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© Greenpeace

Wintervorsorge: Gratwanderung in der Zugluft

Energiesparberater und Thermografen sollten Hand in Hand arbeiten, wenn sich Hauseigentümer ein Wärmebild von ihrem Gebäude machen wollen

Der Winter steht vor der Tür, und so mancher Hausherr macht sich Gedanken über Heizkosten, Wärmedämmung und energetische Modernisierungsmaßnahmen. Gebäudethermografien haben jetzt Saison. Aber was ist das überhaupt? Und worauf muss man achten?

„Eine umfassende Gebäudethermografie besteht aus drei Teilen“, erklärt Norbert Springer von Vattenfall. „Pro Gebäudeteil: eine optische Aufnahme zur Orientierung, eine thermografische Aufnahme und eine Temperaturskala für die Analyse.“ Da bunte Bilder allein aber nicht hilfreich sind, gehört zu einer professionellen Thermografie eine fachmännische Auswertung. „Am besten arbeitet man mit einem zertifizierten Thermografen“, rät der Energieberater, „und lässt sich vorher mal ein Gutachten zeigen, damit man einen Eindruck davon hat, welche Informationen enthalten sind. Je umfangreicher und detaillierter, desto besser.“ Ein Fachmann kann auch Tipps zu Sanierungsmöglichkeiten geben, ebenso die Berater der örtlichen Energieversorger wie Vattenfall oder Gasag.

Aber was ist eine thermografische Aufnahme? Thermogramme werden mit hochempfindlichen Infrarotkameras aufgenommen, die die Wärmeabstrahlung einer Person oder eines Gebäudes messen und sichtbar machen. Da die Wärme aus dem Inneren eines Hauses durch das Mauerwerk, die Fenster, Türen und Dachflächen unterschiedlich stark – je nach Dämmgrad – nach außen dringt, werden die verschiedenen Temperaturzonen mithilfe der Infrarotkamera farblich sichtbar gemacht.

Die Kamera entdeckt dabei, wo die Energieschwachstellen des Hauses sind, wo sich eventuell Risse oder undichte Stellen in der Gebäudehülle verstecken. Auch Wärmebrücken werden so sichtbar gemacht. Sie entstehen, wenn einzelne Bauteile oder Flächen mehr Wärme nach außen leiten als die umliegenden Elemente. Typische Wärmebrücken sind ungedämmte Betonsturzträger, aufgelegte Deckenelemente, Betonpfeiler, Ringanker oder Balkonplatten. Die Folge des höheren Wärmeverlusts solcher Wärmebrücken ist eine niedrigere Oberflächentemperatur auf der Rauminnenseite, die nicht nur einen Energieverlust bedeutet, sondern auch das Auftreten von Kondenswasser und Schimmelpilzen begünstigt. „Eine fachmännische Thermografie ist zwar nicht ganz billig, aber man sollte das heute machen“, meint Eberhard Pintsch von der Gasag und verweist auf den Klimawandel. „Die Zeit ist vorbei, da man energetische Sanierungsmaßnahmen der Folgegeneration überlässt.“ Eine Thermografie setzt aber einiges voraus: Sie ist nur in der Heizperiode möglich, und zwischen Innen- und Außentemperatur muss eine Differenz von mindestens zehn Grad herrschen. Bei Regen, Schnee oder starkem Wind werden die Ergebnisse verfälscht, ebenfalls bei direkter Sonneneinstrahlung. In der Regel plant man daher eine Thermografie für die kälteren Tageszeiten früh morgens oder abends.

Manche Thermografen bieten sogar an, die Messungen nachts durchzuführen. „Ihre Privatsphäre bleibt gewahrt“, versichert Thermograf Rainer Stimbert. „Fensterscheiben sind für die Infrarotkamera undurchsichtig.“ Allerdings rät er, Nachbarn und Haustiere vorzuwarnen, um Missverständnisse auszuschließen. „Damit ein klares Wärmebild entsteht, sollte das Haus gleichmäßig warm sein. Sie sollten mindestens einen halben Tag vorher alle Räume heizen und nicht lüften“, so Stimbert. Nur dann sei gewährleistet, dass alle Schwachstellen entdeckt werden können.

„Die erste Thermografie sollte der Orientierung dienen“, meint Eberhard Pintsch. „Als Hausherr hat man ja seine Vermutungen, wo die Schwachstellen sind.“ Sollte in der Analyse deutlich werden, dass eine Sanierung vonnöten ist, sei eine zweite Thermografie nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten sinnvoll, um festzustellen, ob sich der Aufwand gelohnt hat und auch sauber gearbeitet wurde. Dann sei auch eine Prüfung der Luftdichte ratsam, um etwaige Zugluftritzen aufzudecken. Pintsch warnt vor unseriösen Anbietern, die keine oder nur sehr oberflächliche Gutachten vorlegen oder versuchen, ein Folgegeschäft zu generieren.

 Tong-Jin Smith

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