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Immobilien: Wohnen in der Frischluftschneise

Dallgow-Döberitz zieht fast so viele Menschen an wie Potsdam und bietet Immobilien am artenreichsten Naturschutzgebiet Brandenburgs

Bei gutem Wetter soll von hier aus sogar der Berliner Fernsehturm zu sehen sein. Kerstin Wagner steht auf einer kleinen Anhöhe im Ort Dallgow-Döberitz im Havelland und blickt gedankenverloren in den grauen Himmel. Dabei ist ihr der Fernsehturm eigentlich egal.Was die 34-Jährige in Dallgow-Döberitz sucht, ist ja gerade nicht urbanes Leben, sondern Ruhe und Natur. Aus diesem Grund habe sich die Familie entschlossen, von Prenzlauer Berg ins Umland zu ziehen, sagt die Bankkauffrau und Mutter zweier Kinder.

Auf Dallgow-Döberitz fiel ihre Wahl, weil der Ort unmittelbar an den Berliner Bezirk Spandau grenzt und weil die Grundstückspreise hier niedriger sind als im südwestlichen Umland. Zwischen 300 und 400 Quadratmetern soll das gesuchte Baugrundstück groß sein, meint Kerstin Wagner. Schließlich bräuchten die Kinder Platz zum Toben. Lieber verzichtet die Familie auf ein großes Haus: „100 Quadratmeter Wohnfläche sind genug. Alles andere wäre einfach zu teuer."

Allein für das Grundstück müssen die Wagners zwischen 25000 und 30000 Euro ausgeben. Etwa 80 Euro kostet der Quadratmeter Bauland in Dallgow-Döberitz. Vor zehn Jahren waren es aber noch 110 bis 150 Euro. Die Talfahrt der Preise ist aber gestoppt, glaubt Hans-Günter Heppe, Bürgermeister von Dallgow-Döberitz. Etwas tiefer müssten die Wagners in die Tasche greifen, wenn sie sich für ein Grundstück im Ortsteil Neu Döberitz entscheiden. In dem neuen Wohngebiet, das ein Viertel der gesamten Gemeindefläche ausmacht, ist ein Quadratmeter voll erschlossenes Bauland ab 115 Euro zu haben. Gefragt seien vor allem Grundstücke für Einfamilien- oder Doppelhäuser, sagt Heppe, Reihenhäuser und Mietwohnungen weniger.

Auch wenn sich die Nachfrage verändert hat – Dallgow wächst unverändert weiter. Rund 3000 Einwohner hatte der Ort kurz nach der Wende, heute sind es etwa 7000. Nach dem Nachbarort Falkensee ist das die zweithöchste Wachstumsquote im Landkreis Havelland. Ins Havelland wiederum zog es mehr Neu-Brandenburger als in die meisten anderen Landkreise. Nur nach Potsdam-Mittelmark im Südwesten Berlins zogen mehr Menschen. Und Dallgow soll weiter wachsen. „Die Kapazität der Gemeindefläche liegt bei rund 12000 Einwohnern“, sagt der Bürgermeister.

Was macht den Ort so attraktiv? Neben dem Naturschutzgebiet Döberitzer Heide, das als wichtigste Frischluftschneise für die Großstadt Berlin fungiert und Lebensraum für fast 700 verschiedene Pflanzen-, 45 Säugetier- und knapp 200 Vogelarten bietet, ist es besonders das großflächige Gemeindegebiet mit dem Grünzug am Schwanengraben und den vielen alten Bäumen. Dazu kommen eine gute Verkehrsanbindung über die B5 sowie mit der Bahn, ausreichend Kitaplätze, eine neue Grundschule und ab Frühjahr 2005 das Kreisgymnasium. Kerstin Wagner und ihre 9-jährige Tochter freuen sich besonders auf die vielen Reiterhöfe – ein Nebenerwerb vieler Dallgower Landwirte. Und noch eine Besonderheit hat Dallgow-Döberitz; es gibt nicht nur einen, sondern gleich zwei historische Ortskerne: Dallgow-Dorf und Rohrbeck.

