann.

Das Fazit. Sieht man einmal vom idealistischen Gesichtspunkt ab: Lohnt sich der ganze Aufwand überhaupt? „Fast alles, was mit Ökologie zu tun hat, kann man betriebswirtschaftlich begründen“, entgegnet Kujath. Wärmedämmung und Solaranlagen senkten die Betriebskosten, was die Wohnungen attraktiver mache. Einen für das Unternehmen positiven Nebeneffekt bestätigt Kujath auf Nachfrage: Wenn die Nebenkosten sinken, steigen die Chancen des Vermieters, Mieterhöhungen durchzusetzen, da die Gesamtbelastung für den Mieter ja gleich bleibt. Doch auch indirekte Vorteile sind für Kujath zu beachten. „Gepflegte Außenanlagen sind das beste Vermietungsargument“, sagt er. Anders als in diesem Fall decken sich allerdings Mieterwünsche und Ökologie nicht immer. So wehren sich Mieter häufig gegen das Schließen von Müllabwurfanlagen – die zwar bequem sind, aber dem Gebot der Mülltrennung widersprechen. Und der Einbau von Aufzügen entspricht zwar der demografischen Entwicklung und dem Wunsch der Mieter – aber natürlich keineswegs dem Ziel des Energiesparens.

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