Doch die eigentliche Ortsmitte befindet sich heute am Bahnhof. Hier, in der Bahnhofstraße, entstanden nach der Wende die ersten Neubauten. Mietwohnungen, deren Mieten heute viel zu hoch sind, so dass Wohnungen leer stehen. Zum Teil hätten die Eigentümer gewechselt, es habe Insolvenzen gegeben, berichtet Bürgermeister Heppe. Mietwohnungen werden heute in Dallgow-Döberitz nicht mehr gebaut. Der Bestand übersteigt bei weitem die Nachfrage. Ähnlich sieht es bei Reihenhäusern aus. In der Triftstraßensiedlung, einem der ersten Eigenheimgebiete Dallgows, wechselte deshalb nicht nur der Eigentümer, sondern auch das Konzept: Statt Reihenhäuser und Stadtvillen entstehen vor allem Doppelhäuser. So wie im „Dichterviertel“, wo ebenfalls Einzelhäuser und Doppelhaushälften gebaut werden.

Einen Strategiewechsel vollzog auch die Stadtentwicklungsgesellschaft Neu Döberitz mbH (Send). In Neu Döberitz sollen auf einem ehemaligen Militärgelände innerhalb von zehn Jahren 4500 Wohneinheiten entstehen. Bis 1999 wurden im ersten Bauabschnitt, dem „Millionenviertel“, die vorhandenen Offiziersvillen restauriert und das Gebiet mit vermieteten, im 1. und 2. Förderweg finanzierten Mehrfamilienhäusern arrondiert. Der Bauabschnitt am Rotdornweg sah dann vor allem Reihenhäuser vor. „In der Vergangenheit haben wir die Grundstücke zuerst bebaut und dann die fertigen Häuser verkauft“, sagt Jutta Michaud, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit für das Gebiet Neu Döberitz. „Heute verkaufen wir Baugrundstücke für Einzel- und Doppelhäuser an Investoren und individuelle Bauherren.“

Der nächste Bauabschnitt soll bald erschlossen und auf der Berliner Bautec-Messe präsentiert werden. Über die Größe seines Grundstücks entscheidet der Bauherr selbst. Auch Kerstin Wagner findet dies verlockend: „Anderswo sind die Grundstücke meistens parzelliert.“ Das Haus muss der Bauherr selbst bestimmen. So stehen in Neu Döberitz Holz-, Fertig- und Niedrigenergie- neben Architektenhäusern.

Im zuletzt fertig gestellten Bauabschnitt, den „Sonnengärten“, hat die Send im vergangenen Jahr 50 Grundstücke verkauft, 13 sind bereits reserviert, 23 warten noch auf einen Käufer. „Es gab einen Aufschwung“, sagt Jutta Michaud und versichert, dass es in Neu Döberitz auch bei den bestehenden Häusern keine Leerstände gebe. „Sogar das Musterhaus wurde verkauft.“ Nach Dallgow-Döberitz ziehen meist Familien. Manche kommen, wie die Wagners, aus Berlin. Aber mehr als die Hälfte der neuen Dallgow-Döberitzer zieht aus anderen Gemeinden Brandenburgs oder aus den alten Bundesländern zu.

Für Kaufinteressenten sieht Eugen Schnoor, stellvertretender Vorsitzender des Rings Deutscher Makler (RDM), derzeit gute Möglichkeiten, Preisvorteile zu erzielen. In Dallgow-Döberitz, Spandau und Falkensee übersteige das Angebot deutlich die Nachfrage. Derzeit würden vor allem kleinere Grundstücke für Einfamilienhäuser nachgefragt. Dass die Bodenpreise auch in diesem Jahr weiter leicht nachgeben, hält Schnoor für wahrscheinlich. Ein Grund: Obwohl die Infrastruktur zwischen Berlin und Brandenburg besser geworden sei, gebe es immer noch Nadelöhre für Pendler.

Bürgermeister Heppe ist ohnehin ein stetiges Wachstum seiner Gemeinde lieber als ein plötzlicher Sprung der Bewohnerzahl. Bei all seiner Freunde über die vielen jungen Familien in Dallgow-Döberitz – die Betriebskosten der Kitas und Schulen machen einen erheblichen Posten in seinem Gemeindehaushalt aus. Außerdem wäre es ihm lieber, wenn erst einmal die Baulücken im Ortskern zuwachsen würden: „Das fördert den Kontakt von alten und neuen Dallgowern.“ Dem kann Kerstin Wagner nur zustimmen. Doch entscheidend werden für sie letztlich die ruhigere Lage und die Nähe zur Natur sein.

Jutta Burmeister

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